Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Sieben Stolpersteine für Blomberg geplant

Silke Buhrmester

  • 0
Im Blomberger Stadtarchiv, der Alten Synagoge, erinnert eine Bronzetafel an Familie Königheim. Die Familie wurde von den Nazis aus Blomberg vertrieben und soll laut Stadtarchivar Dieter Zoremba am Kurzen Steinweg einen der ersten der sieben Stolpersteine erhalten, und zwar vor dem Volksbank-Gebäude. - © Silke Buhrmester
Im Blomberger Stadtarchiv, der Alten Synagoge, erinnert eine Bronzetafel an Familie Königheim. Die Familie wurde von den Nazis aus Blomberg vertrieben und soll laut Stadtarchivar Dieter Zoremba am Kurzen Steinweg einen der ersten der sieben Stolpersteine erhalten, und zwar vor dem Volksbank-Gebäude. (© Silke Buhrmester)

Blomberg. Seit einiger Zeit wird in Blomberg über die Verlegung von „Stolpersteinen" diskutiert, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern sollen. Jetzt werden die Pläne konkreter: Ein Arbeitskreis aus Vertretern von Kirchen, Politik, Verwaltung, Heimatverein und Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands (VdK) recherchiert zu den Opfern mit Blomberger Wurzeln oder Bezug zur Stadt.

Insgesamt sind das laut Stadtarchivar Dieter Zoremba zwischen 20 und 30 Personen. Zunächst sollen für sieben Personen beziehungsweise Familien Gedenksteine verlegt werden. Und dabei handelt es sich nicht nur um ehemalige Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens. Im Gegenteil.

Zoremba nennt die Namen derer, für die im ersten Schritt ein Stolperstein verlegt werden soll: In der Schiederstraße für Zwangsarbeiter, die bei der Firma Hausmann tätig waren – die ukrainische Zwangsarbeiterin Wera Tatarenko, die Suizid beging, und der russische Kriegsgefangene Wassily Loboda, der auf der Flucht erschossen wurde.

Wilhelm Friedrichs, der Widerstand gegen das Nazi-Regime leistete und verraten wurde, erhängte sich einen Tag bevor ihm der Prozess in Hannover gemacht werden sollte. Sein Stolperstein soll in der Hagenstraße verlegt werden. Der in Russland hingerichtete Hermann Hesse, der als Zeuge Jehovas den Dienst an der Waffe verweigerte, soll in Feldohlentrup ein Andenken erhalten.

Für die jüdischen Familien Herzberg und Königheim, die rechtzeitig emigrierten und den Nazis entkamen, sind Stolpersteine am Kurzen Steinweg sowie in Kleinenmarpe geplant. Und schlussendlich soll ein Stein in der Neuen Torstraße 47 an Emma Lipper erinnern.

Arbeitskreis will Angehörige ausfindig machen

Die 70-jährige war die letzte in Blomberg verbliebene Jüdin, die 1940 auf Druck in ein jüdisches Altersheim nach Unna umziehen musste und von dort später ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde. Von dort kehrte sie nie zurück. „Für Emma Lipper ist bereits ein Stolperstein in Unna verlegt worden", hat Zoremba herausgefunden.

Bürgermeister Christoph Dolle liegt das Projekt besonders am Herzen. Nach den Planungen des Arbeitskreises und der Stadt könnten die ersten Stolpersteine in Blomberg noch im Spätsommer oder Herbst 2022 verlegt werden. Bis dahin will sich der Arbeitskreis bemühen, Angehörige der Opfer ausfindig zu machen, um sicher zu gehen, dass auch diese nichts gegen die Stolpersteine einzuwenden haben. Das gestaltet sich bisweilen schwierig, manchmal scheint es auch unmöglich, Hinterbliebene zu finden – wie im Fall der Ukrainerin Wera Tatarenko, wie Zoremba zu berichten weiß.

Die Spurensuche ist mit der Verlegung ebenso wenig abgeschlossen wie das Projekt Stolpersteine, betont Bürgermeister Dolle. Der Prozess sei dynamisch. Auch der Arbeitskreis werde die Geschichte d weiterer Personen, die als Opfer des Nationalsozialismus einen Stolperstein in Blomberg erhalten könnten, weiter erforschen.

Das Stolperstein-Projekt

Als der Künstler Gunter Demnig sein Stolperstein-Projekt 1996 initiierte, standen zunächst einmal die jüdischen Menschen im Mittelpunkt, die im Dritten Reich verschleppt und ermordet worden waren. Jedes Opfer sollte nur einen Stolperstein erhalten – und zwar an dem Ort, von dem er oder sie deportiert worden war.

Inzwischen, sagt Stadtarchivar Dieter Zoremba, könnten aber ebenfalls am Geburtsort der Opfer Stolpersteine verlegt werden, auch zwei an verschiedenen Orten seien möglich. Zudem sei der Personenkreis deutlich erweitert worden: Gedenksteine würden inzwischen auch für Menschen verlegt, die wegen ihres Widerstands, ihrer politischen oder sexuellen Gesinnung verfolgt oder in den Suizid getrieben wurden oder denen die Flucht gelungen sei.

Dafür ist es notwendig, begründete Anträge zu formulieren und an die „Stiftung – Spuren – Gunter Demnig" zu senden, die die Verlegung übernimmt und den Zeitpunkt bestimmt. 440 Steine können pro Monat – inklusive Gravur – hergestellt und verlegt werden. Pro Stück müssen zwischen 150 und 200 Euro einkalkuliert werden – geringe Mittel stehen laut Bürgermeister Christoph Dolle im Haushaltsplan zur Verfügung. An dem Projekt gab und gibt es allerdings auch Kritik: Manche bemängeln, dass durch die Stolpersteine auf den Opfern „herumgetrampelt" werd

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.

Kommunalwahl-Abo

Angebot zur Kommunalwahl

5 Wochen Lippische Landes-Zeitung lesen -
gedruckt UND digital!

Jetzt bestellen
Kommunalwahl-Abo