Oerlinghausen. 10.45 Uhr, der Bus kommt gerade an. „Sonderfahrt“ steht vorne angeschlagen. Darin sitzen nicht einmal zehn Menschen. Männliche Flüchtlinge und eine Betreuerin. Sie sind zum Röntgen hier. Jochen Nadolski-Voigt staunt. Zum einen findet er die Zahl gering, zum anderen ist der Bus früh dran.
Jochen Nadolski-Voigt von den Johannitern leitet die zentrale Unterbringungseinrichtung in Oerlinghausen, die seit Oktober 2014 in der ehemaligen Hellwegklinik in Oerlinghausen eingerichtet ist. Mehr als 500 Menschen sind dort derzeit untergebracht. Zahlen sind Momentaufnahmen. Am vergangenen Montag haben etwa 100 Menschen die Notunterkunft verlassen, für den Dienstag waren schon wieder neue Busse angekündigt. Das sagt Sylke Henseleit, sie unterstützt Jochen Nadolski-Voigt als pädagogische Leiterin der Einrichtung.
In einem Gebäude im Westen des Geländes registrieren Mitarbeiter der Ausländerbehörde die Flüchtlinge. Zuvor untersuchen Ärzte die Menschen. Sie nehmen sie „in Augenschein“, wie es in Amtsdeutsch heißt, und röntgen sie, um eine Tuberkuloseerkrankung auszuschließen.
Deswegen steht auf dem Parkplatz vor der Registrierung seit etwa drei Wochen eine mobile Röntgenstation, auch treffend Röntgenbus genannt. Eigentlich ist es ein Auflieger, 24 Tonnen schwer. Einen Tag hat es gedauert, die Station dort zu parken und einzurichten.
Etwa 80 Menschen des Oerlinghauser Flüchtlingsheims sollen dort täglich geröntgt werden, das ist meist bis zum Mittag erledigt, dann steht das Röntgenmobil Notunterkünften aus der Umgebung zur Verfügung. Flüchtlinge aus Schloß Holte-Stukenbrock und Hövelhof-Staumühle werden dort ebenfalls untersucht, sagt Jochen Nadolski-Voigt. Das Röntgenmobil hat die Bezirksregierung von einem Unternehmen angemietet, das sich auf das Bereitstellen von teurer Gesundheitstechnologie spezialisiert hat. In Dortmund betreibt die Firma eine stationäre Röntgenabteilung. Dieser Trailer, wie Mitarbeiterin Neslian Ciftci den Röntgenbus nennt, ist auch für das Unternehmen neu. Er ist eigens für den Dienst in Oerlinghausen eingerichtet worden.
Neslian Ciftci ist Röntgenassistentin. Sie schiebt allein den medizinischen Dienst. Mitarbeiter der Johanniter kümmern sich um den Ablauf. Das ist heute nicht ganz einfach. Im kleinen Warteraum warten nur Männer, die kein Deutsch und Englisch nur bruchstückhaft sprechen. Man verständigt sich mit Zeichensprache. Zwei Männer haben sich in der Umkleide schon den Oberkörper freigemacht. Sie müssen sich wieder anziehen. „Technical defect“, sagt Neslian Ciftci. Die Männer verstehen es. Es ist der erste Ausfall, sagt Ciftci. Sie wartet auf einen Anruf der Zentrale.
Die Lunge zu röntgen, ist eine Voraussetzung für das weitere Asylverfahren, sagt Nadolski-Voigt. Es habe bereits unklare Befunde gegeben – dann werden die Patienten zur weiteren Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht. Eine ansteckende Tuberkulose sei aber noch nicht aufgetreten. Die Verdachtsfälle konnten in der Einrichtung mit Medikamenten behandelt werden.