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Lithium-Gigant Australien: Motor der globalen Energiewende

Carola Frentzen

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Der Blick auf die riesige Greenbushes-Mine ist atemberaubend. - © Carola Frentzen/dpa
Der Blick auf die riesige Greenbushes-Mine ist atemberaubend. (© Carola Frentzen/dpa)

Von oben betrachtet, offenbart die Greenbushes-Mine ihre ganze atemberaubende Dimension: Riesige Muldenkipper und Bagger bewegen sich wie winzige Spielzeuge am Rand eines gewaltigen Beckens aus terassenförmig in die Tiefe geschnittenem Gestein. An einem Aussichtspunkt bestaunen Besucher den immensen Krater, in dem helle Mineraladern in den Wänden funkeln – Lithium, wegen seiner hellen Farbe auch «weißes Gold» genannt. Nirgendwo auf der Welt wird mehr davon gefördert als hier, im Südwesten Australiens.

Mit einer jährlichen Produktion von mehr als 1,4 Millionen Tonnen Spodumen-Konzentrat – aufbereitetes Hart-Gestein-Erz mit besonders hohem Lithiumgehalt – gilt Greenbushes als die größte Hart-Gestein-Lithiummine der Welt. Die Tagebauanlage rund 250 Kilometer südlich von Perth steht heute im Rampenlicht der globalen Energiewende - denn hier wird jener Rohstoff gewonnen, ohne den die meisten Elektroautos und Energiespeicher kaum denkbar wären. Sie erstreckt sich über mehr als 2.000 Hektar und liefert etwa 20 Prozent der weltweiten Produktion.

In einem Besucherzentrum können auch Laien alles über Lithium und seine Verwendung erfahren. - © Carola Frentzen/dpa
In einem Besucherzentrum können auch Laien alles über Lithium und seine Verwendung erfahren. (© Carola Frentzen/dpa)

Ganz anders sieht es in Deutschland aus, das bisher abhängig von ausländischen Märkten ist - speziell Australien und Südamerika. Doch die Bundesrepublik will unabhängiger von Importen werden und erkundet schon seit einigen Jahren eigene Vorkommen.

«Wie ein Erdbeben»

Am Rande der Greenbushes-Mine rauschen derweil Laster im Minutentakt vorbei. Regelmäßig hallen Sprengungen durch das nahegelegene Dorf. «Die Sprengungen werden zwar von den Betreibern angekündigt - aber jedes Mal wackelt mein ganzes Haus, fast wie bei einem Erdbeben», erzählt eine Anwohnerin.

Lithium wird auch für E-Bike-Batterien gebraucht. - © Carola Frentzen/dpa
Lithium wird auch für E-Bike-Batterien gebraucht. (© Carola Frentzen/dpa)

Das Örtchen Greenbushes wurde 1888 als Bergbaustadt gegründet, nachdem hier kurz zuvor Zinnvorkommen entdeckt wurden. Später wurde in der Mine auch Tantal gefördert, bevor sich der Abbau Anfang der 1980er Jahre auf Lithium konzentrierte. Heute leben nur noch ein paar Hundert Menschen in dem kleinen Dorf. Nach Feierabend tummeln sich die Bergleute in zwei historischen Pubs, gestandene Männer mit wettergegerbten Gesichtern, viele tragen noch ihre knallgelben Sicherheitswesten.

Was ist Hartgestein-Lithium?

Der Ort Greenbushes südlich von Perth wirkt wie aus der Zeit gefallen. - © Carola Frentzen/dpa
Der Ort Greenbushes südlich von Perth wirkt wie aus der Zeit gefallen. (© Carola Frentzen/dpa)

Das Bergwerk wird von Talison Lithium betrieben, einem Joint Venture von drei Unternehmen aus China, Australien und den USA. «In Greenbushes wird Lithium im Tagebau gewonnen, mit konventionellem Bohren, Sprengen und Lkw-Schaufel-Betrieb», erklärte ein Sprecher des Ministeriums für Bergbau, Erdöl und Exploration in Westaustralien der Deutschen Presse-Agentur. Anschließend werde das Erz zerkleinert, gesiebt und gemahlen, um die Spodumen-Kristalle vom umgebenden Gestein zu lösen. Das Material durchläuft dann mehrere Aufbereitungsstufen, die das Spodumen zu einem hochgradigen Produkt konzentrieren, typischerweise mit rund sechs Prozent Lithiumoxid.

Erklärtafeln am Aussichtspunkt erläutern die Verwendung von Lithium. - © Carola Frentzen/dpa
Erklärtafeln am Aussichtspunkt erläutern die Verwendung von Lithium. (© Carola Frentzen/dpa)

Dieses Produkt wird als chemisches Konzentrat SC6 bezeichnet und ist ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien - etwa für E-Autos. Zur Veranschaulichung heißt es auf der Webseite des deutschen Energieunternehmens EnBW: «Rund zehn Kilo Lithium brauchen die Hersteller für die Batterien eines Elektroautos.»

