Sexueller Übergriff in Detmolder Seniorenheim: „Ich wollte nur wissen, ob sie was spürt“

Detmold. &bdquo;Sie hat mich immer wieder gefragt, warum ich sie anfasse“, sagt der hagere Mann vor Gericht. Seine Brillengläser sind getönt, seine Erklärungsversuche ähnlich undurchsichtig. &bdquo;Ich wollte nur wissen, ob sie was spürt oder nicht.“ Mit diesen Worten hat ein 66-Jähriger vor dem Landgericht den sexuellen Übergriff auf eine querschnittsgelähmte Mitbewohnerin in einem Detmolder Seniorenheim abgestritten. Seine Version, er habe die 47-Jährige auf ihren Wunsch hin duschen wollen, nimmt ihm das Gericht nicht ab.

Daher verurteilt die Große Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Karsten Niemeyer den alkoholgeschädigten Mann am Ende der Beweisaufnahme wegen sexueller Nötigung gegen eine ihm schutzlos ausgelieferte Person zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe. Für das Gericht steht fest: Der Angeklagte hatte sich an einem Abend im September 2023 gegen 22 Uhr in das Zimmer der schlafenden Mitbewohnerin geschlichen, sie unten herum ausgezogen und die querschnittsgelähmte Frau mehrfach im Intimbereich angefasst.

Die Betroffene ist laut Landgerichtssprecher Dr. Wolfram Wormuth seit einer missglückten Rückenoperation vor fünf Jahren querschnittsgelähmt und spürt große Teile ihres Körpers nicht mehr. Da die Frau zwar die Arme, aber eben nicht die Finger bewegen könne, sei es ihr in der Situation zunächst schwer gefallen, den Notfallknopf zu betätigen, um die Pflegekräfte zu rufen. Trotz verbaler Ansagen ließ der Senior aber nicht von der inzwischen wach gewordenen Bewohnerin ab. Der Anklage nach dauerte es daher 20 Minuten, bis das Pflegepersonal den 66-Jährigen im Zimmer stellte.

Angeklagter durch massiven Alkoholmissbrauch geschädigt Vor Gericht beschreibt der Angeklagte eine ganz eigene Version des Geschehens. Er und die Frau seien befreundet gewesen, sagt der Detmolder, er habe die auf den Rollstuhl angewiesene Frau sogar öfter gewaschen, weil die Pflegekräfte es im Seniorenheim nur einmal im Monat täten. Das sei natürlich Quatsch, soll eine Mitarbeiterin des Seniorenheims später in der Sitzung ausgesagt haben. &bdquo;Sie hat auch berichtet, dass der Angeklagte stark getorkelt sei, als man ihn dort im Zimmer erwischt hat“, sagt Wormuth.

Auch wenn die Kammer nicht mehr genau nachvollziehen kann, wie viel Alkohol der 66-Jährige damals im Blut hatte, geht das Gericht am Ende davon aus, dass der Mann durch seinen vorherigen Konsum zur Tatzeit vermindert schuldfähig war. Dem psychiatrischen Gutachter nach leidet der Angeklagte durch seinen langjährigen Alkoholkonsum darüber hinaus am Korsakow-Syndrom, heißt es. Der Definition nach gingen damit Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit und Bewegungsstörungen einher.

&bdquo;Betroffene sollen auch zum Fabulieren neigen und sich Geschichten zusammen spinnen, die sie nicht mehr von der Realität unterscheiden können“, sagt der Landgerichtssprecher. Es sei daher dem psychiatrischen Sachverständigen nach nicht auszuschließen, dass die wirren Erklärungsversuche des Angeklagten auf seiner Hirnschädigung beruhten.

Weil die Betroffene vor Gericht aussagt, der Übergriff sei noch weitergegangen, beantragt Staatsanwältin Maria Kunze eine zweieinhalbjährige Haftstrafe wegen Vergewaltigung. Dass es dazu gekommen ist, lässt sich aus Sicht des Gerichtes nicht sicher nachweisen, erklärt Wormuth. Verteidiger Johannes Salmen aus Lage hatte für seinen Mandanten eine angemessene Bewährungsstrafe gefordert. Die Kammer kam dem nach, auch weil der Mann davor und danach nicht wieder straffällig geworden sei. Dem Gutachter nach gehe von ihm nur eine Gefahr aus, wenn er Alkohol trinke.

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