Wo Geschichte lebt: Detmolder machen aus Alter Mühle in Heiligenkirchen ein Zuhause

Detmold-Heiligenkirchen. Für Jolanta Stocks wird im August 2010 ein Traum Realität. Als sie mitten in der Sommerhitze vor der Alten Mühle in Heiligenkirchen steht, die dicke, alte Holztür vor Augen. Da hat sie das Gefühl, dass sie genau diesen Moment, diese Tür, vorhergesehen hat. Sie weiß sofort, dass es passt – und sie hier vor ihrem Traumhaus steht. Heute lebt und arbeitet sie im denkmalgeschützten Gemäuer von 1684. Und öffnet für unsere Denkmalserie die Türen zu einem riesigen Paradies, in dem alter Charme auf moderne Elemente trifft.

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180Quadratmeter Privaträume, 250 Quadratmeter Arbeitsbereich mit dem großen Saal. Dazu die Grünflächen drumherum, Sitzplätze, der plätschernde Bach, in dem sich früher das Mühlenrad drehte, ein Gewächshaus. Man weiß gar nicht, wo man hier anfangen soll, sich umzuschauen. Hinter dicken Backsteinmauern lebt Stocks, 60 Jahre, mit ihrem Mann Richard. Die beiden Töchter sind bereits aus dem Haus, vier Enkel hat das Paar.

Mann entdeckt die Mühle Als die gebürtige Polin mit dem sympathischen Akzent und dem herzlichen Lachen vor gut 25 Jahren ein Entspannungswochenende in einem Kloster geschenkt bekommt und tiefenentspannt zurückkehrt, steht ihr Plan: Genau so etwas möchte sie auch in Detmold anbieten. Die gelernte Verkäuferin hängt an ihre Umschulung zur Bürokauffrau kurzerhand die Ausbildung zur Heilpraktikerin. Parallel geht ihr Mann auf Haussuche - und entdeckt die Alte Mühle. Sofort ist beiden klar: Hier wollen sie den Rest ihres Lebens verbringen.

Schon Ende 2010 ziehen die beiden ein, die Privaträume sind soweit in Schuss und bewohnbar. Doch der jetzige Seminarbereich braucht eine Kernsanierung. Gemeinsam stemmen die beiden den Rückbau, bringen viel Eigenleistung ein. Auch, wenn sie teilweise an ihre Grenzen stoßen. &bdquo;Es wurde irgendwann einfach zu viel“, erinnert sich Stocks. Aber sie hat ihr Ziel vor Augen, will sich hier selbstständig machen, fertig werden – und zieht den Plan durch. 2013 lädt sie zu einem ersten Tag der offenen Tür in ihr Seminarhaus: 300 Neugierige rennen ihr damals die Bude ein, erinnert sie sich.

Neue Dämmung für den Saal Doch es sollte eine weitere ausgiebige Renovierung folgen. "In den letzten Jahren ist hier noch mal viel passiert." Jolanta Stocks schaut sich dabei viel vom inzwischen fest angestellten Hausmeister ab. "Ich kann jetzt verputzen, tapezieren, malern", sagt sie und lacht.

So habe man die Decke des Saals neu gedämmt, um Marder und Waschbären künftig fernzuhalten, weitere Fenster eingesetzt und neuen Lehmputz aufgetragen. Und auch die Gästezimmer, die von den Seminarteilnehmern gebucht werden können, haben eine Frischzellenkur erhalten.

Im Untergeschoss ist so ein heller, großer Raum entstanden, durch den sich die dicken Holzbalken ziehen, der Blick fällt auf die Backsteinwand, ein Kamin sorgt für Wärme. Hier bietet Stocks, die auch Gesundheits- und Lebensberaterin ist, Info-Abende für Frauen an, vermittelt Wissen zu Heilkräutern und lädt zu schamanischen Klangabenden. Zudem vermietet sie an Externe.

Einmal ums Haus herum geht es in die Privaträume im zweiten Komplex der Alten Mühle, den bunten Vorgarten hat Stocks selbst angelegt. Durch die grüne Original-Holztür geht es über den Steinfußboden ins Innere, wo ein neuer Glaseinbau die Wärme im Haus hält. &bdquo;Hier hatte es vorher ganz schön gezogen“, sagt Stocks.

Renovierung frisst sechsstellige Summe Kater Hektor huscht vorbei, der Blick fällt zur dunklen alten Treppe – Stocks ganzer Stolz. &bdquo;Wenn ich da herunterkomme, dann fühle ich mich wie eine Königin – als Frau des Hauses“, sagt sie und lacht. Das Gefühl, sich hier ein Heim geschaffen zu haben, das sei immer da. &bdquo;Ich fühle mich hier einfach wohl.“

Zwischen 150.000 und 180.000 Euro hat das Paar in all den Jahren in ihr Traumhaus investiert, verrät sie. Der Denkmalschutz habe ihr nie Probleme gemacht. &bdquo;Wir hatten die gleichen Vorstellungen“, sagt sie. Denn Ziel sei immer gewesen, die Alte Mühle wieder aufzubauen – und darin Alt mit Modern zu verbinden.

Besonders gelungen ist ihr das im Erdgeschoss, wo durch die moderne Küche der Blick durch die offenen Gefache und Balken ins Esszimmer mit dem alten Kamin führt. &bdquo;Hier sitze ich gerne“, verrät Stocks. Auch die Innentüren sind im Original erhalten, Holzdielen ziehen sich durchs gesamte Haus. Trotz der Größe hat es heimeligen Charme, hinter jeder Tür und jeder Ecke wartet gefühlt ein weiterer Raum, eine weitere Tür. Es duftet nach Kräutern, die Deko im Haus zeugt von der spirituellen Seite der Hausherrin.

Das Leben in einem alten Gemäuer, es sei auch etwas ganz Besonderes. &bdquo;Die Geschichte lebt hier“, sagt Jolanta Stocks. Manchmal habe sie das Gefühl, dass hier noch der Geist der früheren Bewohner zugegen sei. Und auch, wenn das anfangs durchaus etwas beängstigend gewesen sei. Sie habe längst ihren Frieden mit den &bdquo;Bewohnern“ geschlossen. &bdquo;Die waren schon vor mir hier und gehören dazu – sonst wäre es auch zu langweilig“, sagt sie und lacht.

Ursprünge gehen zurück bis 1410 Die Wassermühle in Heiligenkirchen ist erstmals 1410 urkundlich erwähnt worden - damals wurde Bernhard Edler Herr zur Lippe als Verpfänder der Mühle genannt, heißt es in der Begründung zur Eintragung in die Denkmalliste, die 1989 erfolgte. Der heute erhaltene Mühlenbau der historischen Kammermühle ist demnach von Graf Simon Henrich wohl 1684 neu erbaut worden. Der Vorgängerbau habe aufgrund seines schlechten Zustands ersetzt werden müssen.

"Die Mühle mit ihrer Stauanlage ist ein anschauliches Dokument der Wassermühlentechnik und damit bedeutend für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse", heißt es. Zudem sei sie aufgrund der engen sozialen und wirtschaftlichen Verflechtung zwischen den Pächtern, der herrschaftlichen Rentkammer sowie den Mahlgenossen auch aus orts- und landesgeschichtlichen Gründen von Bedeutung.

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