Streitgespräch: Radfahrer versus Fußgänger in der Salzufler Innenstadt

Bad Salzuflen. Sollte das Radfahren in der Salzufler Fußgängerzone erlaubt werden? Schon mehrfach hat die LZ darüber berichtet, und kaum ein anderes Thema wird so kontrovers von den Bad Salzuflern diskutiert. Im Streitgespräch trifft eine Fußgängerin auf einen passionierten Radfahrer.

Frau Mohr-Radicke, Herr Söhlke, wie sind Sie heute hierhin zum Interview gekommen?

Gertrud Mohr-Radicke : In die Stadt gehe ich immer zu Fuß – auch heute.

Rolf Söhlke : Dreimal dürfen Sie raten – mit dem Rad natürlich. Seit fünf Jahren fahre ich Pedelec. Und da ich Probleme mit der Hüfte habe, fällt mir das Radeln leichter als das Laufen.

Mehrmals pro Woche zieht es Sie in die Innenstadt. Sind Sie dann nur mit dem Rad unterwegs?

Söhlke : Ich habe auch ein Auto, aber das möchte ich gerne stehen lassen. Das Problem ist nur, dass man mir es hier in der Innenstadt verweigert, mit dem Rad zu fahren. Das ist ein erhebliches Manko.

Zu Fuß in die Stadt zu gehen, ist also keine Option?

Söhlke : Wenn ich Spazieren gehen will, da habe ich den Wald vor der Haustür. In die Stadt möchte ich – wie viele andere auch – lieber mit dem Rad fahren können. Das geht schneller.

Frau Mohr-Radicke, was stört Sie daran, dass durch die Fußgängerzone geradelt wird?

Mohr-Radicke : Gegen Radfahrer an sich habe ich überhaupt nichts, ich bin ja früher selbst gerne geradelt. Es stört mich aber, wenn hier durch die Fußgängerzone gebrettert wird. Ich habe schon häufig beobachtet, dass Radler nicht aufpassen und immer weniger Rücksicht auf Kinder, Hunde oder ältere Menschen genommen wird.

Waren Sie selbst schon einmal in einer gefährlichen Situation?

Mohr-Radicke: Ich habe schon häufig zur Seite springen müssen, wenn ein Radler herangebraust kam. Zudem bin ich schon diverse Male angepöbelt worden.

Was sagen Sie dazu, Herr Söhlke?

Söhlke : Dass gerade junge Leute etwas frech fahren, das ist natürlich nicht in Ordnung, das stimmt schon. Indem sie rücksichtlos sind, schaden sich die Radfahrer letztlich selbst. Anpöbeleien habe ich aber noch nicht mitbekommen. Und ich selbst passe auf, wenn ich sehe, dass Kinder oder Hunde unterwegs sind. Das ist für mich selbstverständlich.

Mohr-Radicke : Dennoch ist der Fußgänger immer noch der humanere der beiden.

Söhlke : Das würde ich so nicht stehen lassen wollen. Ich lege mich mit Fußgängern gar nicht erst an. Aber es ist schon so, dass ein Fußgänger schneller ausweichen kann als ich. Und ein Sturz trifft den Radler härter als den Fußgänger. Dazu will ich es doch auch nicht kommen lassen.

Herr Söhlke, Sie stören sich am Begriff &bdquo;Fußgängerzone"...

Söhlke : Daraus sollte viel mehr eine Zone für Fußgänger und Radfahrer werden. Platz genug ist doch da. In Lemgo wird derzeit auch diskutiert, ob man im Schritttempo durch die Fußgängerzone fahren darf. Es müsste ein vernünftiges Miteinander gefunden werden.

Mohr-Radicke : Aber wäre stattdessen ein Parkplatz für Fahrräder nicht die bessere Alternative? Dann könnte man sein Rad abstellen und die paar Schritte in die Stadt laufen.

Söhlke : Eine Möglichkeit wäre es. Aber ich fände es besser, man würde den Fußgängerbereich kleiner machen und den Radlern Zugang gewähren.

Mohr-Radicke : Aber der ist doch schon viel zu klein. Wie soll das denn funktionieren, wenn sich überall Tische vor den Cafés befinden oder die Geschäfte ihre Auslagen vor der Tür stehen haben? Wo soll das abgeteilt werden?

Söhlke : Aber überlegen Sie doch mal: Die Millau-Promenade, Bleichstraße, der Rote Platz – der Bereich ist riesengroß, da könnte man doch fahren. Und da sind auch kaum Fußgänger. Man könnte wunderbar einen Bereich für Radler freigeben, damit man an der Peripherie vorbeifahren kann.

Könnten Sie damit leben, Frau Mohr-Radicke?

Mohr-Radicke: Natürlich müssen die Radler irgendwie durch die Stadt kommen. Aber eben nicht auf Kosten der Fußgänger in der Fußgängerzone.

Söhlke : Wo Geschäfte und Cafés sind, da sehe ich es ein, dass es für Radler schwierig wird. Aber wo die Busse durchfahren – etwa von der Steege in Richtung Herforder Tor – da könnte man das auch den Radlern erlauben. Dann hätte man da schon mal eine mögliche Route, auf der man schneller durch die Stadt kommt.

Wäre damit ein möglicher Kompromiss gefunden?

Söhlke : Wenn man außen an der Salze entlang an der Fußgängerzone vorbeifahren könnte und eine Querverbindung schaffen würde, wäre das optimal. Das müsste doch machbar sein. Die Fußgänger sollten nicht alles beherrschen dürfen.

Mohr-Radicke : Da hätte auch ich überhaupt kein Problem damit. Es muss eben eine gemeinsame Lösung und gegenseitige Toleranz geben.

Totale Freigabe birgt Gefahren Ein Kommentar von Thomas Reineke

Fußgängerzonen rund um die Uhr für Radfahrer zu öffnen, wie es aktuell in Bad Salzuflen und Lemgo diskutiert wird, ist ein heikles Thema. Denn: Nicht alle Radfahrer bringen im Sattel das nötige Gespür für kleine oder alte Fußgänger mit, die mal eben nicht beiseite springen können, wenn es brenzlig wird. Moderne Räder, zumal wenn sie mit einem Motor ausgerüstet sind, verleiten zum schnellen Fahren – was die Gefahr des Zusammenpralls erhöht. Dazu kommt, dass die meisten Fußgängerzonen nicht für Radfahrer freigegeben sind. Gäste oder Urlauber, wie es sie beispielsweise in großer Zahl in Bad Salzuflen gibt, könnten von zu Hause aus Anderes gewohnt sein.

Klar, vieles hängt von der gegenseitigen Rücksichtnahme ab. Aber die Lebenserfahrung sagt, nicht alle spielen da mit und sind nur im Schritttempo unterwegs. Dass das Radeln in den meisten Fußgängerzonen nach wie vor zumindest zu den Geschäftszeiten verboten ist, kommt nicht von ungefähr und hat sicher nicht mit einer generellen radfahrerfeindlichen Einstellung zu tun.

Aber: In beinahe jeder Stadt dürfte es auch in der Innenstadt Abschnitte geben, wo gleichzeitig Platz für Fußgänger und Radfahrer ist. Wie zum Beispiel in Bad Salzuflen in der Steege oder entlang der Millau-Promenade. Ein auf den Steinen angebrachter Streifen könnte sig-nalisieren: Vorsicht, hier sind Radfahrer unterwegs. Möglichkeiten gibt es also, eine generelle Freigabe ist hingegen keine gute Lösung.

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