Bad Salzufler klagt gegen Mercedes

Bad Salzuflen/Ehrsen-Breden. Thomas Müller ist sauer. 2017 hat er sich einen gebrauchten Mercedes gekauft. Nun will er von Daimler das Geld zurück. Der Grund: Seiner Ansicht nach ist in dem Diesel-Fahrzeug eine Manipulationssoftware verbaut, die die Abgaswerte beschönigt. Vor dem Landgericht Detmold unterlag der 56-Jährige Ende Januar jedoch. Aufgeben will er aber nicht.

Die Vorgeschichte: Vor fast drei Jahren hat sich Müller einen Mercedes GLK 220 mit Dieselmotor von einem Mercedes-Händler in Hamburg gekauft. Bezahlt hat er für den damals knapp dreieinhalb Jahre alten Wagen 30.650 Euro. &bdquo;Ungefähr ein halbes Jahr lang habe ich online etwa 220 Autos beobachtet und mich dann für diesen entschieden", erzählt er. Er habe ein Auto gesucht, dass gemessen an der Größe sparsam sei und umweltfreundlich. Schon seit fast 18 Jahren fahre er mittlerweile Mercedes, berichtet der Elektriker. &bdquo;Bereits mein Vater hat die Marke gefahren." Nie habe es größere Probleme gegeben. Umso überraschter sei er gewesen, als er einige Zeit nach dem Kauf sein neues Modell in der &bdquo;Tagesschau" gesehen habe. Berichtet worden sei über Unregelmäßigkeiten bei der Abgasmessung.

Das Thermofenster: In dem Auto, das mit dem Motor &bdquo;OM651" ausgestattet ist, befindet sich ein sogenanntes Thermofenster. Laut Mercedes handelt es sich dabei um eine Vorrichtung, die den Motor vor Versottung schütze soll: Bei niedrigen Temperaturen wird die Abgasreinigung heruntergefahren, um empfindliche Bauteile zu schützen. Alles sei gesetzlich konform.

Das Handelsblatt erklärt das Verfahren wie folgt: Wenn Dieselabgase mit beispielsweise in &bdquo;Adblue" enthaltenem Harnstoff von Stickoxiden befreit werde, entstehe eine Art Schleim, der Motorleitungen schädige. Um das zu vermeiden, fahre die Elektronik die Abgasreinigung bei niedrigen Temperaturen herunter oder setze sie ganz aus. &bdquo;So bleiben zwar die Bauteile unbeschädigt, aber andererseits bleiben eben auch die Stickoxide in den Abgasen", schreibt das Handelsblatt. Nach Ansicht von Thomas Müller und anderen Klägern handelt es sich bei dem Thermofenster um eine Manipulationssoftware: Bei niedrigen Temperaturen würden die gesetzlichen Grenzwerte für Stickoxide erheblich überschritten.

Die Klage: Der Motor sei technisch nicht in der Lage, sämtliche vorgeschriebenen und zugesicherten Grenzwerte im Fahrbetrieb einzuhalten, heißt es in der Klageschrift, die Müllers Anwältin vor dem Landgericht Detmold gegen Daimler eingereicht hat.

Müller fordert darin, dass Daimler ihm den Kaufpreis plus Reparaturen erstattet: knapp 35.000 Euro. Das Gericht lehnte die Klage allerdings ab. Es sieht keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Müllers Vorwurf, es handele sich um eine Motorsteuerungssoftware, die den Stickoxidausstoß unter den Bedingungen des Prüfstandbetriebs optimiere, erfolge &bdquo;ins Blaue". Es gibt aber Gerichte, die ähnliche Fälle anders bewerteten. Das Landgericht in Stuttgart beispielsweise gab einem Kläger in Teilen recht, nachdem bereits ein Software-Update aufgespielt worden war. Zur Begründung heißt es: Es &bdquo;ist davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug jedenfalls vor dem Software-Update mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgerüstet gewesen ist". In Folge des Updates sei eine höhere Dosierung von &bdquo;Adblue" erforderlich.

So geht es weiter: Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) hat nun angeordnet, dass Müllers Auto verpflichtend zurück in die Werkstatt muss, um ein Software-Update aufzuspielen. Eine Aktualisierung der Software komme für ihn aber nicht in frage, sagt Müller, auch wenn ihm dann die Stilllegung seines Autos drohe. &bdquo;Ich fürchte, dass eine Softwareaktualisierung die Leistung des Motors verschlechtert." Zwar gibt Daimler laut Schreiben zwei Jahre Garantie auf das Update. Das reicht Müller aber nicht: &bdquo;Ich möchten den Wagen noch gerne zehn Jahre fahren. Dann möchte ich auch zehn Jahre Garantie darauf haben." Müller jedenfalls gibt sich kämpferisch. &bdquo;Wenn meine Rechtsschutzversicherung nicht mehr einspringt, überlege ich, das selbst zu bezahlen ."

"Notwendige Sturheit" Ein Ziwschenruf von Sven Kienscherf

Handelt es sich bei dem sogenannten Thermofenster von Daimler nun um eine unerlaubte Abschalteinrichtung, um die Schadstoffwerte zu beschönigen? Dieser Ansicht sind Kläger wie der Bad Salzufler Thomas Müller. Sie ziehen damit eine Analogie zur Betrugssoftware von VW. Oder dient das Thermofenster dem Schutz des Motors, wie Daimler sagt? Der Unterschied beider Systeme liegt darin, dass die Abschalteinrichtung, die VW verbaut hat, auf dem Prüfstand andere Schadstoffwerte ausgibt als auf der Straße.

Bei Daimler ist die Software an die Außentemperatur gekoppelt, was aber zu einem ähnlichen Ergebnis führt. Nur lässt sich nach Ansicht vieler Richter ein Schädigungsvorsatz nicht nachweisen. Für Kunden wie Müller ist das eine akademische Diskussion. Für ihn steht fest: Das Auto hält nicht, was der Hersteller verspricht. Mit einem Software-Update will er sich nicht zufrieden geben. Das kann man sturköpfig nennen, aber genau diese Sturheit ist notwendig, damit sich Automobilkonzernen künftig zweimal überlegen, was sie dem Kunden verkaufen.

Bad Salzufler klagt gegen Mercedes

OVG: Abschalteinrichtung bei Diesel-Autos rechtswidrig

Diesel-Skandal: EuGH weist Volkswagen-Argumentation zurück

Daimler Truck und Toyota legen Lkw-Töchter in Asien zusammen

Polizei sucht mit Foto: 16-Jährige aus Horn-Bad Meinberg wird vermisst

Polizeischüsse in Bad Salzuflen: Gericht lehnt Beschwerde des angeschossenen Fahrers ab

Inner Wheel Club Lemgo-Bad Salzuflen spendet für die Ukraine

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €