Blomberg-Istrup. Es ist ein Donnerstagabend wie jeder andere. Yvonne Ahrens steht am 22. März hinter der Kasse der Q1-Tankstelle und wartet auf die letzten Kunden, ehe sie um 21 Uhr in den wohlverdienten Feierabend gehen kann. Plötzlich betreten zwei Männer die Tankstelle. Sie eilen auf die Kassiererin zu. Sie sind maskiert. Unter Forderung von Bargeld hält einer von ihnen der jungen Frau sogar ein Messer vor das Gesicht. „Im ersten Moment dachte ich, das wäre ein schlechter Scherz", erzählt Ahrens.
Einer der Männer kam sogar hinter die Kasse und stellte sich genau neben die junge Frau, um Zigaretten einzustecken.
„Ich habe in dem Moment gar nichts gedacht. Ich habe dem Mann, der mich mit dem Messer bedrohte, langsam die Kasse geöffnet, das Geld gegeben und nichts gesagt", schildert die 30-Jährige den schockierenden Vorfall. Auch die Täter sagten kein Wort.
Investition und Sicherheit
Die Q1-Tankstelle in Istrup ist in den vergangenen Jahren immer wieder von Dieben heimgesucht worden. Obwohl Betreiber Frank Beermann ständig weiter in Sicherheitsmaßnahmen wie zusätzlicher Beleuchtung und Videokameras investiert hat, schreckten die Täter diesmal nicht vor einem Raub zurück. Beermann will jetzt erneut Geld in die Hand nehmen, um seinen Betrieb weiter zu sichern.In den neun Jahren, die Yvonne Ahrens nun schon im Shop der Tankstelle an der Lemgoer Straße arbeitet, sei ihr so etwas in der Art noch nie passiert. Besonders angsteinflößend sei die vorgehaltene Waffe gewesen. „Das Messer hielt der Mann zunächst direkt vor mein Gesicht. Als er anfing das Geld einzustecken, nahm er seine Hand zwar runter, das Messer hielt er aber weiterhin fest", beschreibt die Istruperin die Tat. Nachdem die maskierten Täter ihre Beute eingesammelt hatten, verschwanden sie genauso schnell, wie sie gekommen waren. Daraufhin habe die Betroffene direkt die Polizei gerufen. „Die Beamten waren innerhalb von fünf Minuten da, doch mir kam es wie eine Ewigkeit vor", so Yvonne Ahrens.
Während des Überfalls und auch unmittelbar danach sei die 30-Jährige erstaunlich ruhig gewesen. „Erst als ich zu Hause ankam wurde mir bewusst, was da passiert war und der Schock setzte ein", so die Kassiererin. Eine schlaflose Nacht war die Folge.
Trotz des Vorfalls machte sich die Angestellte am nächsten Tag auf den Weg zur Arbeit – auf der einen Seite mit Angst, auf der anderen Seite mit der Hoffnung, dass so etwas nicht noch einmal geschieht. „Obwohl es genau hier passiert ist, lenkt mich die Arbeit ab", erzählt sie. Freunde und Familie schlugen Alarm und rieten der 30-Jährigen zu einem Selbstverteidigungskurs. „Man denkt natürlich viel nach und überlegt, was man hätte anders machen können. Doch so viele Handlungsmöglichkeiten gibt es gar nicht", findet sie. Deshalb glaube sie auch nicht daran, dass ein solcher Verteidigungskurs weiterhelfen würde.
„In so einem Moment denkt man gar nicht daran, sich zu wehren. Und wenn es sich dann auch noch um zwei Täter handelt, sieht die Situation ja ganz anders aus". Klaus Becker, Leiter des Leitungsstabes bei der Polizei Lippe, bestätigt die Vorsicht bei bewaffneten Tätern: „Wir raten Betroffenen grundsätzlich nicht aktiv gegen Täter vorzugehen, da dies zu einer Eskalation der Situation führen kann. In der Regel ist das Geld versichert, das eigene Leben jedoch nicht."
Freunde wollen Nadine Ahrens in Zukunft zur Seite stehen. „Einige boten mir an, abends vorbei zu kommen und solange zu warten, bis ich die Tankstelle abschließe", ist sie dankbar über das Angebot, auf das sie bei Bedarf gerne zurückkommen möchte.
Außerdem ergab sich kurz nach der Tat ein glücklicher Zufall für die Kassiererin: Ein neuer Arbeitskollege, der eingearbeitet werden möchte. Seit dem Vorfall musste Yvonne Ahrens abends nicht alleine arbeiten. „Damit fühle ich mich schon deutlich sicherer, wobei ich nach wie vor schreckhaft bin", so die sympathische Angestellte, der es von Tag zu Tag besser geht. Die Nächte seien nicht mehr schlaflos.
Auf LZ-Anfrage bestätigte die Polizei, dass es keine neuen Ermittlungsansätze gebe. Daher bitten die Ermittler erneut, dass sich Zeugen, denen im Zusammenhang mit dem Raubüberfall etwas aufgefallen ist, unter der Nummer (05231) 6090 melden.