Detmold. Andrea Sawatzki ist eine der bekanntesten deutschen Schauspielerinnen und begeistert viele Menschen auch als Autorin. Ihre skurrilen Familienromane rund um die Bundschuhs werden mit ihr und Axel Milberg in den Titelrollen verfilmt. Mit ihrem neuen Roman „Biarritz“ legt die Bestsellerautorin eine Mutter-Tochter-Geschichte vor, die von Konflikten, Versöhnung und der Suche nach Nähe erzählt. Am Samstag, 16. November, liest sie um 20 Uhr in der Stadthalle. In dem Buch geht es um Emmi, die seit Jahren im Altersheim lebt. Längst hat sie zu sprechen aufgehört – und kommuniziert nur noch mit ihrer Freundin Marianne, ebenfalls Bewohnerin des Heims. Ihre Tochter Hanna scheint Emmi dagegen kaum wahrzunehmen, vielleicht lehnt sie sie sogar ab. Liegt es an mangelnder Zuwendung der Tochter, sind es die unentwirrbaren Verstrickungen aus Schmerz und Schuld? In einem Akt der beiderseitigen Erlösung beschließt Hanna, mit Marianne und ihrer Mutter einen letzten großen Ausflug zu machen. Nach dem Erfolg von „Brunnenstraße“ widmet sich Andrea Sawatzki erneut den feinen Zwischentönen familiärer Beziehungen. Bei der Lesung gibt sie Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Buches und liest auch ausgewählte Passagen. Die LZ sprach mit ihr über das Schreiben. Wie sind Sie eigentlich zum Schreiben gekommen? Andrea Sawatzki: Vor etwas über zehn Jahren hatte ich einfach mal Lust dazu, etwas zu schreiben. Was die Bundschuh-Familiengeschichten angeht: Ich hatte nie damit gerechnet, dass daraus ein Film werden würde und schließlich eine ganze Reihe. Die Produzentin hatte das Buch gelesen – gleichzeitig suchte das ZDF gerade eine Familienkomödie. So kam dann eines zum anderen. Sie schreiben die Reihe um die skurrile Familie aber nicht weiter? Andrea Sawatzki: Ich hatte irgendwann keine Zeit mehr dazu. Fünf Bücher gibt es. Die TV-Serie, in der ich mit Axel Milberg spiele, hat sich aber darüber hinaus entwickelt und entwickelt sich auch weiter. Die Drehbücher dazu schreibe ich nicht selbst. Da traue ich mich nicht ran. Allein die zeitliche Beschränkung für einen Film im Drehbuch würde mir Angst machen, und innerhalb von so kurzer Zeit Spannungsbögen zu entwickeln und die ganze Dramaturgie. Aber ich bin natürlich in die Drehbuch- und Figurenentwicklung sozusagen als Geburtshelferin involviert und schaue weiterhin darauf, dass man der Idee hinter allem treu bleibt. Außerdem gibt es beim literarischen Schreiben nur Sie und den Lektor, beim Film reden aber alle am Drehbuch mit ... Andrea Sawatzki: (lacht) Ja, ganz genau. Außerdem ist es selten, dass die zweite Fassung akzeptiert wird. Meinen aktuellen Roman „Biarritz“ habe ich allerdings zwölf Mal neu angefangen. Beim Schreiben und Schauspielern muss man gedanklich in Rollen schlüpfen, um Geschichten zu erzählen. Welches von beiden ist Ihnen wichtiger? Andrea Sawatzki: In erster Linie bin ich natürlich Schauspielerin. Das Schreiben ist aber eine super Ergänzung dazu. Man denkt sich beim Schreiben wie beim Schauspielern in die Rollen hinein, entwickelt Biografien, und bei beidem sieht man die Figuren vor sich. Schreiben ist eine Erweiterung meines Spektrums. Ihr Mann Christian Berkel ist ebenfalls ein schreibender Schauspieler. Inspirieren und korrigieren Sie sich gegenseitig – oder ist das ein „bloß nicht“? Andrea Sawatzki: Ein „bloß nicht“. Wir haben zwar eine vage Vorstellung davon, woran der jeweils andere gerade schreibt. Aber tatsächlich wissen wir es erst, wenn das Buch dann erscheint. Wir sind auch selten zusammen zu Hause, und ich glaube, dass es ganz gut so ist, dass wir beim Schreiben allein arbeiten. Die Bandbreite Ihrer Bücher ist thematisch und vom Genre her sehr groß ... Andrea Sawatzki: Ich habe auch Krimis geschrieben, Thriller – und ich möchte mich tatsächlich nicht festlegen. Ich mag die Abwechslung und Stoffe mit einer dunkleren, kriminellen Energie. Das kann sich ja in einer schwarzen Komödie wieder ganz anders darstellen als in einem düsteren Thriller. Das liebe ich, dass es gemeinsame Nenner trotz unterschiedlicher Genres gibt, und ich mag es, im einen wie im anderen Fall Menschen aus der Dunkelheit zu führen. „Brunnenstraße“ und „Biarritz“ sind sehr persönlich, stoßen aber auch Debatten an – es wird gerade sehr über die Pflege diskutiert. Wie fühlt es sich an, vielleicht etwas mitbewegen zu können? Andrea Sawatzki: Ich bin sehr dankbar für das Privileg, und auf meinen Lesereisen habe ich sehr viele Menschen getroffen, die mit der Pflege zu tun haben oder selbst betroffen sind, und habe eine Menge persönlicher Geschichten erfahren. Ich höre immer wieder, wie Betroffene von der Gesellschaft isoliert werden und wie schwer es in der Pflege ist, die ja kaum bezahlbar ist. Gute Einrichtungen sind rar beziehungsweise haben sehr lange Wartelisten. Es ist schon das Thema meines Lebens. Mein Vater hatte Alzheimer, und daher hatte ich damit schon als Kind Berührung. In „Brunnenstraße“ geht es darum. „Biarritz“ befasst sich mit der Beziehung zu meiner Mutter und deren Rolle bei der Überforderung in der Pflege. Persönlich Andrea Sawatzki (* 23. Februar 1963) ist Schauspielerin und Autorin. Zudem füllt sie den Podcast „Siege der Medizin“ mit Leben und reist in ihrer freien Zeit nach Rumänien, um Hunde aus den Tötungsstationen zu retten. Darüber berichtet die WDR-Dokumentation „Rumäniens vergessene Hunde“, und auch auf ihrem Instagram-Account berichtet sie regelmäßig über diese Rettungsaktionen. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Sabine Peschke (@sabine_peschke) Ihren Durchbruch hatte sie 1997 in Rainer Kaufmanns „Die Apothekerin“. Sie wurde durch die Fernsehreihe Tatort als Frankfurter Oberkommissarin Charlotte Sänger und als Gundula Bundschuh in der ZDF-Komödienreihe „Familie Bundschuh“ bekannt. Außerdem ist sie momentan in ihren anderen Reihen „Die Verteidigerin“ und in den „Anfänger“-Filmen zu sehen, die sie regelmäßig gemeinsam mit ihrem Mann Christian Berkel dreht. Andrea Sawatzki ist die Tochter einer Krankenschwester (1931–2020) und des Journalisten Günther Sawatzki (1906–1978). Seit 1998 lebt sie mit ihrem Schauspielkollegen Christian Berkel zusammen. Aus der Beziehung stammen zwei Söhne. Das Paar heiratete im Dezember 2011 und lebt in Berlin. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Andrea Sawatzki (@andrea.sawatzki)