Rauchfackel vor Stadion gezündet: Arminia-Fan aus Bünde darf Pokalfinale nicht sehen

Bielefeld/Berlin. Einmal im Leben. Einmal im Leben Pokalfinale in Berlin. Mit Arminia Bielefeld. Der tollkühne Traum von Fans und Spielern wurde dieses Jahr erstmals in der Vereinsgeschichte Realität. Ein einmaliges Erlebnis. So wie für Jan-Philipp Hülsmann aus Bünde – auch wenn er das ersehnte Finale ganz anders verfolgt hat, als er es sich erhoffte. Denn in letzter Sekunde scheiterte sein Traum vom Finale – wegen einer Rauchfackel, wie sie Hochzeitspaare für Fotoshootings zünden.

Doch von Beginn: Arminia-Mitglied Hülsmann (34) und sechs Freunde hatten tatsächlich die begehrten Karten (manche Fans zahlten mehrere Hundert Euro für ein Ticket) für das Pokalfinale ergattert. &bdquo;Am Freitag sind wir angereist, den Abend haben wir in der Ständigen Vertretung verbracht.“ Hunderte Arminen besuchten an dem Tag die Kult-Kneipe nahe der S-Bahnhaltestelle Friedrichstraße.

Am Samstag stieg derweil das Finale, der Anstoß war um 20 Uhr. &bdquo;Wir waren vorher auf dem Alexanderplatz beim Fanfest“, berichtet Hülsmann, der immer wieder betont, wie besonders dieses Spiel für ihn als Arminia-Fan hätte werden sollen. Eigentlich.

Fan will Polizist um Erlaubnis gefragt haben Vor dem Stadion entwickelte sich am Einlass ein Chaos, das die mitgereisten Arminia-Fans auch Monate später noch frustrieren wird. Denn es gab Probleme beim Einlass, eine Aufarbeitung ist auch ein halbes Jahr später nicht abzusehen. Mittendrin Hülsmann und seine Freunde.

Der 34-Jährige berichtet, er und sein Freund hatten jeder eine blaue Rauchfackel dabei. Harmlos seien sie gewesen. &bdquo;In der Onlinebeschreibung (liegt dieser Redaktion vor, Anm. d. Red.) wird die Fackel für Partys im Freien oder dem Freizeitbereich empfohlen.“ Der Anbieter wirbt zudem mit einer verhältnismäßig niedrigen Hitzeentwicklung (&bdquo;kaltbrennend“).

Um auf Nummer sicher zu gehen, habe Hülsmann sogar einen Polizisten gefragt, ob er vor dem Olympiastadion eine weitere Fackel zünden könne. &bdquo;Der Beamte erwiderte, ich solle nicht fragen – sondern einfach machen.“ Hülsmann und sein Freund Gino M. zündeten schließlich eine weitere Fackel, die den Himmel über Hunderten Fans blau färbte. Ein Unbekannter fotografierte die beiden und veröffentlichte das Bild in sozialen Medien. &bdquo;Die Stimmung war während des Chaos am Einlass nicht besonders gut unter den Fans. Als wir die Fackeln zündeten, fingen aber wieder Fangesänge an. Die Stimmung wurde lockerer“, berichtet Hülsmann.

Anzeige wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung Doch schon wenig später habe Hülsmann festgestellt, dass die Freundesgruppe genau beobachtet worden sei. &bdquo;Zwei Polizisten haben sich an uns gehangen“, berichtet er. &bdquo;Und als wir endlich durch das Einlasstor kamen, wurden wir von mehreren vermummten Polizisten in voller Montur in Empfang genommen.“ Die beiden seien abgeführt worden, in die Katakomben zu einer unterirdischen Polizeiwache. &bdquo;Wir haben uns gefühlt wie Schwerverbrecher.“

Der Grund für das Polizeivorgehen: die Rauchfackeln. Diese fällt offenbar in die Kategorie T1. Sie sind nicht verboten (ab 18 erlaubt) und dürfen sogar ganzjährig gezündet werden. Allerdings mit Einschränkung – nämlich im Rahmen von &bdquo;technischen Anwendungen“, also beispielsweise Bühnenshows oder Fotoshootings.

Ob der Schnappschuss, den der Unbekannte von Hülsmann und M. mit Rauchfackel in der Hand knipste, schon als Shooting gilt, ist derweil unklar. Skurril: Angezeigt worden sind Hülsmann und sein Freund allerdings wegen angeblicher gefährlicher Körperverletzung. Laut Berliner Polizei bestehe beim Zünden von Pyrotechnik in Menschenmengen grundsätzlich dieser Verdacht.

DFB spricht von Gefährdungsbewertung Für Hülsmann und Gino M., die beide komplett nüchtern gewesen seien, sei es am Ende noch bitterer gekommen. &bdquo;Der DFB hat schließlich entschieden, uns aus dem Stadion zu werfen“, sagt er, merklich frustriert. &bdquo;Das war um die 15. Spielminute. Wir sind danach ins Hotel gefahren, haben den Tag nur noch wie in Trance erlebt. Wir waren am Boden.“ Zudem erhielten beide noch eine Anzeige. In dieser sei von dem Einsatz eines Bengalos geschrieben worden.

Der DFB als Veranstalter des Finals übe auf dem Stadiongelände Hausrecht aus, heißt es vom Deutschen Fußballbund, der sich zu dem konkreten Fall nicht äußert. Das Zünden von Pyrotechnik gelte dort grundsätzlich als &bdquo;gefährdungsträchtiges Verhalten“ und könne dazu führen, dass Personen ausgeschlossen werden, die eine mögliche Gefährdung darstellen. Dies erfolge nach einer Gefährdungsbewertung. Hülsmann betont derweil: &bdquo;Ich habe weder mit Ultras noch Hooligans etwas am Hut, ich bin normaler Fan.“

Hätte die Polizei auch bei Ultra-Gruppen so gehandelt? Auf dem Weg aus dem Stadion habe Hülsmann sogar den Polizisten getroffen, dessen Aussage (seine Freunde bezeugen die Angaben) ihn dazu gebracht, die Fackel zu zünden. &bdquo;Ich habe ihn gefragt, warum er mir sinngemäß gesagt hat, dass ich die Fackel zünden könne. Er erwiderte, dass er nichts dafür könne, wenn seine Kollegen das anders handhaben.“

Hülsmann ist sich derweil sicher: Hätten Personen aus der Ultra-Gruppe Pyro vor dem Stadion gezündet, wäre ihnen nichts passiert. &bdquo;Die Personen hätte die Polizei bestimmt nicht versucht, aus der Gruppe zu holen – aus Sorge vor einer Eskalation.“ Ein Berliner Polizeisprecher wollte das aus einsatztaktischen Gründen nicht kommentieren.

Seine Anwältin habe der Berliner Justiz mittlerweile geraten, das Verfahren einzustellen. Unter anderem habe sie die Online-Anzeige mitgeschickt, die nahelegt, dass die Fackel angeblich harmlos sei. Der Berliner Polizei sind die mutmaßlichen Aussagen eines Beamten, die Hülsmann und seinen Freund erst zum Abbrennen der Fackel verleitet habe, nicht bekannt. Zu dem laufenden Ermittlungsverfahren will sich die Polizei derweil nicht äußern.

Offenbar auch kein Stadionverbot in Berlin für den eingefleischten Fan. Wer weiß; würde Arminia es in den kommenden Jahren erneut ins DFB-Pokalfinale im Olympiastadion schaffen, könnte Hülsmann es ein zweites Mal versuchen, das Spiel hautnah zu erleben. Dann aber ohne Rauchfackel. Hülsmann sagt grinsend: &bdquo;So bitter das Erlebnis und das verpasste Finale auch war; diese Geschichte werde ich sicher auch in 20 Jahren noch erzählen.“

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