Kreis Lippe. Sie waren die Hunde und Katzen, für die es kaum Hoffnung gab. Tiere mit Rucksack, mit Vorgeschichte, mit Ecken und Kanten. Mitte Oktober vergangenen Jahres hatte die LZ insgesamt 14 von ihnen vorgestellt – Langzeitbewohner aus den lippischen Tierheimen, die nach Einschätzung der Mitarbeiter kaum noch Chancen auf Vermittlung hatten. Ein Jahr später stellt sich die Frage: Was ist aus ihnen geworden? Hat sich etwas bewegt? Oder ist für manche das Tierheim endgültig zum Zuhause geworden? Die Antwort fällt gemischt aus. Es gibt leise Happy Ends. Es gibt Stillstand. Und es gibt Abschiede, die schmerzen. Doch eines zeigt sich deutlich: Auch dort, wo sich äußerlich wenig verändert hat, ist vieles in Bewegung. Wenn Vertrauen langsam wächst Im Tierheim Bad Salzuflen leben Buddy und Basti noch immer. Zwei Hunde, die vielen Menschen im Gedächtnis geblieben sind – und die zeigen, warum Zeit im Tierschutz ein anderer Maßstab ist. Lesen Sie auch: Das sind die neuen Sorgenfälle in Lippes Tierheimen (Link folgt) Buddy wird von den Pflegerinnen und Pflegern weiterhin als sehr liebevoller Hund erlebt. Doch Vertrauen ist bei ihm nichts, was man erzwingen kann. Es wächst langsam, in kleinen Schritten. „Darum wird ein Paar aus der Region gebraucht, das oft vor Ort ist und Buddy Zeit lässt“, schreibt das Team. Wer ihm Sicherheit gibt und klare Orientierung, bekommt einen Hund, der sich eng bindet. Erst vor Kurzem war Buddy zu Besuch in seinem früheren Tierheim in Vlotho – und meisterte den Ausflug souverän. Ein Zeichen dafür, wie viel in ihm steckt, wenn der Rahmen stimmt. Auch Basti hat Fortschritte gemacht. Der heute lebenslustige, verspielte Hund hat im Tierheim seine festen Bezugspersonen. Mit ihnen funktioniert vieles problemlos. Nähe allerdings wird ihm manchmal zu viel. Dann zieht er sich zurück – klar, ruhig, ohne Eskalation. „Die Routinen und geregelten Abläufe tun ihm sehr gut“, schreiben die Mitarbeiter. Und sie sagen auch: Basti ist hier im Tierheim nicht unglücklich. Ein Zuhause mit Verständnis und Sachkunde wäre dennoch ein Gewinn. Aber kein Muss um jeden Preis. Für ihn wünschen sich die Tierpfleger Paten. Abschied von Katzenomi Rosa Nicht alle Geschichten lassen sich fortschreiben. Katzenomi Rosa, 16 Jahre alt, ist im Sommer eingeschläfert worden. Krebs und massive Schmerzen machten ihr zuletzt das Leben schwer. Rosa, die einst scheu war und sich im Katzenhaus ihren Platz erkämpft hatte, durfte gehen – umsorgt, begleitet, nicht allein. Patenschaften hatten ihr die letzte Zeit erleichtert. Ein stilles Ende, das zeigt, was Tierheime oft leisten: nicht nur Vermittlung, sondern auch würdiges Abschiednehmen. Wenn das Tierheim zum Zuhause wird Im Detmolder Tierheim haben sich die Wege mancher Sorgenfellchen ebenfalls geklärt – wenn auch anders als erhofft. Rambo, der Terriermischling, darf für immer auf seiner Dauerpflegestelle bleiben. Dort hat er Ruhe gefunden, Nähe, Verlässlichkeit. Ein klassisches Happy End ist das nicht – aber ein gutes. Balou, lange Zeit einer der prominentesten Langzeitbewohner, wurde vermittelt. Eine Nachricht, die im Tierheim für große Freude sorgte und zeigt: Auch nach Jahren kann es manchmal plötzlich passen. Er durfte bei dem erfahrenen ehrenamtlichen Helfer Alex einziehen. „Balou hat sich wunderbar eingelebt, benimmt sich tadellos und genießt die Zuwendung und Geborgenheit“, schreibt das Tierheim. Andere Geschichten endeten mit einem Abschied. Sky, der charakterstarke Schäferhund, starb im Februar dieses Jahres. Fünf Jahre hatte er im Tierheim gelebt, war dort alt geworden, hatte enge Bindungen zu seinen Pflegerinnen aufgebaut. Das Tierheim war sein Zuhause. „Mit ihm hat eine große Hundepersönlichkeit die Bühne des Lebens verlassen“, schreibt das Team. Paten begleiteten ihn bis zuletzt. Auch Felix, der schwarze Mischling, ist verstorben. Nach Jahren im Tierheim hatte er kurz vor seinem Tod noch eine Pflegestelle gefunden – bei einer vertrauten Kollegin. Knochenkrebs ließ keine Zeit mehr. Doch die letzten Wochen verbrachte Felix nicht im Zwinger, sondern in einem Zuhause. Gemeinsam mit seinem Pflegefrauchen trauerte das Tierheim um Felix: „Es tut einfach weh. Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt ...“ Erfolg misst sich nicht nur in Vermittlungen Was diese Bilanz zeigt: Erfolg im Tierschutz ist nicht immer eine neue Familie. So wie etwa im Fall des Staffordshire-Terrier-Mix Manni. Dessen Vermittlung zur Weihnachtszeit grenzte schon an ein wahres Wunder. Manchmal ist Erfolg auch lediglich Stabilität. Ein anderes Mal eine Dauerpflegestelle, wie bei Rambo aus dem Detmolder Tierheim. Manchmal leider auch ein Abschied ohne Angst. Tierheime sichern, versorgen, begleiten. Sie geben Struktur, Training, medizinische Hilfe – und Nähe. „Nicht jedes Tier leidet im Tierheim“, sagen die Mitarbeiter immer wieder. Für manche sind feste Abläufe, bekannte Gesichter und klare Regeln genau das, was sie brauchen. Gleichzeitig bleibt die Lage angespannt. Viele Tiere warten weiter. Die Kapazitäten der Tierheime sind oft bis an die äußersten Grenzen erschöpft und der Bedarf steigt von Jahr zu Jahr. Ein leiser Ausblick Die Geschichten der „Sorgenkinder“ enden selten laut. Sie verändern sich schrittweise, manchmal kaum sichtbar. Doch sie zeigen, wie viel Geduld, Fachwissen und Herzblut hinter der Arbeit der Tierheime steckt – und dass auch die Tierheime die Hoffnung nicht aufgeben wollen. Im nächsten Teil richtet die LZ den Blick nach vorn: auf die neuen Langzeitkandidaten des Jahres 2025. Tiere, die schon jetzt Gefahr laufen, übersehen zu werden.