Ingo Appelt in Detmold - Keinen Bock auf Klugscheißer

Detmold. Er kommt mit dem verbalen Vorschlaghammer in die Detmolder Stadthalle und zerlegt in zwei Stunden nicht nur den Alltag zwischen Männern und Frauen; nein Ingo Appelt versucht erst gar nicht, oberhalb der Gürtellinie Comedy anzubieten - Appelt lässt sich stilsicher in der Obszönität nieder. 350 Gäste wissen, was Appelt macht, wie Appelt drauf ist. Wer sich hier wundert, hat nicht nachgelesen, für was Appelt steht. Für Spießer ist sein neues Programm nicht geeignet: Zu oft geht es um &bdquo;ficken und töten“.

Denn Appelt dreht sich in seinem aktuellen Programm um traumatisierte Männer. Sein Weltbild? Die beleidigte Männlichkeit schlägt um sich. Ob das ein Trump ist oder Putin, ob es die Taliban sind: Für Appelt sind es die Männer, die irgendwie nicht damit klarkommen, dass sich die Welt ändert. Die wollen mit Klimaschutz nichts zu tun haben, die wollen unbedingt den Verbrenner fahren, die wollen unbedingt Krieg führen. Aber das ist natürlich nur die halbe Wahrheit.

Appelts andere Hälfte ist der Frust. Und der manifestiert sich in erster Linie gegen alle Moral. Und alle Besserwisser. Und alle Klugscheißer. Natürlich kommt gendern für Ingo Appelt nicht infrage. Wenn er schon feststellt, dass &bdquo;alle auf den Bäumen sind“ und &bdquo;alle sich über alles aufregen“, kann er locker dazu beitragen. Appelt fragt die Detmolder: &bdquo;Bückstück oder Lehrerin - was ist die schlimmere Beleidigung?“ Die Frage wirkt latent rhetorisch, will heißen: Appelt kennt die Antwort. Das Publikum weiß es, ahnt es, sonderlich viele Zweifel streut der etwas in die Breite gegangene Comedian (&bdquo;Zu viel Krustenbraten?“) jedenfalls nicht zwischen die Zeilen.

Appelt könnte auch anders - will er aber nicht Seine Sicht auf die Dinge hinterlässt Lücken, bietet die Chance, dass er die Obszönität womöglich inszeniert. Vielleicht ist Appelt gar nicht so brachial, hat aber ungezügelten Bock auf den Angriff. Betreutes Hassen mit Ingo Appelt. Der Mann sagt ja selbst: &bdquo;Lustigerweise sind es heute eher die jungen Leute, die motzen und die Alten, die sagen Hau drauf. Das war früher genau umgekehrt.“ Auf der Bühne ist Appelt also keine sanfte Brise – er spricht ohne Punkt und Komma. Humor darf wehtun. Mit einem derben Charme. Und er parodiert seine Kollegen: spricht wie Dieter Nuhr, wie Mario Barth, aber auch wie Angela Merkel oder Willy Brandt. Und unterstreicht damit, dass er nicht nur &bdquo;verkloppen“ kann, Appelt könnte wahrscheinlich auch versteckter und zweideutiger. Will er aber nicht. Und deshalb geht es in zwei Stunden mindestens 20 Mal ums &bdquo;ficken und töten“. Denn Appelt ist auch in Detmold laut, direkt und unbequem.

Was er sicher nicht mag? Männer, die beim Shoppen bei Hunkemöller stehen, die Handtasche ihrer Frau haltend. Die warten und schlechte Laune haben. Beleidigte Männer mag er auch nicht. Noch weniger, wenn sie in Ostdeutschland leben. Nazis mit Handys am Oberarm, Veganer, die nebenbei noch Lactose-intolerant sind. Alles Quatsch - da hätte der junge Appelt früher Hausarrest für bekommen.

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