Bad Salzuflen. Der sogenannte Erörterungstermin ist ein Kernelement auf dem Weg zu einer Straßen-Baugenehmigung. Gedacht war er am Freitag vor allem für jene 86 Personen, die im Vorfeld Kritik oder Anregungen zum geplanten Ausbau der B 239 zwischen Autobahn und Lohheide geäußert hatten. Dass am Ende mehr als 100 Bürger gekommen waren, zeigt das große Interesse an dem Projekt.
„Das ist wirklich ein extrem guter Besuch", sagte Dr. Nikolas Rinösl von der Bezirksregierung Detmold vor Beginn der sechsstündigen Veranstaltung im „Best Western"-Hotel. Auch inhaltlich gab es einige Punkte, die seine Behörde nun in den kommenden Monaten abzuarbeiten hat. Ob und in welcher Form der Ausbau der B 239 genehmigt wird, steht noch nicht fest. Eine Entscheidung der Bezirksregierung wird erst 2017 erwartet – zumal einige vom Landesbetrieb „Straßen.NRW" angekündigten Planänderungen eine teilweise neue öffentliche Auslegung nötig machen.
Grundsatzfrage: Viele Einwendungen zielten auf die generelle Notwendigkeit des Projekts. Während die Planer von „Straßen.NRW" betonten, der Ausbau der wichtigsten Nord-Süd-Verbindung durch Ostwestfalen-Lippe erfolge auf Wunsch des Bundes, verwiesen einige Redner auf Studien, wonach der Verkehr aktuell noch steige, nach 2025 allerdings wieder abnehmen solle.
2014 wurden auf der B 239 an der Autobahn 21.600 Fahrzeuge am Tag gezählt. Gibt es einen kompletten Ausbau der B 239, wird hier für 2025 ein Anstieg auf 23.500 Fahrzeuge prognostiziert. Bliebe die Bundesstraße wie sie ist, ginge es sogar auf 19.500 zurück.
Reihenfolge: Nicht zuletzt aus Sicht der Stadt hat „Straßen.NRW" falsch geplant. Zwar widersprach Beigeordneter Rolf Oberweis der Einschätzung eines Bürgers, alle Anwesenden würden schon unter der Erde liegen, bevor der Ausbau der B 239 an den wirklich schwierigen Stellen zwischen Lockhauser Straße und Messe sowie in einem neuen Verlauf rund um Holzhausen vollendet würde. Dass der Landesbetrieb „Straßen.NRW" nun ausgerechnet den leichtesten Part als erstes in Angriff nehme, sei aber falsch und werde jahrelang zu großen Staus an wichtigen Kreuzungen führen. Die „Straßen.NRW"-Vertreter versicherten dagegen, die weiteren Abschnitte bis hinter Lage würden nun alle zeitnah vorangetrieben.
Werler Krug: Warum wird die B 239 im Bereich des Werler Krugs nicht noch tiefer gelegt, damit die beiden Kreisel an der geplanten Brücke den Anwohnern nicht „in Turmform direkt vor die Tür gestellt werden?", wie es ein Betroffener formulierte. Viel Applaus erntete auch Rolf Oberweis für den Hinweis, dass die Stadt an dieser Stelle für einen großen Kreisel oberhalb der Bundesstraße plädiere, um Natur und Anwohner zu schonen.
Hans-Herbert Oldemeyer räumte ein, dass man sich mit der Stadt gerne über Optimierungsmöglichkeiten unterhalten wolle. Er machte aber deutlich, dass „Straßen.NRW" den Doppelkreisel beidseits der B 239 nach wie vor favorisiere. Zudem verhindere der Knipkenbach aus wassertechnischen und Naturschutz-Gründen, dass man an dieser Stelle tiefer bauen könne.
Neue Verkehrsströme: Breiten Raum nahm beim Erörterungstermin die Frage nach den Verkehrsbeziehungen für die Werler und die Lohheide-Bewohner ein. Denn fällt die Lohheide-Kreuzung zur B 239 weg, würden wohl zusätzlich 1600 Fahrzeuge täglich durch die Werler Dorfstraße als 30er-Zone in Richtung Bundesstraße rollen. Intensiv diskutierten die Anwesenden mögliche Verkehrsströme und auch die Möglichkeit, auf eine neue Brücke zwischen Dorfstraße und Lohheide zu verzichten. Stattdessen wurde von einigen Rednern ins Gespräch gebracht, man könne die Lohheide rechtsseitig der B 239 über eine neue Straße an den Kreisel am Werler Krug anbinden.
Mit skeptischem Gemurmel wurde die Aussage von Rolf Oberweis kommentiert, die Stadt plane „im Augenblick" nicht, den Grünen Sand später zur besseren Erschließung der Lohheide zu öffnen. Dieser Sorge hatten viele Anwesenden Nachdruck verliehen.
Pferd von hinten aufgezäumt
Kommentar von LZ-Redakteur Stefan Backe
Bei einem Projekt wie dem Ausbau der B 239 können die Planer unmöglich auf alle Betroffenen eingehen. Wie gegensätzlich die Interessen der Anlieger sind, wurde auch beim Erörterungstermin deutlich. Während sich ein Hotel-Besitzer um die Erreichbarkeit seines Betriebs sorgt, möchten die Anwohner im Grünen Sand auf keinen Fall ihren Sackgassen-Status verlieren. Von einer Öffnung dort dürften wiederum die Bewohner der Dorfstraße profitieren. In diesem Spannungsverhältnis war es für neutrale Beobachter erstaunlich zu sehen, wie rücksichtsvoll die Anwesenden argumentierten, ohne den jeweils anderen Straßenzug ans Messer der Planer zu liefern.
Vielleicht liegt das aber auch daran, dass die Auswirkungen in diesem Bauabschnitt für viele noch relativ überschaubar sind. Ein anderer Umgangston dürfte dagegen herrschen, wenn „Straßen.NRW" im weiteren Verlauf der B 239 an die echten Problem- und Engstellen gehen muss. Ganz zu schweigen von einem immer noch angedachten neuen Verlauf um Holzhausen herum. Die Stadtverwaltung hat vollkommen recht, wenn sie die falsche Reihenfolge der Planung anmahnt. Wenn die dortige Umsetzung vielleicht sogar ganz scheitert, hätte man sich die Aufregung am anderen Ende sparen können.
sbacke@lz.de