Detmold/Horn-Bad Meinberg. Heftiger Streit hat den zweiten Prozesstag im Berufungsverfahren gegen die 39-jährigen Eheleute aus Horn am Detmolder Landgericht gekennzeichnet – sie müssen sich wegen versuchten Totschlags verantworten. Im Juni 2013 hatten sie den Ex-Freund der Tochter mit einem Messer verletzt, weil er Nacktfotos der Schülerin ins Internet gestellt haben soll.
Grund für die lautstarken Wortwechsel waren die Aussagen einer Jugendamtsmitarbeiterin des Kreises, die sich um die damals 16-jährige Tochter kümmerte, da sie von zu Hause geflohen war. „Wir haben sie mit neuer Identität in einer Einrichtung untergebracht, da sie Angst vor ihren Eltern hatte“ erinnert sich die 26-jährige Sozialarbeiterin. Immer wieder habe die Teenagerin berichtet, dass ihre Eltern die Beziehung zu dem späteren Opfer nicht akzeptierten und sie töten wollten, da sie „Familienehre“ beschmutzt habe.
Auch sie persönlich sei vom Angeklagten aggressiv angegangen, weil er unbedingt den Aufenthaltsort der Tochter wissen wollte. „Aufgrund dieser Bedrohungslage habe ich einem Treffen des Vater mit dem Mädchen nicht zugestimmt“, so die 26-Jährige. Doch ihre Vorgesetzten hätten dies anders gesehen und sie von dem Fall gegen abgezogen. Zustimmung von Oberstaatsanwalt Christopher Imig – laut Aktenlage stimme die Aussage.
Dem widerspricht gegenüber der LZ Klaus Lükermann, Fachbereichsleiter Soziale Dienste im Kreisjugendamt: „Die Mitarbeiterin wurde auf eigenen Wunsch abgezogen.“ Sie habe wegen der Bedrohung gegen sich und das Mädchen völlig überreagiert. Das Kreisjugendamt habe die Not der damals 16-Jährigen zunächst erkannt und sie anonym untergebracht. „Doch einige Zeit später gabs keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung, daher haben wir einem Treffen des Mädchens samt Gutachter und Vater zugestimmt“, so Lükermann. Auch die Morddrohung gegen die Schülerin sei nicht real gewesen. „Sie hat uns verarscht“, sagt Lükermann. Zudem habe sie dem Angeklagten ihren bis dahin geheimen Aufenthaltsort verraten. Das Mädchen habe alle an der Nase herumgeführt, weil sie mit dem späteren Opfer, der dem Jugendamt bekannt sei, ein Verhältnis hatte und die Eltern dieser Beziehung kritisch gegenüber standen, fügt Lükermann hinzu. Derzeit kümmere sich das Amt um die drei Kinder der Angeklagten – das Mädchen soll verheiratet in der Türkei leben.
Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.