Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Detmolder Model Viktoria klagt gegen Heidi Klums Vater

Neue Staffel von "Germany’s Next Topmodel" startet Donnerstagabend - Anwalt: Verträge sind sittenwidrig

Viktoria Lantratova hat ihren Traum von einer Karriere als Model noch nicht aufgegeben. - © FOTO: REIMAR OTT
Viktoria Lantratova hat ihren Traum von einer Karriere als Model noch nicht aufgegeben. (© FOTO: REIMAR OTT)
Model Viktoria verklagt Heidis Vater - © Detmold
Model Viktoria verklagt Heidis Vater (© Detmold)

Detmold. Wenn am Donnerstagabend bei Pro Sieben die sechste Staffel der Show "Germany’s Next Topmodel" startet, dann verspricht die gestrenge Heidi Klum den Kandidatinnen wieder einmal die große weite Welt. Außergewöhnliche Fototermine und Jobs sollen für die Mädchen in Aussicht stehen. Paris, Mailand, Berlin, London, New York oder Los Angeles? Alles angeblich nur eine Frage der harten Model-Disziplin. Das hat auch Viktoria Lantratova aus Detmold geglaubt.

Doch sie hat - wie manch andere Kandidatin der Show - ganz andere Erfahrungen gemacht. Die 23 Jahre alte Deutsch-Ukrainerin, die im vergangenen Jahr im Topmodel-Wettbewerb immerhin auf Platz acht gelandet war, fühlt sich heute kaltgestellt, durch Verträge auf Jahre hin geknebelt und um jedwede Einkünfte und Arbeitsmöglichkeiten als Model gebracht.

Ihr Rechtsanwalt, Volker Küpperbusch aus Bielefeld, hat deshalb nun vor dem Landgericht Köln eine Klage eingereicht. Aus Sicht von Küpperbusch ist die gesamte Vertragskonstruktion sittenwidrig, die die Teilnehmerinnen der Casting-Show unterzeichnen müssen. Lantratova nickt, wenn Küpperbusch seine rechtlichen Erläuterungen macht. "Eigentlich habe ich damals nicht genau verstanden, was ich unterschrieben habe", sagt sie.

Ab Donnerstag werden die Kandidatinnen wieder auf den Catwalk geschickt - zuerst über einen schmalen, wackeligen Steg quer über ein Schwimmbecken. "Wer die gerade Linie nicht trifft, läuft Gefahr, ins kalte Wasser zu fallen", sagt Heidi Klum.

Viktoria schaffte es in der fünften GNTM-Staffel auf Platz acht - © FOTO: PROSIEBEN
Viktoria schaffte es in der fünften GNTM-Staffel auf Platz acht (© FOTO: PROSIEBEN)

Ins kalte Wasser geworfen fühlen sich wohl etliche der Mädchen. Immer wieder wird kritisiert, wie sehr die Kandidatinnen - mittlerweile sind es mehr als 100.000 - zur "Ware" degradiert und vor der Kamera gedemütigt werden. Talentförderung oder doch bloß Ausbeutung zum Nutzen der Quote? Für die Kritiker ist die Frage längst beantwortet. Jedenfalls macht die Pro-Sieben-Sat-1-Media-AG über Werbeblöcke und Sponsoring mit der Sendung ein veritables Geschäft.

Für Lantratova hat es sich bislang nicht gelohnt, obwohl sie sich sogar mit Zirkustieren vorführen und am Strand mit Seetang behängen ließ. Nach der Show habe sie bis heute nur einen einzigen bezahlten Model-Auftrag erhalten, klagt Lantratova.

Sie habe kaum Geld - geschweige denn Karriere gemacht. Bei einer neuen Agentur, die sie selbst gesucht hatte, sei sie so lange madig gemacht worden, bis die sie wieder aus der Kartei strich. Und wenn es ihr gelingen sollte, selbst ein Engagement als Model heranzuschaffen, könne sie damit kaum etwas verdienen: Einen großen Teil der Einnahmen solle sie nach wie vor an ihre alten Vertragspartner abführen. Dabei bestreiten Lantratova und ihr Anwalt, dass die Verantwortlichen um Pro Sieben überhaupt noch einen gültigen Vertrag mit der 23-Jährigen haben.

In der Tat sind die Vertragskonstruktionen, mit denen der Sender die Models bindet, schwer zu durchschauen. Lantratova hat zwei Verträge mit der Pro Sieben-Gruppe unterschrieben, einen sogenannten Rahmenvertrag und einen über ihre Vermarktung als Model. Aus beiden ergeben sich hohe finanzielle Pflichten, die dazu führen, dass sie 36 Prozent aller Einnahmen abgeben müsste. In dem Vermarktungsvertrag kommt auch Heidi Klum ins Spiel: Die Präambel verweist auf ihre Heidi Klum GmbH & Co. KG.

Vollends verwirrt war Lantratova, als ihr am 10. Juni vergangenen Jahres ein Brief von der Firma "ONEeins Management" ins Haus trudelte, von der sie bislang nie gehört hatte. In diesem Brief teilte ihr Heidi Klums Vater Günther mit, dass er nun für sie zuständig und alle Vermarktungsrechte auf ihn übergegangen seien. Dabei war Lantratova davon ausgegangen, dass alle Verträge zum 31. August 2010 auslaufen würden. Das teilte sie Herrn Klum auch über ihren Anwalt mit.

Um so überraschter war sie, als ihr Günther Klum am 6. September 2010 – aus ihrer Sicht also längst nach Ablauf des Vertrags – erneut schrieb: Er mache nun von einer Vertragsklausel Gebrauch und verlängere den Vertrag um weitere zwei Jahre. Anwalt Küpperbusch ist empört: "Die Verträge sind von vornherein sittenwidrig. Die Models haben nur Pflichten, aber keinerlei Rechte. Der Vertragsübergang auf Vater Klum war unwirksam. Überdies wurden sämtliche Fristen versäumt."

Warum binden Pro Sieben, Klum und Co. die Kandidatinnen mit so offensichtlichen Knebelverträgen? Eine genaue Antwort hat auch Küpperbusch nicht. Vermutlich wollen die Veranstalter dafür sorgen, dass nur wenige Spitzenmodels nach der Sendung auf den Markt drängen. Die Marke "Topmodel" soll nicht zu inflationär benutzt werden, damit für die jeweils aktuelle Staffel genügend Exklusivität übrigbleibt.

Die Mädchen würden "über Nacht berühmt" und benötigten deshalb "eine zuverlässige und fachkundige Betreuung" – so wird ein Agent der Pro Sieben-Gruppe zitiert. Für Viktoria Lantratova klingt das wie Hohn. Sie fühlt sich an ihrer freien Berufsausübung gehindert. Der Sender teilte auf Anfrage mit, man schließe mit den Kandidatinnen "die üblichen Agenturverträge" und behandle sie dabei alle gleich. "Selbstverständlich" sei das Management "ernsthaft um die Vermittlung der Models bemüht". Günther Klum ließ lediglich mitteilen, ihm sei von einem Verfahren nichts bekannt.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.