Wofür wird Lithium gebraucht?

Abends tummeln sich die Minenarbeiter in einem der historischen Pubs. - © Carola Frentzen/dpa
Abends tummeln sich die Minenarbeiter in einem der historischen Pubs. (© Carola Frentzen/dpa)

Verwendet werden solche Batterien nicht nur in Elektrofahrzeugen, sondern auch in tragbarer Elektronik wie Smartphones und Laptops, Elektrogeräten wie kabellosen Staubsaugern, Bohrern oder Taschenlampen sowie in der Solar- und Windenergie.

Und die Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien wächst ständig – auch in Deutschland. Vor allem aber in China, wo 95 Prozent des in Greenbushes gewonnenen Lithiums hinfließen. Die Volksrepublik hat einen enormen Bedarf an «weißem Gold», getrieben von Pekings massiver Produktion von E-Autos und Unterhaltungselektronik.

Steigende Nachfrage

Die Greenbushes-Mine wird von Talison Lithium betrieben. - © Carola Frentzen/dpa
Die Greenbushes-Mine wird von Talison Lithium betrieben. (© Carola Frentzen/dpa)

Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) wird sich der globale Lithiumverbrauch bis 2030 mehr als verdreifachen. Australien ist dafür bestens gerüstet: Dutzende Projekte entstehen im ganzen Land, von Western Australia bis ins Northern Territory.

Denn das Lithium in Greenbushes wird irgendwann zur Neige gehen - nach einem Bericht des Betreibers Talison aus dem Jahr 2024 kann das wertvolle Metall in der Mine voraussichtlich noch rund zwei Jahrzehnte abgebaut werden. Momentan werden aber sogar Pläne zu einer Erweiterung des Bergwerks um etwa 28 Prozent auf dann 2.800 Hektar geprüft.

Besucher können die gewaltige Mine von einem Aussichtspunkt aus bestaunen - und sie soll bald noch größer werden. - © Carola Frentzen/dpa
Besucher können die gewaltige Mine von einem Aussichtspunkt aus bestaunen - und sie soll bald noch größer werden. (© Carola Frentzen/dpa)

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«Lithiumdreieck» in Südamerika

Das Lithium aus Down Under unterscheidet sich deutlich von dem aus Südamerika. Während im sogenannten «Lithiumdreieck» in Bolivien, Chile und Argentinien riesige Salzwüsten erschlossen werden und salzhaltige Sole in flachen Becken verdunsten, setzt Australien auf klassischen Bergbau. «Solen sind zwar energieeffizient, jedoch wetterabhängig, während Hart-Gesteinsminen wie Greenbushes eine stabile, hochreine Rohstoffquelle bieten, die unabhängig vom Klima ist», betonte der Ministeriumssprecher.

Der Aussichtspunkt auf die Mine liegt am Ortsrand von Greenbushes. - © Carola Frentzen/dpa
Der Aussichtspunkt auf die Mine liegt am Ortsrand von Greenbushes. (© Carola Frentzen/dpa)

Damit auch Laien verstehen, was in der Mine passiert, gibt es im Ort das Greenbushes Discovery Centre, ein Besucherzentrum und Museum. Hier können Interessenten die geologischen Grundlagen, die Aufbereitung von Spodumen-Konzentrat und die globale Bedeutung des Rohstoffs kennenlernen.

Gesundheitsbelastung durch Staub

Die enorme Produktion hat derweil auch Schattenseiten. Staubentwicklung ist ein ständiges Problem für die Anwohner. Auch wer die Mine nur einen Tag lang besucht, spürt ein Kratzen im Hals. Eine Frau, die seit zwölf Jahren in Greenbushes wohnt, berichtet, dass sie fast jeden Tag ihre Pflanzen «staubsaugen» müsse, um die Ablagerungen zu entfernen. Der feine Minen-Staub setze sich einfach überall ab, erzählt sie.

Ältere Menschen und gesundheitlich angeschlagene Bewohner spürten die Belastung besonders deutlich. Der Ministeriumssprecher wies hingegen auf die strengen Umweltauflagen hin, unter denen die Mine betrieben werde, darunter eine kontinuierliche Überwachung von Staub- und Lärmbelastung.

Zurück am Aussichtspunkt am Ortsrand offenbart sich die andere Seite der Mine: Das Panorama ist geradezu surreal-schön. «Wow! Das sieht aus wie Bergbau auf dem Mond», raunt eine Touristin. Wer hier oben steht, kann die tektonische Wucht spüren, mit der sich die Welt gerade neu ordnet – hin zu einer Zukunft, in der Batterien die Motoren ersetzen und Rohstoffe wie Lithium zu mächtigen geopolitischen Hebeln werden. Australien hat sich dabei bereits eine Schlüsselrolle gesichert.


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