Umjubeltes Aschenputtel im Landestheater Detmold

Detmold. Wohl jeder kennt die Geschichte vom Aschenputtel. Die Oper, die Rossini auf ein Libretto von Jacopo Ferreti innerhalb von nur gut drei Wochen zu Papier brachte, unterscheidet sich von den gängigen Versionen des Märchens schon dadurch, dass sie auf alles Zauberische verzichtet. Weder gibt es einen gläsernen Schuh noch magische Haselnüsse, stattdessen eine gute Portion Realismus.

Der verarmte Baron Don Magnifico hält seine verwaiste Stieftochter Angelina als Dienstmagd für die beiden verwöhnten leiblichen Töchter im Hause. Die Familie lebt vom Lumpensammeln, für das Angelina ebenso zu sorgen hat wie für den Haushalt. Prinz Ramiro, verkleidet auf Brautschau unterwegs, verliebt sich in Angelina und sie in ihn, während Don Magnifico versucht, eine seiner leiblichen Töchter mit dem als Prinz verkleideten Diener desselben zu verkuppeln.

Eingefädelt und in Gang gehalten wird die Maskerade von Alidoro, Philosoph und Hauslehrer des Prinzen, der zu Beginn als Bettler auftritt und so Angelinas reinen, mitmenschlichen Charakter bestätigt findet. Am Ende bekommt der Prinz sein Aschenputtel; dem bösen Stiefvater und seinen oberflächlichen Töchtern wird auf Bitten der gutherzigen Angelina alles vergeben: &bdquo;Triumph des Guten“, wie es schon im Untertitel der Oper heißt.

Wie umgehen mit einer Geschichte, die jeder kennt und deren Ausgang schon nach wenigen Minuten offensichtlich ist? Das Team um Regisseur Christopher Cowell und Bridget Klimak, die für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich zeichnet, entschied sich für die Flucht nach vorn. Während Rossinis Oper als &bdquo;Dramma giocoso“ Elemente der komischen Opera Buffa mit durchaus ernsten Untertönen aus der Opera Seria vereint, ist die Detmolder Inszenierung von schier überschäumender Freude am Spaß geprägt, mit wenig Berührungsängsten zum Klamauk.

Unterhaltsame Inszenierung Teilweise grotesk überzeichnet sind die Figuren, insbesondere Don Magnifico (mit Talent zum Slapstick: Ricardo Llamas Márquez) und seine beiden Töchter Tisbe und Clorinde (Lotte Kortenhaus und Johanna Nylund). Angelina (stimmlich wie schauspielerisch wunderbar wandlungsfähig: Rina Hirayama) bewahrt als einzige ein wenig Natürlichkeit, während Prinz Ramiro (Anle Gou) und Alidoro (Jaime Mondaca Galaz) etwas erratisch wirken. Andreas Jören als des Prinzen Kammerdiener Dandini beweist einmal mehr seine variablen komödiantischen Fähigkeiten – und zudem eine geradezu atemberaubende Zungenfertigkeit.

Die Sänger können in Rossinis zum Teil aberwitzig virtuosen Partien durchweg überzeugen. Herausragend vielleicht Rina Hirayama in der Titelpartie, die die Wandlung vom schlichten Mauerblümchen zur geradezu königlichen Primadonna glaubhaft auf die Bühne bringt. Schade, dass eine inszenierte, nicht recht schlüssige Nebenhandlung von ihrer bravourös gestalteten Schlussarie ablenkt. Der Prinz wirkt bei Anle Gou ein wenig eindimensional; beeindruckend allerdings die Leichtigkeit, mit der er seine Partie bis in die höchsten Lagen meistert.

Das Orchester des Landestheaters unter der Leitung von Per-Otto Johannson begleitet nach einer etwas braven Ouvertüre schwungvoll und farbig; Tobias Kruse ist aufmerksamer Partner am Cembalo. Der stimmlich wenig geforderte Männerchor sorgt schauspielerisch für so manchen Lacher; das Publikum bedankt sich mit begeistertem Beifall für einen unterhaltsamen Opernabend.

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