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Innenminister Jäger stoppt belgisches "Flüchtlingscasting"

Jens Reichenbach

Innenminister Ralf Jäger will dem belgischen Flüchtlingscasting einen Riegel vorschieben. - © Privat
Innenminister Ralf Jäger will dem belgischen Flüchtlingscasting einen Riegel vorschieben. (© Privat)

Detmold/Düsseldorf. Das staatliche Hilfsangebot Belgiens, dem Land NRW einmalig 250 Flüchtlinge abzunehmen, hat sich zu einem Politikum entwickelt. Nachdem bekannt geworden war, dass die belgische Delegation im Oldentruper Hof mit den Flüchtlingen Interviews geführt hatte, um Berufsstand und Ausbildung zu erfahren, hat nun Innenminister Ralf Jäger ein Machtwort gesprochen. "Wir nehmen diese Hilfe gerne an, aber es darf nicht sein, dass sich die Delegation nur die Rosinen rauspickt", betonte Ministeriumssprecherin Dana Zimmermann auf Anfrage.

Das heißt: Die belgische Delegation werde diese Woche in Unterkünften in Bielefeld, Detmold und Herford weiterhin nach Freiwilligen suchen, die bereit sind, ihr Asylverfahren in Belgien durchzuführen. "Aber das darf nicht in Form eines Assessment-Centers geschehen", erklärt Zimmermann. "Diese Art und Weise ist uns nicht Recht. Das ist nicht humanitär und wäre das falsche Signal. Das haben wir zu verstehen gegeben." Zimmermann zufolge ist am Dienstag bereits der zweite Bus aus OWL mit 50 Flüchtlingen nach Belgien abgereist.

Wie berichtet hatten die Regierungsvertreter aus dem Nachbarland in der vergangenen Woche in der Zentralen Unterbringungseinrichtung am Oldentruper Hof das neu eingerichtete "Café International" in Beschlag genommen, um dort die Flüchtlinge zu befragen. Nach kurzer Zeit hatte sich das in der Unterkunft herumgesprochen, so dass sich sogar eine Warteschlange mit Flüchtlingen vor dem Café gebildet hatte. Sogar von finanziellen Anreizen sei die Rede gewesen.

Volker Fliege, als Leiter des Bürgeramts zuständig für die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB), erklärte auf Nachfrage: "Die Delegation war diese Woche nicht mehr am Oldentruper Hof. Am Montag war sie in einer Unterkunft in Detmold und am Dienstag in Herford." Anschließend seien jeweils Busse mit einmal 20 Flüchtlingen und am Dienstag mit einer noch nicht bekannten Anzahl nach Belgien abgereist.

Aufgrund der Kritik des Integrationsrates hatte die Bielefelder Ausländerbehörde nochmals bei den belgischen Vertretern nachgefragt: "Es sind nicht ausschließlich Akademiker ausgewählt worden, auch ungelernte Flüchtlinge waren dabei", erklärte Fliege. "Geld ist auf keinen Fall geflossen."

Die SPD-Landtagsabgeordneten Günter Garbrecht und sein Lipper Kollege Dennis Maelzer hatten trotzdem das Vorgehen der belgischen Delegation am Dienstag bei Innenminister Ralf Jäger in Düsseldorf zur Sprache gebracht: "Wir wollen hier kein Flüchtlingscasting", betonte der Bielefelder Landespolitiker. Der Innenminister habe daraufhin sofort angeordnet, dass die Aktion in NRW beendet werde, so Garbrecht. "Darüber bin ich froh. 250 Flüchtlinge zu übernehmen ist angesichts der hohen Zugangszahlen keine Entlastung, sondern eine peinliche Nummer."

Inzwischen wurde bekannt, dass ein arabisches Paar schon wieder aus Belgien zurückgekehrt ist. "Die haben gar nicht gewusst, wohin sie gefahren sind", berichtet eine Zeugin. In Belgien seien sie in einem umzäunten Auffanglanger gelandet. Erst vor Ort hätten sie bemerkt, dass sie nicht mehr in Deutschland seien. Unverrichteter Dinge habe sich das Paar anschließend wieder auf den Weg nach Bielefeld gemacht.

Ob die belgische Delegation ihre Suche in OWL diese Woche fortsetzen wird, konnte weder das Innenministerium noch die Bielefelder Ausländerbehörde sagen.

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