Detmold. Ein Gesamtkunstwerk der Sinne hat das Schattentheater „Amazing Shadows" im gut besuchten Landestheater geboten. Tanz, Theater, Akrobatik, Videoanimation, Licht und atmosphärische Musik machten die zweistündige Show zu einem wahrhaftig beeindruckenden Erlebnis.
Mit großer Präzision, Geschwindigkeit und Leichtigkeit zeichneten Tänzer mit ihren Körpern und wenigen Requisiten Tiere, abstrakte Figuren, Maschinen, Traumschlösser und poetische Geschichten. Das junge und exzellent ausgebildete Ensemble, fünf Tänzerinnen und drei Tänzer mit Kampfkunsterfahrung von „Catapult Entertainment" aus USA, zeigte, dass es nicht immer Farbe braucht, um Bilder zu malen.
Der Tiefenpsychologe C.G. Jung hätte seine wahre Freude gehabt, Bilder der Seele (Archetypen) in der Inszenierung zu deuten. Schatten begleiten jeden Menschen unbewusst als Negativbild. Die künstlerische Auseinandersetzung und Integration des Schattens in die Gesamtpersönlichkeit dient der Ganzwerdung und Reifung des Menschen.
Kein Wunder, dass das Schattenreich viele in den Bann zieht. Die Vielfalt kennt keine Grenzen. Nicht nur das Bild am Ende, sondern der tänzerische Entstehungsprozess mit unglaublichen Verwandlungen fasziniert. Das Spiel mit Licht und Schatten, Perspektiven und Dimensionen lässt ganze Welten entstehen. Die ersten Bilder nach den „Vier Jahreszeiten" von Vivaldi illustrieren Frühling bis Winter. Da tummeln sich Frösche und Enten, Tulpen wachsen, und eine Raupe wandert über den Boden. Blätter fallen, Eiskristalle formen sich, Anklänge an die Weihnachtsgeschichte und ein riesiger Weihnachtsbaum ernten Szenenapplaus.
Dramatik und Humor unterlegt mit passender Musik kommen nicht zu kurz, wenn etwa der Schwimmer dem Hai entkommt oder das Kaninchen vor Messer und Gabel flüchtet. Erzählsequenzen wie der Lebenslauf vom Kind zum Erwachsenen, im Gedenken an den Amoklauf 2012 an einer Grundschule in Newton oder den Mauerfall 1989 thematisieren politisches Zeitgeschehen. Ein Ausflug in den wilden Westen bringt Bonanza-Idyll auf die Leinwand. Das Doppelleben einer Hausfrau als Spion endet mit einer spektakulären Hubschrauberflucht.
Geschickte Lichteffekte mit Taschenlampen ermöglichen eine Traumreise in den Kopf eines Schlafenden, die Seele und Universum kombiniert.
Nach der Pause wechseln einige Tänzer die Seite und tanzen fürs Publikum sichtbar vor der Schattenwand. Ihre Bewegungen werden mit Computereffekten zeitverzögert als farbenprächtige Gemälde projiziert. Die zerfließenden Bilder zaubern moderne abstrakte Kunst.
Zum Schluss werden die Gäste auf eine Weltreise mitgenommen. Über Paris, Ägypten, China und Indien geht es bis auf den Mond zu Außerirdischen, bevor die glückliche Heimkehr die Illusionsreise abrundet.
Am Ende verneigen sich die acht Artisten im Scheinwerferlicht, um dann für eine kleine Zugabe wieder in die Schattenwelt abzutauchen Das Publikum ist begeistert und spendet viel Applaus.