Jüdische Gedenksteine in Gütersloh verunstaltet – Bürgermeister Trepper entsetzt

Gütersloh. In der Innenstadt von Gütersloh sind mehrere Gedenksteine, die an Opfer des Nationalsozialismus erinnern, mutwillig beschädigt worden. Sechs der sogenannten Stolpersteine, die vor dem historischen Veerhoffhaus am Alten Kirchplatz in den Boden eingelassen wurden, haben unbekannte Täter mit tiefen Kratzern verunstaltet.

Am Donnerstag, 8. Mai, hat das Bündnis gegen Rechts im Kreis Gütersloh auf den Fall aufmerksam gemacht. Jetzt ermittelt auch der polizeiliche Staatsschutz in Bielefeld. &bdquo;Aufgrund der Auswahl der Tatobjekte und der Tatzeit wird eine politisch rechte oder antisemitische Motivation nicht ausgeschlossen“, erläutert Polizeisprecher Fabian Rickel. Es ist nicht die erste Attacke auf die Stolpersteine in Gütersloh.

Für den aktuellen Fall zuständig ist die Kriminalinspektion Staatsschutz in Bielefeld. Hier liegt eine Online-Anzeige zu den Vorkommnissen vor. &bdquo;Insgesamt wurden sechs Stolpersteine mittels Werkzeug beschädigt“, bestätigte der 34-jährige Regierungsbeschäftigte.

Entdeckt worden sind beschädigten Messingtafeln im aktuellen Vorfall von &bdquo;Bündnis gegen Rechts“-Mitglied Anne Haverland bereits am Ostersonntag, 20. April – ausgerechnet am Geburtstag Adolf Hitlers. &bdquo;Vielleicht ist es ein Zufall, möglicherweise steht es aber auch in einem direkten Zusammenhang“, erklärt mit Gitte Trostmann die stellvertretende Gütersloher Bürgermeisterin und ein Gründungsmitglied des Bündnisses gegen Rechts.

Die 2019 gegründete Initiative hatte sich am Donnerstagvormittag mit einem Leserbrief an die Gütersloher Medien gewandt, um laut der 48-Jährigen &bdquo;gedanklich dagegenzuhalten“. Mit Bestürzung hatte das Bündnis zu Wochenbeginn während einer Plenumssitzung auf die zerkratzen jüdischen Gedenksteine reagiert und entschieden, die Vorkommnisse öffentlich zu machen.

Bürgermeister Trepper entsetzt über &bdquo;rechte, kriminelle Energie“ &bdquo;Diese gezielte Schändung ist nicht nur ein Angriff auf das Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus, sondern auch ein Angriff auf unsere gemeinsame Verantwortung, Geschichte wachzuhalten und aus ihr zu lernen“, heißt es in dem an die Gütersloher Medien adressierten Schreiben.

Betroffen sind im aktuellen Fall die zehn mal zehn Zentimeter großen Messingtafeln, die an Mitglieder der Familien Daltrop und Beifuß erinnern. Sie hatten zu Lebzeiten an Ort und Stelle in der Gütersloher Kirchstraße gelebt, wurden zwischen 1941 und 1943 unter anderem nach Auschwitz und Lodz deportiert und dort ermordet. Auf allen sechs in die Erde gelassenen Mahnmalen unweit der Stadtbibliothek befinden sich frische und offensichtlich absichtlich herbeigeführte Kratzer.

Güterslohs Bürgermeister Matthias Trepper äußerte gegenüber der Redaktion am Donnerstagnachmittag: &bdquo;Wir sind entsetzt über so viel rechte, kriminelle Energie. Antisemitismus darf in unserer Stadtgesellschaft keinen Platz haben.“ Die Stadt war durch eine Bürgerin informiert worden. Zerstörungen an weiteren Standorten der Stolpersteine seien &bdquo;bisher nicht bekannt“, hieß es aus dem Rathaus, wo man ebenfalls Kontakt mit der Polizei aufgenommen hatte.

Gedenksteine sollen so schnell wie möglich ersetzt werden 44 jüdische Holocaust-Opfer aus Gütersloh sind bekannt. Ab 1941 seien ihre Deportationen in die Ghettos und Vernichtungslager erfolgt, so dass es seit 1943 keine jüdische Gemeinde in Gütersloh mehr gebe. Die Gedenksteine liegen an 16 verschiedenen Stellen im Stadtgebiet. Verlegt hat sie seit dem Jahr 2005 der Kölner Künstler Gunter Demnig, die der &bdquo;Aktion Stolpersteine“ 1992 ins Leben gerufen hat.

Güterslohs Bürgermeister Matthias Trepper versicherte: &bdquo;Wir werden uns mit dem Künstler Gunter Demnig in Verbindung setzen, um die beschädigten Stolpersteine so schnell wie möglich zu ersetzen.“ Die Gedenktafeln mit abgerundeten Ecken und Kanten liegen in insgesamt 26 Ländern und gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

In Deutschland sind die Stolpersteine immer wieder Ziel von Attacken. Auch in der Region gibt es Vorfälle. In Bielefeld sollen zuletzt Stolpersteine mit Farbe beschmiert worden sein, was der Staatsschutz am Donnerstag weder bestätigt noch dementiert hat.

Bündnis fühlt sich durch Vorfall in seinem Engagement bestätigt Im Mai 2021 ermittelte die Bielefelder Behörde, nachdem in Gütersloh am Dreiecksplatz drei Mahnmale mit blauer Farbe besudelt worden waren. Ein Künstler hatte seinerzeit spontan reagiert und Stolpersteine mit Farblöser, Baumwolltuch und Messingpflege gereinigt.

Das Bündnis gegen Rechts im Kreis Gütersloh fühlt sich durch Taten wie den aktuellen Vorfall in seinem Engagement bestärkt. &bdquo;Stolpersteine sind mehr als nur Messingtafeln im Gehweg. Sie sind Mahnmale gegen das Vergessen, sie erzählen die Geschichten der Menschen, die entrechtet, deportiert und ermordet wurden – direkt aus unserer Nachbarschaft.“

Wer Stolpersteine beschädige, wolle die Erinnerung auslöschen, Spuren tilgen und Geschichte ungeschehen machen. &bdquo;Doch wir sagen ganz klar“, heißt es im Statement: &bdquo;Das wird nicht gelingen. Erinnerung lässt sich nicht auslöschen.“ Die Initiative ruft alle Bürger dazu auf, gemeinsam Haltung zu zeigen gegen Hass sowie rechte Gewalt und für eine lebendige Erinnerungskultur in Gütersloh.

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