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ADFC gibt Tipps zum Fahren mit dem E-Bike

Alina Hetland

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Langsam fahren: Britta Lindner-Kirchner beherrscht den Slalomparcours schon ziemlich gut. Rolf Pühse vom Radsportverein Knetterheide zeigt, wo es weiter zur Station für die Gefahrenbremsung geht.  - © Alina Hetland
Langsam fahren: Britta Lindner-Kirchner beherrscht den Slalomparcours schon ziemlich gut. Rolf Pühse vom Radsportverein Knetterheide zeigt, wo es weiter zur Station für die Gefahrenbremsung geht.  (© Alina Hetland)

Bad Salzuflen. Die Verkaufszahlen der Pedelecs und Elektro-Räder steigen, das moderne Bike verspricht vor allem Rentnern, ein Stück Lebensqualität zurückzugewinnen. Damit das neue Freiheitsgefühl aber nicht im Sturzflug endet, bietet die Stadt Bad Salzuflen gemeinsam mit dem ADFC ein spezielles Training an, das Wieder-Aufsteigern und Umsteigern die Besonderheiten ihres neuen Fahrzeugs aufzeigt. Den Trend haben die Initiatoren vorausgesehen, erzählt Bürgermeister Roland Thomas, der auch einen „Stadthelm" unter den Teilnehmern verlost.

Aufsteigen: „Klingt banal, wird aber oft genug bereits zum ersten Problem." Werner Jodeleit spricht aus Erfahrung: Da stelle manch ein unbedachter Radler die Unterstützung einfach auf „volle Pulle", und beim Heruntertreten des Pedals sprintet das Pedelec über die Kreuzung, während es dem überraschten Fahrer im besten Fall noch mit viel Glück gelingt, alles passend auszubalancieren. Um zu verhindern, dass das Rad also plötzlich ohne seinen Fahrer losdüst, rät Jodeleit: „Immer auf kleinster Stufe anfahren!"

Ein weiteres Problem:Die Radfahrer kippen um, weil das Gewicht des motorverstärkten Rades unterschätzt und mangels Körperkraft nicht abgefangen werden könne.

Bremsen: „Auch das muss unbedingt geübt werden. An Ausfahrten und Grundstückseinmündungen ist das Gefahrenpotenzial enorm hoch", sagt der Experte.

Macht man sich bewusst, dass der Bremsweg für ein 25km/h schnelles Pedelec genauso lang ist wie der eines Autos, werde deutlich, warum das vorausschauende Fahren mit dem E-Bike umso wichtiger ist: 13 Meter sind es im Durchschnitt bei einer Gefahrenbremsung (inklusive Reaktionszeit). „Das ist eine große Häuserfront", erklärt Fahrlehrer Werner Jodeleit.

Am empfehlenswertesten sei die Benutzung der beider Lenkradbremsen, bevor auf Rücktrittbremse gestiegen werde. „Die Rücktrittbremse ist bei vielen älteren Fahrern beliebt, eignet sich kaum in einer Gefahrensituation", fügt Jodeleit hinzu. Stünden die Pedale im ungünstigen Winkel, lasse sich hierüber zu wenig Druck ausüben, der Fahrer könne durch den veränderten Schwerpunkt leicht aus dem Gleichgewicht geraten oder müsse zuerst umtreten, um die Pedale in die erforderliche Stellung zu befördern. „Das kostet viel zu viel Zeit", konstatiert der Fahrlehrer.

Langsam Fahren: Ähnlich wie beim Mofa oder Roller, sei beim Pedelec nicht das schnelle Fahren die Herausforderung, sondern das langsame Radfahren. Durch die fehlende Fliehkraft müsse ein relativ schweres Fahrzeug manuell in der Balance gehalten werden. Im Praxisteil des Seminars dürften sich die Teilnehmer genau dieser Herausforderung stellen: „Der desolate Zustand des Hütchen-Parcours zeigt deutlich, wie anspruchsvoll ein scheinbar einfacher Slalomkurs sein kann." Auch Rentnerin Ruth Wolfmeier ist überrascht: „Die engen Lenkbewegungen fallen mir beim langsamen Fahren doch sehr schwer. Das hätte ich nicht gedacht."

Solche Erkenntnisse seien wichtig, findet Rolf Pühse vom Radsportverein Knetterheide. So schaffe man ein Bewusstsein für Defizite, auf die man ansonsten vielleicht erst mitten im Straßenverkehr treffe, wo sie womöglich zu schlimmen Unfällen führen könnten. „Deshalb finde ich diese Veranstaltung enorm wichtig", stimmt Bürgermeister Roland Thomas zu.

Fahren 2.0: „Viele Fahrer verlernen mit dem Umstieg auf ein unterstütztes Rad das Schalten", bedauert Werner Jodeleit. Der bequeme Klick am Motor verführe schnell dazu, Anstrengungen nur noch über die Unterstützung zu regeln. „Stattdessen sollte in der Rangfolge immer das altmodische Schalten den Vorrang haben", so Jodeleit. Erstens spare diese Vorgehensweise Akkuleistung, vor allem aber behalte der Fahrer so die Kontrolle über sein Rad und „kann nur so einen ordentlichen und sicheren Brems- oder Verlangsamungsprozess einleiten." Zusätzlicher Vorteil: An der Ampel starte das Rad beim Wiederanfahren nicht im falschen Modus.

Und wie schnell darf ich nun mit meinem E-Bike fahren?

Die Antwort ist eigentlich denkbar simpel: „So schnell wie die Autos eben auch", informiert der Fahrlehrer. Im Verkehrsberuhigten Bereich sind das 5-7 km/h, Schrittgeschwindigkeit. Dafür gelte in allen anderen Zonen auch für die Elektroräder die Höchstgeschwindigkeit.

Sichtbarkeit: Um sicher im Stadtverkehr unterwegs zu sein, ohne dass einem „der Außenspiegel des Autos in der Hosentasche hängt", wie es Fahrlehrer Werner Jodeleit scherzhaft formuliert, kann man auch als Radfahrer einiges tun. Eine ganz einfache, aber sinnvolle Maßnahme ist es, auch tagsüber mit Licht zu fahren. Im Duett mit möglichst auffälliger, heller Kleidung wirkt das Ganze nicht nur noch einen Hauch sportlicher, sondern hebt sie im dichten Verkehr auch deutlicher hervor. Der Fahrlehrer rät dazu, sich stets mittig einzuordnen: „Nutzen Sie den kompletten Fahrstreifen. Zum Beispiel an der Ampel oder beim Abbiegen. Auf diese Weise wird der Autofahrer nicht zu gefährlichen Überholmanövern verleitet", empfiehlt Jodeleit

Für den eigenen Überblick sei außerdem ein Spiegel am Lenker sinnvoll. Handzeichen seien ein Muss, genau wie der obligatorische Schulterblick. Wer sich aber aus Alters- oder Mobilitätsgründen nicht gut umschauen könne, der müsse an Kreuzungen absteigen. „Dann muss das Rad eben geschoben werden", sagt Werner Jodeleit.

Das sagt die Polizei: Polizist Ulrich Wagemann beobachtet die wachsenden Zahlen der motorisierten Fahrräder im Verkehr. Dass sie in der Unfallstatistik vermehrt auftauchten, liege daran, dass es einfach viele E-Bikes unterwegs seien. In den Trainings stelle er fest, dass viele Wiedereinsteiger ihre anfängliche Unsicherheit teilweise ablegen können: „Nach dem Tag wirken die Fahrer häufig viel sicherer. Schon wenig gezielte Übung mache hier einen Unterschied."

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