Leben fürs Tanzen: Aufführung in Detmold zeigt, wie es wirklich läuft

Detmold. Der Titel ist Programm. Das Große Haus des Landestheaters ist gut besetzt, das Licht geht aus, der Spot an – und 450 Gäste finden sich hinter der Bühne wieder. Mit dem Ballettabend &bdquo;Licht aus, Spot an: Backstage!“ ist Choreografin und Ballettdirektorin Katharina Torwesten, die selbst mitspielt, eine Stückentwicklung gelungen, die als letzte Premiere der Spielzeit humorvolle und berührende Einblicke hinter die Kulissen des Theaterbetriebs ermöglicht. Was normalerweise im Verborgenen geschieht, wird hier auf höchstem tänzerischen Niveau veranschaulicht. Nach der Premiere im Schleswig-Holsteinischen Landestheater feiert diese Arbeit nun auch in Detmold Erfolge.

Aus dem Nähkästchen geplaudert Schon nach wenigen Minuten ist klar: Hier wird kein klassisches Handlungsballett erzählt, sondern tänzerisch &bdquo;aus dem Nähkästchen geplaudert“. Mit feinem Gespür für Timing, Komik und Emotionen bringt Torwesten gemeinsam mit dem hervorragend aufgelegten Ballettensemble eine Inszenierung auf die Bühne, die zum Lachen wie zum Nachdenken anregt.

Einmal Primaballerina oder Primaballerino zu werden, ist ein häufiger Kindheitstraum. Aber kaum jemand kennt den langen Weg dahin und weiß, was hinter der Bühne geschieht, bis alles so leicht aussieht.

Es geht um strenge Disziplin und Leidenschaft, um Lampenfieber, Nervosität, Pannen im letzten Moment, zerplatzte Träume sowie Schmerzen und ein hartes Training wie im Hochleistungssport. Das Stück ist in mehreren Szenen unterteilt. Vom Vortanzen, der sogenannten Audition, erstem Vertrag, Konkurrenzkampf um die beste Rolle, Seitensprung und Eifersucht bis hin zur Kündigung wird die Karriere einer Primaballerina beleuchtet, die Erica Pinagé beeindruckend in Szene setzt.

Von tiefen Momenten bis Slapstick All das bringt das Ensemble mit beeindruckender Präzision, Ausdruckskraft und viel Gefühl auf die Bühne. Der Wechsel zwischen Slapstick und tiefen Momenten gelingt – unterstützt von einer raffiniert zusammengestellten Musik, die von Liszt über Vivaldi bis Hans Zimmer reicht und das emotionale Spektrum der Tanzwelt mitträgt. Pianist Robert Lillinger spielt als Korrepetitor live mit.

Der Liebespaar-Pas de deux aus Tschaikowskys &bdquo;Schwanensee“, dem berühmtesten Ballett überhaupt, macht den Auftakt und ist in unterschiedlichen Szenen zu sehen. Eine Tänzerin kommt vom Zuschauerraum auf die Bühne, um ihren Kindheitstraum zu realisieren. Dabei beobachtet sie, wie eine Tänzerin stolpert und deren Karriere damit vorbei ist. Beim Vortanzen bewerben sich 14 unterschiedliche Charaktere auf eine Stelle, deren Allüren für viel Humor sorgen. Die Massenproduktion der Schwäne im kleinen Ensemble beleuchtet eine witzige Szene, in der Tänzerinnen hinter der Bühne schnell zurücklaufen, um die Illusion vieler Schwäne in Dauerschleife auf die Bühne zu bringen. Bei aller Anstrengung darf das Lächeln nicht fehlen.

Persönliche Botschaft Klassisches Ballett wechselt mit einer Tango-Probe sowie Jazztanz. Facettenreiche und ganz individuelle Solotänze kommen auf die Bühne, in denen sich Ensemblemitglieder mit einer persönlich eingesprochenen Botschaft in einer selbstentwickelten Choreografie vorstellen. Der Gefahr der Zerstückelung, Überfrachtung und des Plakativen setzt die Rahmenhandlung einen Kontrapunkt entgegen. Einblicke auf die Seitenbühne beleuchten, wie kreativ mit Pannen, einem verlorenen Schuh oder zerrissener Kleidung, umgegangen wird und welches Improvisationstalent erforderlich ist. Der tragische Moment der Kündigung wird auch nicht verheimlicht. Der Tanz-Battle zweier Primaballerinos beeindruckt im männlichen Ausdruckstanz mit freiem Oberkörper.

Die Bühne und Kostüme, gestaltet von Jule Dohrn-van Rossum, bleiben wohltuend reduziert, lassen aber viel Raum für Assoziationen und die fantasievolle Ausgestaltung der tänzerischen Szenen. Mal schlüpfen die Tänzer in professionelle Ballettkostüme, um im nächsten Moment in Probenkleidung über die Bühne zu wirbeln – Kostümwechsel inklusive Sekundenpannen inbegriffen, die zum festen Bestandteil des Theaterkosmos gehören.

Ein Lob gilt Dramaturgin Emilia Ebert für die fein strukturierte Szenenfolge und Balance zwischen Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit. Katharina Torwesten und ihr Ensemble haben einen Ballettabend geschaffen, der mit Witz, Charme und großer tänzerischer Klasse überzeugt und vom Publikum in stehenden Ovationen viel Applaus erhielt.

Weitere Vorstellungen Weitere Vorstellungen gibt es am 19.6. / 20.6. / 22.6. / 29.6.2025, jeweils 19:30 Uhr im Großen Haus.

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