Bad Salzuflen. Wie steht es um die Gegenwart der Photovoltaik-Technologie und ist Solarstrom auf einem Dach heutzutage überhaupt rentabel? Die wichtigsten Fragen, die vor der Anschaffung einer PV-Anlage aufkommen, klärt die LZ mit Claus Preuss, Geschäftsführerender Gesellschafter von „Planet in Green“ in Biemsen.
2023 wurden in Deutschland so viele neue Solaranlagen errichtet wie nie zuvor. Laut Bundesnetzagentur gingen Systeme mit einer Spitzenleistung von rund 14 Gigawatt auf Dächern und Frei?ächen neu in Betrieb. Und 2024? War es ein gutes Jahr?
Claus Preuss: Ein schwieriges Jahr. Insgesamt gab es 2024 zwar ein weiteres Auftragsplus, gleichzeitig drängten aber viele neue Player in den Markt, die vom Solarboom profitieren wollten. Insbesondere bei kleinen Dachanlagen auf Privathäusern kam in der Branche ein enormer Preisdruck auf.
In puncto Stromerzeugung gilt Solarstrom unumstritten als Technologie des 21. Jahrhunderts. Will man die Klimaziele erreichen, so der Tenor, müssten erneuerbare Energien in den nächsten Jahren massiv ausgebaut werden. Was heißt das konkret?
Claus Preuss: Euphorisch betrachtet ist es die Chance, noch lange erfolgreich in diesem Markt agieren zu können. Realistisch betrachtet führt der mangelnde Netzausbau dazu, dass man die immer größeren Strommengen nicht mehr abnehmen kann.
Was muss sich in jedem Fall ändern?
Claus Preuss: Es müssten Anlagen so konzipiert werden, dass der Eigenverbrauch steigt. Was generell dazu führt, dass die Anlagen kleiner ausfallen würden.
Was wollen Hausbesitzer in erster Linie? Soll ihr Energiebedarf zu jedem Zeitpunkt durch eigene Erzeugungskapazitäten gedeckt werden oder nur per saldo?
Claus Preuss: Die Mehrheit wünscht sich, möglichst unabhängig vom Stromversorger zu sein.
Geht es den Immobilienbesitzern stärker ums Geld oder um die CO2-Emissionen?
Claus Preuss: Auch wenn der grüne Daumen bei etlichen Kunden durchaus eine Rolle spielt, so ist die Wirtschaftlichkeit der Anlage maßgeblich. Eine Anlage muss sich selbst bezahlen.
Wer eine Photovoltaik-Anlage betreibt, kann den Strom für „kleines Geld“ pro Kilowattstunde erzeugen. Beim Energieversorger müssen mehr als 30 Cent pro Kilowattstunde gezahlt werden. Also rechnet sich jede Anlage. Oder?
Claus Preuss: Nein! Ein Jurist würde sagen: Es kommt darauf an. Es gibt viele Faktoren, die man berücksichtigen muss: die Standortbedingungen wie die Dachausrichtung oder die Verschattung, ferner die vorhandene Elektro-Infrastruktur. Oder der maximale Eigenverbrauchsanteil. Simpel gesagt: je höher die Investitionskosten und je geringer der Eigenverbrauchsanteil, desto schlechter wird die Rendite.
Sind die Eigentümer von Einfamilienhäusern - im Vergleich zu Mehrfamilienhäusern - klar im Vorteil?
Claus Preuss: Im Grunde natürlich schon. Sie können Entscheidungen selbstständig treffen und den erzeugten Solarstrom direkt für sich selbst nutzen. Bei Mehrfamilienhäusern ist ein Konsens mit anderen Eigentümern nötig.
Wechseln wir mal vom Einzelfall zur Branche. Gibt es so was wie die „große Herausforderung“ für 2025?
Claus Preuss: Wenn ich zwischen verschiedenen Herausforderungen wählen müsste, dann wäre das vielleicht der Netzausbau und die Netzstabilität. Aber auch die Rechtssicherheit was Baurecht und Einspeisevergütung angeht.
Am meisten Strom wird im Sommer zur Mittagszeit erzeugt, das Auto soll aber möglichst nachts geladen werden, wenn es ohnehin in der Garage steht. Welche Probleme muss die Branche rein technisch lösen?
Claus Preuss: Die Energie muss effizient gespeichert werden, man braucht ein intelligentes Energiemanagement. Technisch darstellbar ist heute schon vieles.
Eine Photovoltaik-Anlage könnte auch auf dem Dach eines Industriegebäudes oder einer Behörde stehen
Claus Preuss: Natürlich. Wir planen und bauen Anlagen seit Jahren auf gewerblichen Dächern und auch für Kommunen. Der erreichbare Eigenverbrauch steht hier besonders im Fokus. Wenig Chancen sehe ich zukünftig für Photovoltaik auf Dächern von Gebäuden, die keinen oder kaum Strom benötigen.
Ist das Thema Balkonkraftwerk noch ein Trend?
Claus Preuss: Ja, davon gehe ich aus. Dieser Markt wächst. Und nachdem sich die gesetzlichen Regelungen vereinfacht haben und die Preise gesunken sind, wird dieses Marktsegment sicherlich erfolgreich bleiben.
Gibt es weitere kreative Ideen, aktiv zu werden?
Claus Preuss: Technisch betrachtet werden wir uns noch intensiver mit der Leistungsfähigkeit der Batterien auseinandersetzen.
Schauen wir mal auf das Gesetz. Die EEG-Umlage war für viele ein Buch mit sieben Siegeln
Claus Preuss: Die EEG-Umlage wurde ja inzwischen abgeschafft. Wir haben es dem EEG allerdings zu verdanken, dass wir heute überhaupt so einen hohen Anteil an Erneuerbaren in unserem Strommix haben.
Viele Länder folgten unserem Beispiel, änderten aber sukzessive die Bedingungen .
Claus Preuss: Das EEG war ein immens erfolgreicher Export. Viele Länder kürzen jedoch bereits nach zwei oder drei Jahren die Vergütungen, teils rückwirkend, weil es zu einer großen finanziellen Belastung wurde und auch Investoren aus dem Ausland den großen Zubau verursachten.
Die Vergütungssätze waren in der Vergangenheit vergleichsweise hoch. Wie hoch in der Spitze?
Claus Preuss: Über 50 Cent pro Kilowattstunde. Heute sicherlich unvorstellbar. Ich habe 2009 eine kleine Anlage auf meinem Dach installiert. Da werden noch 43 pro Kilowattstunde ausbezahlt. Man darf aber auch nicht vergessen, dass damals die Investitionskosten um ein Vielfaches höher waren.
Die Vergütung nimmt also seit Jahren ab. Wohin führt der Weg?
Claus Preuss: Das Ziel ist sicherlich, dass es keine Vergütungen mehr gibt. Der Eigenverbrauch wird zukünftig im Fokus stehen.
Und noch einmal eine Dimension größer: Deutschland. Läuft die Energiewende hier störungsfrei?
Claus Preuss: Aus meiner Sicht sicherlich nicht. Sie macht große Fortschritte, der Ausbau der Erneuerbaren schreitet stetig voran. Aber es ist umstritten, diesen Ausbau durch Fördermaßnahmen weiter zu pushen, wenn Netze dadurch überlastet werden können.
Persönlich
Claus Preuss (59) lebt in Bad Salzuflen-Wüsten. Die „Planet in Green“ Firma existiert seit 2006. Preuss ist geschäftsführender Gesellschafter.