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Horror-Tattoo: Kundin will sich gegen Salzufler Studio wehren

Alexandra Schaller

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Will damit nicht leben: Tatjana Schul zeigt eines der verunstalteten Tattoos auf ihrem Unterarm, das eine Lebensblume darstellen soll. Sie hat es bei einem Salzufler Tattoo-Studio stechen lassen und will den Tätowierer jetzt verklagen. - © Alexandra Schaller
Will damit nicht leben: Tatjana Schul zeigt eines der verunstalteten Tattoos auf ihrem Unterarm, das eine Lebensblume darstellen soll. Sie hat es bei einem Salzufler Tattoo-Studio stechen lassen und will den Tätowierer jetzt verklagen. (© Alexandra Schaller)

Bad Salzuflen. Eine Lebensblume sollte es werden. Schlicht mit geraden, feinen Linien sollte das Tattoo Tatjana Schul Unterarm zieren. Doch daraus ist nichts geworden. Schief sind die Blütenblätter, die Linien unregelmäßig, der Kreis verzerrt. Doch auf ein Entgegenkommen der Tätowierer wartet die Rechtsanwältin vergebens – jetzt will sie rechtlich gegen das Salzufler Studio vorgehen.

Dabei hat Tatjana Schul schon einige Studios ausprobiert. „Mein erstes Tattoo habe ich mir mit 18 Jahren stechen lassen. Natürlich gibt es bessere und schlechtere Tattoos auf meinem Körper – aber als ich dieses Werk gesehen habe, war ich fassungslos", erzählt die 44-Jährige.

Rückblick: Vergangenes Jahr zieht Tatjana Schul nach Salzuflen. „Auf meinem Unterarm prangte ein Schriftzug, den ich übertätowiert haben wollte", erinnert sie sich. Per Zufall wird sie auf das Tattoo-Studio nahe der Salzufler Innenstadt aufmerksam. „Der erste Eindruck war gut", erzählt sie. Also habe sie einen Termin gemacht.

Beim ersten Mal sticht ihr der Chef den gewünschten Phönix sowie ein schwarzes Band ums Handgelenk. „Da meine Haut recht dünn ist, schwillt sie schnell an, so dass ich im ersten Moment noch nicht das endgültige Ergebnis sehen konnte", erzählt sie. Nur eine Woche später kann sie zum nächsten Termin kommen. Ein Fehler, den sie bis heute bereut. „Hätte ich abgewartet, bis das erste Tattoo verheilt wäre, dann hätte ich gar nicht erst weitergemacht", blickt Tatjana Schul zurück. Sie weiß, sie hätte es besser wissen müssen. Doch sie lässt sich im Salzufler Studio zusätzlich die Lebensblume sowie eine Art Wald, aus dem Vögel aufsteigen, stechen.

Aus Körperkunst wird ein Alptraum

Doch das Ergebnis ist für die Rechtsanwältin ein Schock. „Der Tätowierer hat eindeutig grafische und technische Fehler gemacht", sagt sie. Teilweise habe er zu tief gestochen, die Farbe sei daher unter der Haut verlaufen und bilde keine gerade Linie. „Hier ist auch ein Weglasern nicht mehr möglich", weiß Schul. Zudem sei ihre Haut an vielen Stellen vernarbt, habe Schorf gebildet.

- © Tatjana Schul
Das verunstaltete Tattoo (© Tatjana Schul)

Ein Einsehen von Seiten des Tätowierers habe es nicht gegeben. „Ich wurde immer vertröstet", erzählt Schul. 450 Euro habe sie der „Spaß" gekostet – die will sie zurück. Plus zusätzliche 1500 Euro, die sie nun in eine Übertätowierung wird investieren müssen. „Wobei ich vermute, dass ein Cover-Up gar nicht möglich sein wird – dann werde ich mir den Unterarm komplett schwarz tätowieren lassen", sagt sie. Denn mit den jetzigen Tattoos so leben, dass wolle sie auf keinen Fall.

Ihr Schicksal wird bei Facebook heiß diskutiert

Nach einem Aufruf in einer Facebook-Gruppe wird zudem klar: Sie ist nicht die einzige. „Fast 400 Posts sind unter meinem Eintrag gelandet, und viele haben in diesem Studio dasselbe erlebt wie ich", erzählt sie. Ihr ist klar: Sie wird das Studio verklagen, sollten sie ihr nicht entgegenkommen. Chancen habe sie wohl – das Oberlandesgericht Hamm hatte in einem ähnlichen Fall für den Kläger entschieden.

Dass sie sich hätte besser informieren müssen, ist Schul bewusst. „Aber ich kannte hier niemanden, und der erste Eindruck war gut", resümiert sie. „Es war mein Fehler. Aber damit es nicht noch mehr Menschen so geht wie mir, müssen die Jungs jetzt für ihr Versagen gerade stehen." Das Studio war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

„Es gibt mehr schlechte als gute Tätowierer"

In Deutschland gibt es laut Maik Frey, Pressesprecher des Vereins „Deutsche Organisierte Tätowierer" (DOT), etwa 6500 Tattoo-Studios. Seiner Meinung nach seien darunter mehr schlechte als gute Tätowierer. Der DOT wurde 1995 gegründet und steht mit seinen rund 100 Mitgliedern für hohe Qualität, wenn es um Hygiene, Handwerk oder Tätowiertechnik geht. Aus dem DOT sind der „Bundesverband Tattoo" (BVT) sowie der europäische Verband „United European Tattoo Artists" (UETA) hervorgegangen. Mehr Infos unter www.dot-ev.de.

