Krankenstand auf Rekordhoch: Bielefelder Unternehmer rechnet Kosten vor

Bielefeld. Der Krankenstand unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Das geht aus dem neuen Fehlzeiten-Report der Krankenkasse AOK hervor. 2,3-mal pro Jahr meldete sich ein bei der AOK versicherter Arbeitnehmer demnach im Jahr 2024 durchschnittlich krank. Damit setzt sich der starke Anstieg der vergangenen Jahre fort. In den Jahren 2014 bis 2021 hatte die Zahl durchschnittlich bei 1,6 gelegen.

Diese Entwicklung wird für Arbeitgeber zu einer erheblichen Belastung. Reinhard Tweer, Geschäftsführer einer Stahlgießerei in Bielefeld und Vorsitzender des Unternehmerverbands der Metallindustrie Ostwestfalen Bielefeld - Herford - Minden, kennt das Problem. 77,4 Milliarden Euro kosteten Arbeitgeber die Entgeltfortzahlungen bei Krankheit bereits im Jahr 2023, sagt er. Tendenz steigend.

Die direkten Kosten seien im Einzelfall schwer zu beziffern. Es entstünden schließlich auch indirekt nicht unerhebliche Kosten für Planänderungen, Überstunden oder Mehrarbeit oder eine verspätete Auslieferung an den Kunden. &bdquo; Wenn man aber von dem durchschnittlichen Effektiventgelt in der Metall- und Elektro-Industrie in NRW von 4.566 Euro monatlich ausgeht, fällt je ausgefallenen Arbeitstag je Arbeitnehmer ein Betrag von mehr als 200 Euro zuzüglich der Sozialversicherungsbeiträge an“, rechnet Tweer vor.

Psychische Erkrankungen erhöhen den Krankenstand

Ursache für die Krankschreibungen sind in den meisten Fällen Atemwegserkrankungen, die auch schon im September 2025 außerordentlich häufig waren. Mediziner berichten außerdem davon, dass seit der Coronapandemie ein anderes Bewusstsein für das Ansteckungsrisiko herrsche und Arbeitnehmer sich heute eher krankmelden, als mit Erkältungssymptomen zur Arbeit zu erscheinen und Arbeitskollegen zu gefährden.

Doch auch psychische Erkrankungen zählen der Krankenkasse zufolge zu den Treibern der hohen Krankenstände. &bdquo; Gerade im Bereich der psychischen Gesundheit sehen wir enorme Probleme, die oft hausgemacht sind: Ständige Erreichbarkeit, fehlende Pausen und zu lange Arbeitszeiten laugen auf Dauer aus“, mahnt Jonas Banken vom Deutschen Gewerkschaftsbund NRW (DGB). Er sieht Arbeitgeber in der Pflicht, dem beispielsweise mit einer gesteigerten Wertschätzung gegenzusteuern.

Nach Tweers Einschätzung sei eine fehlende Wertschätzung nicht ursächlich für den hohen Krankenstand. Denn insbesondere mittelständische Unternehmer wüssten ihre Mitarbeiter in Zeiten des Fachkräftemangels zu schätzen. Vielmehr sehe er ein Problem mit der Kritikfähigkeit einiger Arbeitnehmer. So habe er schon öfter Fälle erlebt, in denen nach einem ernsten Gespräch eine Krankschreibung für mehrere Wochen folgte. &bdquo; Früher waren das konstruktive Gespräche, um mit dem Mitarbeiter gemeinsam Lösungen zur Verbesserung im beiderseitigen Interesse zu finden“, sagt Tweer.

Krankmeldung per Telefon als Ursache?

Doch auch die Einführung der elektronischen Krankmeldung trage der AOK zufolge einen kleinen Teil zu den höheren Zahlen bei, denn sie ermögliche eine vollständigere Erfassung. Nicht erklären könne den Anstieg dagegen die telefonische Krankmeldung. &bdquo;2024 sind rein rechnerisch 1,5 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitsfälle wegen Atemwegserkrankungen telefonisch veranlasst worden“, sagte Helmut Schröder, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK.

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Auf Arbeitgeberseite gebe es &bdquo;kein Verständnis für dieses Ansinnen“. &bdquo; Es fällt einem Arbeitnehmer dann noch leichter, morgens schon bei kleinsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen ohne Arztbesuch zu Hause zu bleiben. Für Arbeitgeber wird es dann noch schwieriger, zu planen.“ Tweer regt an, dass dann auch über entsprechende Karenztage debattiert werden müsse, an denen die Beschäftigten keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben.

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