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Verlegung der B 239 nimmt Gestalt an

Stefan Backe

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Ungefähr auf Höhe der heutigen Werrebrücke würde die B 239n nach den Vorstellungen des Landesbetriebs „Straßen.NRW" künftig nach unten abknicken und als kompletter Neubau in Richtung Ostwestfalenstraße führen. Die alte Bundesstraße würde dort dann abgebunden. - © Maren Brettmeier
Ungefähr auf Höhe der heutigen Werrebrücke würde die B 239n nach den Vorstellungen des Landesbetriebs „Straßen.NRW" künftig nach unten abknicken und als kompletter Neubau in Richtung Ostwestfalenstraße führen. Die alte Bundesstraße würde dort dann abgebunden. (© Maren Brettmeier)

Bad Salzuflen-Schötmar. Die Lockhauser Straße als großer, knotenfreier Anschlusspunkt, die Oerlinghauser Straße dagegen ohne Kontakt zur Bundesstraße, eine Ecke des Umweltzentrums beschnitten, um den Anfang für die Ortsumgehung Holzhausen zu machen – die jüngsten Pläne des Landesbetriebs Straßen.NRW zur B 239 haben es in sich. Vor allem die Naturschützer bringen sich in Abwehrstellung.

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Teil eines großen Projekts: Abschnitt für Abschnitt plant sich der Landesbetrieb „Straßen.NRW" derzeit über die B 239, um die wichtigste Nord-Süd-Verbindung durch OWL aus- und umzubauen. Wie mehrfach berichtet, läuft für den Abschnitt zwischen A2 und Lohheide bereits das Genehmigungsverfahren durch die Bezirksregierung.

Anfang 2017 wollen die Verantwortlichen jetzt auch die jüngsten Überlegungen vorstellen, wie der Bereich zwischen der Lockhauser Straße und der Ostwestfalenstraße ertüchtigt werden kann. Geplant ist eine öffentliche Präsentation in einem städtischen Fachausschuss im Februar. Anschließend soll ein Planungsbüro mit der konkreten Ausarbeitung des Ausbaus beauftragt werden. Auf dieser Grundlage würde später das Genehmigungsverfahren mit Bürgerbeteiligung begonnen.

Die Knackpunkte: Die Kreuzung Lockhauser Straße würde als Verbindung zur B 239 erhalten bleiben. Die Bundesstraße soll hier leicht Richtung Schulzentrum verlegt und knotenfrei unter der „Lockhauser" verlaufen. Der Anschluss würde über Auffahrtarme erfolgen. Diesen Plänen würden auch einige Häuser zum Opfer fallen. Wichtig ist zudem der Anschluss der dort von der Stadt geplanten neuen Feuerwache.

Die Oerlinghauser Straße (PitStop) hätte im weiteren Verlauf keinen Kontakt mehr zur Bundesstraße. Sie würde als reine Brücke über die tiefer gelegte B 239 geführt. Die drastischste Änderung folgt am Umweltzentrum Heerser Mühle. Hier verlässt die Trasse den alten Verlauf und nimmt völlig neu direkten Kurs auf die Ostwestfalenstraße – quasi der erste Schritt zu einer Holzhauser Ortsumgehung.

Umweltzentrum protestiert: In der Heerser Mühle sind die Nerven angespannt. Beim gestrigen LZ-Besuch gingen Geschäftsführer Ulrich Kaminsky und Trägervereinsvorsitzender Dr. Peter Bausch davon aus, dass die Linienführung noch in etwa den Plänen von 2014 entspricht. Demnach würde das Umweltzentrum an einer Ecke beschnitten.

Der Waldbienenlehrpfad, Teile des Schulgartens und der Steingarten würden überplant. Vor allem aber würde die verlegte B 239n in vier Meter Höhe in einem Halbbogen um das Gebäude und am Gelände entlang führen. „Ob Umweltbildung unter diesen Bedingungen noch möglich ist, sei dahingestellt. Wir werden diese Pläne verhindern – ganz sicher. Wir lassen uns so etwas Einzigartiges hier nicht kaputt machen", sagt Ulrich Kaminsky.