„Jeder kann sich Tätowierer nennen"

Ein gutes Tattoo-Studio weist vor allem eines aus: die Hygiene. Dem Thema hat sich auch der Verein „Deutsche Organisiert Tätowierer" (DOT) angenommen. „Hier würden wir uns als Verband wünschen, dass es verlässliche Einlasskontrollen für Neulinge gäbe", erklärt Maik Frey, der für die Pressearbeit des Verbands zuständig ist und ein Studio in Esslingen betreibt.

Vorstellen könne man sich als Verband etwa, dass jeder Tätowierer ein Hygieneseminar besuchen muss, bevor er einen Laden eröffnen darf. Auch eine verpflichtende Impfung gegen Hepatitis B wäre wünschenswert. „Eine bundesweite Regulierung wäre hier angebracht", betont Frey.

Laut Sabrina Hinder, Gesundheitsaufseherin beim Gesundheitsamt des Kreises Lippe, finden zumindest regelmäßige Kontrollen statt. „Wir versuchen, einmal jährlich die Tattoo-Studios zu besuchen", erklärt sie. Dabei orientiere man sich an der Hygieneverordnung des Landes NRW und achte unter anderem auf die Raumeinteilung oder die Sauberkeit der Instrumente.

Auf letzteres sollte auch der Kunde selbst achten, empfiehlt Hinder. „Der Tätowierer sollte in jedem Fall die Haut desinfizieren und sterile Instrumente benutzen", erklärt sie. Zudem sollte das Studio vor dem eigentlichen Termin besucht und ein Beratungsgespräch mit dem Tätowierer geführt werden.

Kunden sollten sich Mundpropaganda zu Herzen nehmen

Sich vorab über das Studio zu informieren, ist laut Maik Frey unabdingbar. „Mundpropaganda ist ein wichtiger Faktor. In Zeiten von Internet und Facebook sollte hier vorab gründlich recherchiert werden", rät er. Zudem seien lange Wartezeiten ein Indikator für ein renommiertes Studio. „Zudem gilt es sich einen Tätowierer zu suchen, der in dem Stil, den man sich für sein Tattoo wünscht, Profi ist", betont Frey.

Eine Regulierung hinsichtlich der handwerklichen Eignung eines Tätowierers hält Maik Frey für schwierig umzusetzen. „Momentan kann sich jeder Tätowierer nennen, der das nötige Werkzeug und einen Gewerbeschein besitzt. Wünschenswert wäre aber, wenn nicht jeder direkt sein eigenes Studio eröffnet, sondern bestenfalls vorab zwei bis drei Jahre bei einem erfahrenen Tätowierer in die Lehre geht", merkt er an.


So sind die Regeln: Tätowierer muss bei einem Pfusch Schadensersatz zahlen

Arbeitet ein Tätowierer unsachgemäß, muss er unter Umständen für die Entfernung des missglückten Körperkunstwerkes aufkommen. Ein entsprechendes Urteil hat das Amtsgericht Heidelberg gefällt, wie der Anwalt-Suchservice in Köln mitteilt (AZ.: 23 C 506/01).

Ob dieser Herr sein Schmetterlingstattoo auf dem Rücken je gesehen hat? - © Pixabay
Ob dieser Herr sein Schmetterlingstattoo auf dem Rücken je gesehen hat? (© Pixabay)

In dem Fall wünschte ein Mann ein Tattoo, das sich als Band um den Oberarm schlängeln sollte. Der Tätowierer ging bei seiner Arbeit jedoch so stümperhaft vor, dass der Kunde die Sitzung wegen zu starker Schmerzen abbrach. Das Tattoo blieb unvollendet, kurze Zeit später zeigten sich hässliche Narben auf dem Arm.

Der Kunde klagte vor Gericht auf Erstattung der Kosten für das Tattoo sowie auf Übernahme der Kosten für die Entfernung des verpfuschten Bildes durch den Tätowierer. Das Gericht gab dem Kläger Recht. Zur Begründung hieß es, die Narben auf dem Arm des Klägers seien Beweis für die unsachgemäße Arbeit.

In den 90ern war das sogenannte "Arschgeweih" kurzweilig in. Der Trend hielt allerdings nicht lange an... - © Pixabay
In den 90ern war das sogenannte "Arschgeweih" kurzweilig in. Der Trend hielt allerdings nicht lange an... (© Pixabay)

Der Tätowierer musste den Preis für die Anfertigung des Tattoos von 325 Euro erstatten und darüber hinaus 1500 Euro für die Entfernung des Tattoos zahlen. Auch für eventuelle Folgeschäden durch die Narbenbildung müsse der Beklagte aufkommen, entschied das Gericht.

Nichts dem Zufall überlassen: Tipps für den Studiobesuch

Ein Tattoo ist Geschmackssache. Damit Kunden mit dem Werk nach dem Besuch im Tatoo-Studio zufrieden sind, sollten sie vorab klare Vereinbarungen mit dem Tätowierer treffen - am besten schriftlich. Das empfiehlt der Deutsche Anwaltverein. Wenn das Tattoo danebengeht, muss der Kunde beweisen können, dass es nicht so geworden ist, wie vereinbart war. Dies gelingt am besten, wenn man sich anhand einer Skizze vorab über das Tattoo einigt. Sollte dann etwas schiefgehen, hat der Kunde ein Recht auf Nachbesserung. Der Tätowierer muss unter Umständen sogar Schmerzensgeld zahlen.

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