Bürger können neues Wohngebiet in Barntrup nach ihren Vorstellungen planen

Barntrup. Barntrup geht neue Wege in Sachen Wohnen: Im Norden der Stadt, zwischen der Hinteren Lohbreite und der Umgehung, soll ein neues Wohngebiet entstehen – und zwar nach den Wünschen der Bürger. Sie sollen nicht nur mitgestalten, sondern auch profitieren. Denn auf der anderen Seite der Umgehung soll ein Solarpark entstehen, der das neue Wohnquartier mit Strom versorgt. Erste Ideen dazu haben sich etwa 30 Teilnehmer einer Infoveranstaltung angehört. Die Stadt hofft nun auf mehr Beteiligung und setzt zunächst auf einen Fragebogen, der auf ihrer Internetseite zu finden ist.

Das Wohnbauprojekt mit dem Namen &bdquo;Barntrup regenerativ“ soll nicht weniger als &bdquo;Vorbildfunktion für ganz Deutschland“ haben und basiert auf drei Säulen: einer lokalen Energiegenossenschaft, nachhaltigem Bauen und moderner Infrastruktur. So sollen Lebensqualität, Klimaschutz und wirtschaftliche Perspektiven vereint werden.

Energieversorgung der Zukunft Felix Rodenjohann, Geschäftsführer von &bdquo;Ansvar2030“, einer Beratungsfirma für kommunale Wirtschaftsförderung und Klimaschutz aus Oldenburg, machte zu Beginn der Veranstaltung deutlich: &bdquo;Es geht darum, die größte Herausforderung der Menschheit in den Griff zu bekommen – den Klimawandel.“ Deutschland liege auf dem Klima-Risiko-Index &bdquo;recht weit oben“. Unwetter nähmen zu, Versicherungen seien deshalb alarmiert und erhöhten ihre Beiträge. &bdquo;Es gibt gewisse Risiken, die nicht mehr versichert werden können“, so Rodenjohann.

Eine Lösung? Fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas zu meiden, weil sie Treibhausgase in die Atmosphäre schleudern, und stattdessen auf erneuerbare Energie wie Sonne und Wind zu setzen. Darum sei die kommunale Wärmeplanung zur Pflichtaufgabe geworden. &bdquo;Das ist das, was wir tun können, und es ist nicht zu unserem Nachteil“, versprach Rodenjohann. &bdquo;Die Sonne liefert mehr Energie, als wir verbrauchen können“, sagte Ben Broda, operativer Geschäftstführer bei &bdquo;Ansvar2030“. Und diese Solarenergie – ebenso auch aus Windkraft – ist laut Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme mit acht Cent pro Kilowattstunde für die Erzeugung und Speicherung sogar günstiger als fossile und atomare Energie.

Ladepark statt Wallboxen Idealerweise sollte der lokal gewonnene Strom laut den Energieberatern für Privathaushalte, Wirtschaft und Kommune vor Ort bereitgestellt, in Wärme für Gebäude und Industrie umgewandelt sowie für den Antrieb von Autos und Nutzfahrzeugen verwendet werden. Zunächst wollte &bdquo;ansvar2030“ auch nur den Solarpark umsetzen, doch dann kam die Idee zu der neuen Siedlung. Grundstein solch eines Projektes sei es, die Menschen vor Ort mitzunehmen. Und Beispiele, dass so etwas klappen kann, gebe es, etwa die Modellsiedlung der kirchlichen Energiegemeinschaft Wesermarsch oder ein Projekt im Rhein-Hunsrück-Kreis.

&bdquo;Ansvar2030“ wolle so etwas auch in Barntrup initiieren. In Kooperation mit &bdquo;Enerparc“, einem Solarenergie-Unternehmen aus Hamburg, sollen Teile eines neuen Solarparks in Bürgerhand überführt werden, wie es in einer Mitteilung heißt. So könnten Privatpersonen und Unternehmen durch eine Beteiligung direkt vom Ausbau erneuerbarer Energien profitieren. Heizkosten könnten sinken, E-Mobilität könnte günstiger werden. Außerdem profitiere die Kommune. Im Quartier sollen alle durch Sammelbestellungen beispielsweise von Wärmepumpen und Ladestationen sparen. Statt einer Wallbox in jeder Garage könnte so ein Ladepark für alle im Quartier entstehen.

Modularer Holzbau Doch zur Nachhaltigkeit gehört mehr als Strom aus regenerativen Energien. Für Neubauten sind &bdquo;enorme Ressourcen notwendig“, die gleichzeitig &bdquo;irrsinnig teuer geworden“ sind. &bdquo;Wie können wir das ändern?“, fragte Rodenjohann. &bdquo;Indem wir anders bauen“, lautete seine Antwort. &bdquo;Ansvar2030“ setzt auf modularen Holzbau und hat mit dem Bauunternehmen &bdquo;Timpla“ aus Eberswalde einen Experten auf diesem Gebiet gefunden.

Damit ließen sich unterschiedlichste Wohnformen realisieren – ob es barrierefreie Eigentumswohnungen seien, möblierte Appartements für Studenten, Tiny Houses, Gebäude mit Gewerbeflächen, Einfamilienhäuser, Mehrgenerationenhäuser oder sozialer Wohnungsbau in Mehrfamilienhäusern. Was es genau wird, dabei sollen alle Interessierten - ob aus Barntrup oder der Umgebung - mitreden und mitplanen, um eben nicht am Bedarf vorbei zu bauen.

Außerdem schwebt den Beratern ein multifunktionaler Freiraum vor: offene Gärten statt Vorgarten und Garten für jedes Haus. So lasse sich mehr Lebensraum auf weniger Fläche realisieren. Letztendlich sei das Quartier auch eine Chance zur Belebung der Barntruper Innenstadt. &bdquo;Unser Ansatz ist, Alt und Neu zu verbinden“, sagte Rodenjohann.

&bdquo;Aktuell keine Bauplätze mehr“ Im Anschluss an den Vortrag ergriff zunächst Bürgermeister Borris Ortmeier das Wort. Er verglich das Vorgehen bei &bdquo;Barntrup regenerativ“ mit den neuen Anliegerversammlungen bei Straßenausbaumaßnahmen, zu denen die Verwaltung mittlerweile mit einer leeren Planung komme, um sich ganz nach den Wünschen der Anwohner zu richten. Und er machte deutlich: &bdquo;Wir haben aktuell keine Bauplätze mehr, wenn überhaupt nur noch einzelne in den Ortsteilen.“ Wenn das Vorhaben realisiert wird, müsste also der Flächennutzungsplan geändert werden.

Von den Zuhörern gab es viele Fragen. Einer wollte wissen, ob auch Erdwärme genutzt werden könnte im Quartier. Rodenjohann bestätigte, dass man technologieoffen sei. Ortmeier entgegnete, dass die dazu notwendigen Messergebnisse der sogenannten Vibro-Trucks, die im vergangenen Jahr durch Lippe gerollt sind, voraussichtlich im November vorliegen. &bdquo;Es sieht aber gut aus“, so der Bürgermeister.

SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Schwekendiek fragte nach dem Zeitrahmen. Rodenjohann sagte, dass seit März die artenschutz- und naturschutzrechtlichen Bestimmungen geprüft würden. Die Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen. Bis dahin sollen auch die Umfragen ausgewertet sein. Sollte die Planung dann zeitnah im Rat beschlossen werden, könnten im kommenden Jahr die Bauleitplanung und parallel die Vermarktung vonstattengehen.

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