„Samba“ unterhält in Detmold mit vielen Emotionen

Detmold. Samba, das sind heiße Rhythmen, schnelle Tanzschritte im Zwei-Vierteltakt und Karneval in Rio. Das Tanztheaterstück &bdquo;Samba! – Brasilien in Licht und Schatten“ hat im Landestheater eine erfolgreiche Premiere gefeiert und rund 500 Gäste nach Brasilien entführt, zu den Ursprüngen des Sambatanzes, der als ursprünglich verbotener Sklaventanz zum kulturellen Nationalsymbol wurde.

Idee, Konzept und Libretto stammen von Ballettdirektorin Katharina Torwesten, die dem italienischen Choreographen Mario Martello Panno (34), der bis zur letzten Spielzeit Tänzer am Landestheater war, das Thema Samba für seine erste große Inszenierung vorschlug. Als Co-Choreographin stand ihm für den letzten Schliff der authentischen Sambaschritte die Brasilianerin Tamirys Candido zur Seite. Ebenfalls waschechte Brasilianer sind Erica Pinangé und Felipe dos Santos-Vasques, die als charismatische Solotänzer in der Rolle des Liebespaares dem Stück den richtigen lateinamerikanischen Charme verliehen.

Viel Liebe zum Detail Felipe dos Santos-Vasques hat außerdem mit viel Detailliebe die beeindruckenden Kostüme entworfen. Die Inszenierung bleibt nicht beim bunten Klischee stehen, sondern zeigt die Wurzeln des Sambas mit seiner Geschichte von Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt, umrahmt von einer Lovestory, in der sich zwei Menschen gegen gesellschaftliche Zwänge füreinander entscheiden. Das Bühnenbild von Erwin Bode lässt mit sparsamen Elementen den Tänzern viel Raum und erzielt effektvolle Szenenwechsel.

In einer bunten Mischung aus Samba- und Contemporary-Dance hat die revuehafte Folge der Tänze beeindruckt. Neben klassischen Sambas setzten 14 Tänzerinnen und Tänzer des Ballettensembles melancholische Klaviermusik, rhythmisch prägnante Stücke wie &bdquo;Dark Violin“ (Stefan Rodescu), Filmmusik wie &bdquo;Welcome To Los Angelos“ (Steve Jablonsky) oder den Donauwalzer fesselnd in Szene.

Bunte Klischees Die Eröffnung in der Nähstube, wo Sambakostüme gefertigt werden, wirkte etwas kitschig. Die Inszenierung zeigte zunächst die bunten Klischees des Tanzes und führte in den brasilianischen Straßenkarneval von Rio, wo zwei konkurrierende Samba-Schulen gegeneinander antreten. Der von Tamirys Candido choreografierte Samba-Wettbewerb nutzt Musik von Sérgio Mendes aus dem Album &bdquo;Brasileiro“. Er verdeutlicht, in welcher Konkurrenz heutige Sambistas stehen. Es geht hoch her und die Kostüme wirbeln im wilden Tanz umher. Die Hauptvertreterinnen der beiden Tanzschulen, Giulia Spinelli und Mirea Mauriello lieferten sich ein heißblütiges Tanzduell. Enttäuscht zieht sich die Verliererin zu ihrer Großmutter zurück, die Veronika Jungblut liebevoll in Szene setzte.

Im melancholischen Solotanz des meditativen Musikstücks &bdquo;Spiegel im Spiegel“ von Arvo Pärt brachte die Verliererin ihren Schmerz anrührend zum Ausdruck. Die Oma will vom Lamento ihrer Enkelin nichts hören und bringt ihr die wahre Bedeutung des Sambatanzes näher. Sie nimmt sie mit in ihre Jugendzeit, in der Samba als traditioneller Tanz der Sklaven eine Form der Auflehnung gegen die Unterdrückung der Herrschenden war. Die archaischen Sklaventänze zur Morgenröte wirkten stimmig und gingen unter die Haut. Die Oma erzählt, wie sie als Tochter eines brutalen Sklavenhalters Mitleid mit den Geschundenen hatte und sich in einen jungen Sklaven verliebte.

Den Sklavenhalter setzte Leony Rafael Boni mit einem markanten Peitschentanz virtuos in Szene. Erica Pinagé und Felipe dos Santos-Vasques schenkten der Inszenierung im betörenden Liebestanz viel Glanz. Das Liebesglück ist bedroht, der Sklave wird ausgepeitscht und von zwei Polizisten verhaftet, die Madoka Sato und Felipe Sales im Stechschritt-Tanz wunderbar karikierten. Im späteren Pas de Deux sind die Liebenden von Gitterstäben getrennt, die sich dann in die Lüfte heben.

Rassismus bleibt allgegenwärtig Ein Zeitsprung versetzt ins frühe 20. Jahrhundert. Sklaverei ist abgeschafft, doch Rassismus und Unterdrückung sind in Brasilien allgegenwärtig. Sambistas werden noch von der Polizei unterdrückt. Man sitzt am Tisch und beginnt in einer Art Jam-Session rhythmisch auf Alltagsgeschirr zu spielen bis ein mitreißender Samba entsteht. Die Polizei bereitet der Session ein jähes Ende. Das geht so weit, dass die Hornhaut unter den Fingern kontrolliert wird, um zu sehen, wer Gitarre spielt. Die High-Society tanzt indes Donauwalzer und Polka, kann jedoch der Anziehungskraft der vitalen Rhythmen und eingängigen Melodien nicht lange widerstehen. Eine amüsante Szene stellt dar, wie Straßenmusiker einen pompösen Maskenball aufmischen und alle zum Tanzen bringen.

Die Verschmelzung der Sambamusik mit europäischer Musik wird gut veranschaulicht. Später ist das greise Liebespaar zu sehen. Für viel Humor sorgte Felipe Sales in der Rolle des Opas. Die Inszenierung verdeutlicht gelungen, wie durch die Verschmelzung unterschiedlicher Kulturen Neues entsteht, das eine ganze Nation prägt und zum Exportschlager wird. Die Historie ist anschaulich aufgearbeitet. Die Tänzer agieren technisch brillant und mit viel Ausstrahlung. Wirkungsvoll werden Emotionen gezeigt, die schwungvoll unterhalten.

Nächster Termin: Freitag, 8. März, 19.30 Uhr

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