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Ruhestätten in Blomberger Dörfern sollen von Anwohnern umsorgt werden

Sven Koch, Patrick Bockwinkel und Yvonne Glandien

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Das Ehrenmal auf den Friedhof in Höntrup soll noch einmal von der Stadt gründlich gereinigt werden, ehe die Dorfgemeischaft die Pflege der Ruhestätte übernimmt. - © Patrick Bockwinkel
Das Ehrenmal auf den Friedhof in Höntrup soll noch einmal von der Stadt gründlich gereinigt werden, ehe die Dorfgemeischaft die Pflege der Ruhestätte übernimmt. (© Patrick Bockwinkel)

Blomberg. Die Dorfgemeinschaft Dalborn ist die erste, die in der Großgemeinde Blomberg die Pflege ihres Friedhofs übernommen hat. „Dafür verdienen die Einwohner Respekt, Anerkennung und unsere weitere Unterstützung", sagte Bürgermeister Klaus Geise im Hauptausschuss, in dem er den Sachstand des neuen Friedhofskonzepts vortrug.
Dem Beispiel Dalborn wollen in Kürze weitere Dorfgemeinschaften folgen – wenn nicht ein Veto durchkommt: Ein Antrag mehrerer Ratsmitglieder fordert die Neuaufstellung des Friedhofskonzepts.

Höntrup: Mitte Oktober hatte es eine Begehung des Friedhofs durch die Stadt und die Dorfgemeinschaft gegeben. Dabei waren, ähnlich wie in Dalborn, Absprachen getroffen worden, was die Verwaltung vor einer Pflegeübernahme durch die Einwohner noch erledigen soll. Dazu zählt beispielsweise, das Ehrenmal zu reinigen und zu streichen, die gemauerten Pfeiler am Eingang durch Metallpfosten zu ersetzen, die Friedhofsfläche zu verkleinern, die Wege auszubessern, einen Teil der Hecke abzureißen und die Anlage mit einem neuen Zaun zu umranden. Geise sei zuversichtlich, dass die Dorfgemeinschaft und die Stadt in naher Zukunft eine Pflegevereinbarung unterzeichnen werden.

Wellentrup: Die Dorfgemeinschaft Wellentrup hat grundsätzlich ihre Bereitschaft signalisiert, die Pflege des Friedhofs und der Kapelle zu übernehmen. Nach einem Ortstermin Anfang November waren ebenfalls verschiedene Arbeiten vereinbart worden, die die Stadt zuvor noch zu leisten habe. Dazu zählen auf der Ruhestätte etwa der Lauf eines Wasserauffangbeckens und die Renovierung der Sitzbänke. In der Kapelle müsse eine Lichtkuppel ersetzt, Sockelleisten repariert, die Dachrinne gereinigt und Mobiliar aus den Nebenräumen entfernt werden. „Mit der Umsetzung ist bereits begonnen worden", berichtet Geise. Abschließende Gespräche sollen mit der Dorfgemeinschaft noch in diesem Jahr geführt werden.

Brüntrup: Noch nicht ganz so weit fortgeschritten sind die Gespräche in Brüntrup. Hier ist die Dorfgemeinschaft bereit, sich um die Friedhofskapelle zu kümmern, sieht sich aber nicht in der Lage, weitere Pflegearbeiten auf dem Friedhof zu stemmen. Darüber hinaus hat ein privates Bestattungsunternehmen Interesse an der Kapelle angemeldet. Ein Ergebnis ist aber noch nicht in Sicht. „Mit der Dorfgemeinschaft und dem Bestatter laufen momentan noch Abstimmungsgespräche", berichtet Geise. Das sei nicht ganz einfach, da es sich um eine sehr komplexe Rechtsmaterie handele. „Es besteht aber eine große Bereitschaft aller Beteiligten, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen", sagt Geise.

Reelkirchen: Die Dorfgemeinschaft Reelkirchen/Herrentrup bietet, wie berichtet, eine Art Schlüsseldienst für die Kapelle in Reelkirchen an. Die Stadt befürwortet aber einen ähnliche Vereinbarung wie sie voraussichtlich in Wellentrup geschlossen wird. Daher liefen derzeit noch Gespräche zwischen Verwaltung und der Dorfgemeinschaft Reelkirchen/Herrentrup. In dessen Verlauf hatte es eine Anfrage der Verwaltung an die Kirchengemeinde gegeben, ob das Gotteshaus grundsätzlich für Trauerfeiern zur Verfügung stünde. Das bejahte Pastorin Bettina Hanke-Postma, sofern der Termin rechtzeitig bei der Kirchengemeinde angemeldet werde und dieser frei sei.

