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Der Wolf ist im Anmarsch

Der Naturschutzbund bereitet sich auf die Rückkehr des Raubtieres in Lippe vor

Martin Hostert

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Wiedersehen macht Freude: Der Wolf kehrt zurück - © Privat
Wiedersehen macht Freude: Der Wolf kehrt zurück (© Privat)

Oerlinghausen/Kreis Lippe. „Gekommen um zu bleiben“ - mit dem „Wir sind Helden“-Liedtext macht der Naturschutzbund klar, worum es geht: Der Wolf ist zurück, „und das ist gut so“. Auch in Lippe bereitet sich der Nabu auf das Raubtier vor.

Ein profunder Wolfs-Kenner ist der Oerlinghauser Thomas Pusch. Er ist Sprecher des „Landesfachausschusses Wolf“ des Nabu und auch auf Bundesebene aktiv. „Wir müssen in Lippe miteinander reden, bevor der Wolf da ist“, ist er überzeugt. Denn von Minden-Lübbecke aus, wo ja schon ein Tier gesichtet worden ist, sei es nur ein kurzer Weg ins Lipperland. Wann es soweit sein werde, sei offen, eine sichere Prognose unmöglich.

Thomas Pusch interessiert sich seit Jahren für das „faszinierende Tier“, hat es in der Schweiz und in Italien beobachtet, hat viel mit Schäfern gearbeitet und kennt deren Sorgen. Wenn der Wolf denn nun die Weser quert - kommt dann nicht einiges auf uns zu? „Das tut es schon jetzt“, betont er. Doch er freut sich auf die Diskussionen. Und der Nabu weiß, was er will. „Wir sind froh, dass der Wolf zurückkommt. Er wurde bewusst ausgerottet und war Jahrhunderte verschwunden“, stellt der lippische Nabu-Vorsitzende Bernd Milde klar. Aber das Umdenken der vergangenen Jahre zahle sich aus, der Schutz durch FFH-Richtlinien sei wirksam, die Grenzen nach Osteuropa auch für den Wolf durchlässiger geworden. „Doch Romantik ist ebenso fehl am Platz wie konservative Vorbehalte.“

So hätten die Menschen verlernt, mit dem Raubtier umzugehen. „Das macht es schwierig, auf seine Rückkehr zu reagieren.“ Der Wolf sei weder Kuscheltier noch blutrünstige Bestie, sondern ein „ganz normales Wildtier“. Viele Vorbehalte stammten aus dem Mittelalter - aus Zeiten, in denen der Wolf manch armem Bauern die einzige Ziege/das einzige Schaf gerissen und in die große Existenznot getrieben hat. In anderen Kulturen werde das Tier durchaus positiv gesehen.

Der Kritik, der Wolf passe  nicht mehr in unsere zersiedelte Kulturlandschaft, entgegnen Pusch und Milde mit einem Blick in die Lausitz oder nach Niedersachsen, wo viele Rudel lebten. „Die Antwort gibt der Wolf  selbst. Er kann hier leben, er ist hoch intelligent und anpassungsfähig.“ Milde verweist auf den enormen Schwarz- und  Rehwildbestand. Der Wolf habe durchaus viele Waldbesitzer und Förster auf seiner Seite, knabberten doch insbesondere Rehe an Knospen und jungen Trieben. „Die größte Sorge haben Jäger und Schäfer.“ Denn ein Wolf könne eben nicht zwischen Wild- und Nutztieren unterscheiden, so dass Schafe willkommenes Opfer seien.

Die beiden „Wolfsfreunde“ vom Nabu fordern die Landesregierung auf, endlich einen Managementplan zu erarbeiten und Schäfer stärker zu unterstützen. „Es darf einen Schäfer nicht mit den Kosten allein lassen.“ Denn: Die Herde gerate in Aufruhr, oft komme es zu Verlammungen  (Fehl- oder Totgeburten), die Schäfer hätten viel Arbeit.  Den reinen Fleischpreis bekommen sie schon jetzt erstattet, und es gibt Notfall-Sets mit Zäunen. Die Entschädigung für das Tier reiche aber bei weitem nicht. Gute Präventionsmaßnahmen würden nur in einem Wolfsgebiet bezahlt – „und  NRW ist definitiv Wolfsgebiet. Die Gesellschaft muss daher eine Antwort darauf geben, dass der Wolf zurück ist.“ Auf dieses Zusammenleben gelte es, sich einzustellen. Die Nabu-Experten nehmen die Sorgen sehr ernst. Aber eines sei klar: „Er ist  gekommen, um zu bleiben.“

Schäfer erwarten schnelle Entschädigungen

Auch der Wolfsbeauftragte des NRW-Schafzuchtverbandes kommt aus Lippe. Der Augustdorfer Ulf Helming berichtet, das die Schafhalter bereits 2009 Forderungen aufgestellt haben. Daraufhin hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz eine "AG Wolf" eingerichtet, in der Helming mitarbeitet. Es gibt nun eine Internet-Seite mit Kontaktdaten und Verhaltenshinweisen, und einige der NRW-Luchsbeauftragten, darunter Ulf Helming, haben an Wolfs-Schulungen teilgenommen.

Zwei Wolfsrisse gab es bislang in NRW - in Höxter und Minden-Lübecke. Der Verband fordert vor allem Entschädigung auch für Tierarztkosten, Entsorgung, Zaunreparatur und Präventionsmaßnahmen. Helming: "Das Urteil der Wolfs- und Luchsberater sollte Grundlage dieser Entschädigung sein, auf wissenschaftlichen Nachweis per teurer DNA-Analyse ist zu verzichten." Verhandlungen in Düsseldorf laufen.

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