Generelle Kritik: Ebenso wie der Geschäftsführer des Umweltzentrums sprechen auch die Salzufler Grünen dem gesamten Programm ihren Sinn ab. Sie fordern in einer Pressemitteilung den Ausstieg aus den Ausbauplänen der B 239. „Verkehrszählungen aus den Jahren 2005 und 2010 haben ergeben, dass das Verkehrsaufkommen abgenommen hat.

Ähnlich wie schon mehrere Bürgerinitiativen und Verbände sind auch die Bad Salzufler Grünen dagegen, die B 239 überdimensioniert auszubauen", heißt es in einem Schreiben, das die Ratsfraktion an Stephan Kühn, Grünen-Fachpolitiker im Bundestag, geschickt hat. Dr. Peter Bausch stört sich zudem an der mangelnden Perspektive: „Gerade die eigentlichen Ortsumgehungen Holzhausen und Lage werden niemals genehmigt. Dann endet die neue B 239 künftig an der Ostwestfalenstraße – das ist völlig sinnlos."

Straßen.NRW relativiert: Der Landesbetrieb bestätigte auf Nachfrage der LZ, dass der vom Bund gewünschte Ausbau der B 239 nicht in räumlicher Abfolge geplant wird. So wollen sich die Verantwortlichen nach dem Abschnitt Lockhauser Straße/Ostwestfalenstraße zunächst mit der Ortsumgehung Lage beschäftigen. Ein entsprechender Vorentwurf hierzu liege dem zuständigen Ministerium seit April zur Prüfung vor.

Die Ortsumgehung Holzhausen, die einst von der anderen Seite an die Ostwestfalenstraße stoßen soll, sei derzeit noch nicht in Planung. „Straßen.NRW"-Projektleiter Thomas Lange beruhigt derweil die Verantwortlichen der Heerser Mühle. So habe sich der Trassenverlauf entgegen der Pläne von 2014 noch einmal verändert. Zwar sei ein Eingriff in das Gelände des Umweltzentrums nicht ganz zu vermeiden, sei aber „weitgehend minimiert worden".

Die Stadt ist zufrieden: „Der Wirbel ist momentan etwas unbegründet", betont Rolf Oberweis, städtischer Beigeordneter und Baudezernent, gestern auf Anfrage der LZ und freut sich, dass Straßen.NRW im kommenden Jahr die konkreten Pläne auf den Tisch legen wird. So habe man auch aus seiner Sicht die Trassenführung so verschoben, dass das Umweltzentrum nur in geringem Maße betroffen sei.

Auch insgesamt seien die momentanen Vorstellungen für den Bereich Lockhauser Straße/Ostwestfalenstraße für die Stadtverwaltung tragbar. „Das innerstädtische Verkehrsnetz bleibt erhalten. Auch weil die alte B 239 zwischen Oerlinghauser Straße und Lockhauser Straße parallel zur neuen Bundesstraße weiter zur Verfügung steht", erklärt Rolf Oberweis. Der geplante Trassenverlauf sei daher „städtebaulich vertretbar".

Phantombrücke könnte bald einen Sinn bekommen
Jüngere Menschen, die nur aus alten Filmen das vergleichsweise geringe Verkaufsaufkommen kennen, werden sich wundern. Aber es existieren bereits seit Jahrzehnten Ausbaupläne für die wichtigsten Verkehrsrouten, die es in sich haben – und im Laufe der Zeit einige Veränderungen erfahren haben.