Das weitere Vorgehen: Ziel der Stadtverwaltung sei es, sämtliche Gespräche und Nutzungsvereinbarungen in Sachen Friedhofspflege bis zur Ratssitzung am 25. Januar 2017 abgeschlossen zu haben. „Im Anschluss soll dann der Blick auf die nächsten großen Themen bei der Neuaufstellung der Friedhofssatzung gerichtet werden", sagte Geise. Das betreffe vor allem neue Bestattungsformen, die vermehrt angeboten werden sollen.

Neun Politiker wollen neues Konzept
Teilweise aus den eigenen Reihen regt sich Widerstand gegen das von der rot-grünen Mehrheit getragene Friedhofskonzept. Fraktionsübergreifend wollen neun Ratsmitglieder die Umsetzung sofort stoppen und einen Arbeitskreis einrichten, in dem die Politik mitredet – und ein neues Konzept aufstellen.

Die Neun, darunter auch Genossen, haben einen entsprechenden Antrag an den Rat gestellt. In dem von ihnen geforderten Arbeitskreis sollten auch die Schließungen von Friedhöfen und Kapellen überdacht werden, heißt es in einer Mitteilung. Die Stadt hatte ursprünglich gehofft, einzelnen Schließungen durch ehrenamtliches Engagement aus dem Wege gehen zu können. Inzwischen hätten sich allerdings zwei der betroffenen Dorfgemeinschaften rechtlich beraten lassen. „Dabei hat sich herausgestellt, dass die Nutzungsvereinbarungen der Stadt unzumutbare Risiken hinsichtlich der Haftung für die Ortsvorsteher als Privatpersonen darstellen", so Timo Broeker von den Grünen, einer der Antragsteller. Das bedrohe das Ehrenamt und das freiwillige Engagement in den Dörfern.

Die Antragsteller hätten die Sachlage zu den Friedhöfen gründlich aufgearbeitet und Widersprüche gefunden. „Wie erklären Sie den Wellentrupern", so Broeker, „deren Friedhof 1100 Euro im Jahr Plus macht, dass ihr Friedhof geschlossen wird, während Tintrup knapp 3000 Euro Minus macht und zudem 40.000 Euro für Verschönerungsmaßnahmen auf diesem und anderen Friedhöfen in den kommenden Haushalt eingestellt werden?" Broeker rechnet damit, dass es im Rat eine Mehrheit für den neuen Arbeitskreis geben wird.

Kommentar: Bürger können was bewirken
Von Marianne Schwarzer
Für manchen mag es eine Randnotiz sein, aber was derzeit in Blomberg passiert, ist schon beachtlich und in Lippes Räten nur sehr selten zu beobachten. Da machen sich neun mutige Ratsmitglieder auf, um ein bereits beschlossenes Friedhofskonzept zu stoppen. Das ist ein Beweis, dass Demokratie funktionieren kann – vor-ausgesetzt, dass sie damit durchkommen.

Man kann der Stadtverwaltung nun nicht vorwerfen, sie habe das erste Konzept über die Köpfe der Dorfbewohner hinweg entworfen. Ganz bewusst waren hier die Dorfausschüsse mit im Boot. Das ist zunächst mal aller Ehren wert. Doch erschließt sich das Ergebnis nicht Jedermann, und anscheinend birgt es auch noch einige juristische Tücken.

Angesprochen von den eigenen Wählern, haben sich die neun Ratsmitglieder nun – teils gegen den Willen der eigenen Fraktionschefs und fern der sonst üblichen Fraktionsräson – zu diesem Vorstoß entschlossen und wollen gemeinsam ein neues Konzept entwerfen.

Das mag manchem in Rat und Verwaltung lästig sein, der das Thema längst abgehakt hatte. Vergnügungssteuerpflichtig ist es bestimmt auch nicht, über Friedhofsschließungen zu diskutieren. Doch springt die Ratsmehrheit jetzt über ihren Schatten, dann macht sie den Bürgern ein wichtiges Geschenk: Das Gefühl, etwas bewirken zu können. In einer Zeit, da viele den Glauben an die Politik verloren haben, ist das keine Kleinigkeit. Es darf ruhig in Lippe Schule machen.

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