Bielefeld. Mit dem Führerschein haben es Jugendliche nicht mehr eilig, berichten Fahrlehrer. Denn das Auto verliert bei jungen Deutschen zunehmend an Bedeutung. Das geht aus Daten der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse hervor.
1985 gaben noch 77 Prozent der 25- bis 29-Jährigen an, Auto zu fahren, 2016 waren es nur noch 60 Prozent. Auch insgesamt scheint das Interesse rückläufig: Statt 31 Prozent im Jahr 2000 gaben 2016 nur 23 Prozent der Männer an, sich für Autos zu interessieren. Bei den Frauen sank der Anteil von 4 auf 3 Prozent. Gleichzeitig werden die Fahrzeuge immer älter. 63 Prozent sind seit mehr als vier Jahren unterwegs, Durchschnittsalter: 9,2 Jahre.
Ralf Collatz, Pressesprecher des ADAC Ostwestfalen-Lippe, bestätigt einen zunehmend pragmatischen Blick auf die Mobilität: "Ein Must-have ist ein eigenes Auto nicht mehr." Gerade in der Stadt verzichteten jüngere Menschen immer öfter darauf.
Dazu passend verzeichnet Allensbach ein steigendes Interesse an Carsharing. "Das Verhältnis zum Auto ist nüchterner geworden. Aber das heißt nicht, dass sich die jungen Menschen ganz vom Auto abwenden", betont Collatz. Wenn sie in Vororte zögen und Familien gründeten, schafften sich viele doch ein Auto an. Dass Autos immer älter würden, sei dagegen mehr eine Geldfrage.
Jugendliche lassen sich heute mehr Zeit, den Führerschein zu machen, berichtet Friedel Thiele, Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Westfalen. Vor allem dort, wo es ein gutes Angebot öffentlicher Verkehrsmittel gebe, hätten es junge Fahrer nicht eilig - den Führerschein mit 17 machten etwa in Berlin weniger als 20 Prozent der Prüflinge, die Mehrheit sei 18 oder älter. Nur in ländlichen Regionen liege der Anteil der nicht volljährigen Prüflinge bei fast 50 Prozent. Als Statussymbol seien eher Smartphones und Computer gefragt. Das bestätigt wiederum die Studie: Gerade die Jüngeren legen bei Autos Wert auf digitale Vernetzung.
Auch das Fahren selbst hat an Stellenwert verloren. In den Fahrschulen gehen es die Jugendlichen ruhig an, berichtet Thiele. Selbst Fahrschüler, die mit 16 anfangen, machen oft erst mit 18 ihre Prüfung. "Deswegen empfehlen wir den Führerschein mit 16 - damit die Fahranfänger überhaupt noch eine Phase des begleiteten Fahrens haben." Er rät Jugendlichen, die Fahrausbildung möglichst kompakt zu machen. Das erleichtere auch den Fahrschulen die Planung.
Wenn sie dann den Führerschein haben, wollen die meisten aber auch selbst fahren: 61 Prozent aller Fahrer finden es "nicht reizvoll", wenn das Auto sie von allein ans Ziel bringt.