Bestes Beispiel ist die B 239n im Bereich des heutigen Umweltzentrums. „Die Linienführung von der Lockhauser Straße bis zur Ostwestfalenstraße war schon in den 1960er Jahren im Gespräch", weiß Thomas Lange, heute zuständiger Projektleiter beim Landesbetrieb Straßen.NRW. Im Vergleich dazu wirkt die aktuelle Planung eher wie ein homöopathisches Mittelchen. So hatten die Verantwortlichen die neue Trasse vor fünf Jahrzehnten als Brückenbauwerk quer durch das Wald- und Auengebiet gelegt. Vom Umweltzentrum, das dort 1987 als städtische Umweltbildungseinrichtung aus der Taufe gehoben wurde, fehlte da allerdings noch jede Spur.

So ist es auch zu erklären, dass bereits in den 1980er Jahren beim Bau der Ostwestfalenstraße eine weitreichende Entscheidung für die geplante B 239n getroffen wurde: Seit 30 Jahren existiert kurz vor dem Messezentrum eine Brücke, die noch auf ihren Sinn wartet. Dort haben die Bagger seinerzeit ein tiefes Loch gegraben, um eine Unterführung für die neue Bundesstraße vorzubereiten. Angesichts der Tatsache, dass dieser Gelände-Einschnitt von der Ostwestfalenstraße aus kaum zu sehen ist, dürfte die Brücke vielen Verkehrsteilnehmern unbekannt sein.

„Damals war man davon ausgegangen, dass die B 239n ebenfalls bald gebaut würde. Für die Strecke von Holzhausen bis Lage lagen schon Feststellungsbeschlüsse vor", erinnert sich Thomas Lange. Doch erfolgreiche Klagen gegen die Ortsumgehungen ließen die kurzfristige Umsetzung scheitern. Es folgte die Expo 2000 in Hannover und mit ihr der sechsspurige Ausbau der A 2, der alle Kräfte der Planer forderte.

Seit einigen Jahren nun setzt der Landesbetrieb wieder den Auftrag des Bundes um, den Ausbau der B 239 zu forcieren – wie erst gestern erneut im Bundesverkehrswegeplan bis 2030 vom Bundestag beschlossen. Damit scheint nun auch die Phantombrücke ihrer Bestimmung näher zu kommen. Immerhin sei dort laut Lange kein Geld verschwendet worden. So passe die Lage der Brücke auch zur neuen Linienführung der B 239n, die Rücksicht auf das Umweltzentrum nähme.

Kommentar: Unvollendete Krönung droht
Von Stefan Backe
Am Freitag hat der Bundestag grünes Licht für den Bundesverkehrswegeplan mit seinen 1000 Projekten gegeben. Von den mehr als 200 Millionen Euro sollen bis 2030 etliche nach Lippe fließen. Stichworte: Ortsumgehungen Lemgo und Lage sowie weitere wichtige Abschnitte der B 1, B 66, B 238 und B 239. Das klingt zunächst mal sehr positiv, erfordert aber auch eine kritische Kontrolle. Denn nicht jedes Projekt, das auf dem Reißbrett der Planer gut aussieht, hält auch dem Realitäts-, Kosten/Nutzen- und Umweltcheck stand.

Wie ein Dogma trägt der Landesbetrieb Straßen.NRW beispielsweise den kreuzungsfreien Ausbau der Ostwestfalenstraße vor sich her. Dass der provisorische Kreisel an der Oerlinghauser Straße in Salzuflen gemessen an den Herrichtungskosten überragend funktioniert, interessiert wenig – allen Protesten zum Trotz soll auch diese Kreuzung für 2,7 Millionen Euro (!) „knotenfrei" werden. Dumm nur, dass sich herausgestellt hat, dass der Rückstau auf die A 2 wenig später teils so stark ist, dass in Lockhausen sogar eine Ampel nötig wird. Aua.

Ein ähnliches Schicksal der unvollendeten Krönung droht auch dem ersten Teil der B 239n in Salzuflen. Hoffentlich wird dieser Abschnitt höchstens dann gebaut, wenn einst das Baurecht für die ganze Ortsumgehung Holzhausen niet- und nagelfest ist. Eine Brücke, die auf der Ostwestfalenstraße seit 30 Jahren auf den Verkehr der B 239n wartet, ist Mahnung genug.

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