Detmold. Holz kann unendlich viele Sichtweisen und Lesarten in sich aufnehmen. Daniela Schönemann, Bildhauerin aus Halle an der Saale, entbindet das Material Holz in sehr feiner Varianz und mit überbordender Fantasie von seiner ursprünglichen oft zugeschriebenen Natur. Sie geht Holz im wahrsten Sinne des Wortes regelrecht an die Substanz und schreibt ihm einen völlig anderen Sinn zu, verwandelt es in gestaltgewordene hölzerne Überreste. Die Ergebnisse sind derzeit in der Galerie Mellies zu sehen.
Der menschliche Körper wird als kleinste figürliche Einheit nochmals verkleinert, in sich komprimiert und so als Essenz verdichtet, im Kleinen neu erschaffen. Harmlos sind die Figuren deswegen aber ganz im Gegenteil nicht. Das, was man sieht, verselbstständigt sich im Kopf. Das, was man den Figuren ansieht und abliest, fängt an, sich zu bewegen. Vereint in den zwei Räumen der Galerie bilden die Figuren ein Kraftfeld. Jede namenlose Gestalt unverwechselbar, ein Mittelding aus Realität, Materialität und Vorstellung. Zwischen geschliffenen, geschmirgelten Flächen und schartigen Spänen, beladen mit splittrigen Oberflächen und keilerhaften Borsten.
Es liegt viel Wärme in der Art, wie sie die Figuren herstellt und wie sie vor allem das Händische, das Handgemachte in diesem rot-violetten Refugium der Galerie zeigt. Daniela Schönemann bringt uns mit ihrer Ausstellung zum Umdenken, denn sie vermisst ihr Material mit einem Gestaltungsspaß, der in der modernen Kunst selten geworden ist. Die neue Ausstellung in der Galerie Mellies ist ein kleines Requiem aus vielen klingelnden Tönen, die von überall in den beiden Räumen der Galerie herkommen. Eine Gute-Laune-Dusche voller Holzsplitter, Rissen und Geschliffenem, voller spürbarer Freude. Aber auch ein Bekenntnis zu Handwerk und Tradition, ein flammendes Plädoyer für das natürliche Material.
Daniela Schönemann renaturiert unseren Blick. Lässt man sich darauf ein, ist man überwältigt von dem Feuer, das diese kleinen Figuren in der Galerie losgetreten haben. Ein Feuer, das in den Figuren und ihren so gemessenen Proportionen eins geworden ist und sich vor unseren Augen entspinnt.
Die Skulpturen-Ausstellung „WALDSAUM“ läuft noch bis zum 31. Januar. Die Galerie öffnetdas nächste Mal am Samstag, 20. Dezember von 15-17 Uhr und nach persönlicher Vereinbarung (https://galerie-mellies.de/).