Wie aus Wacholderbeeren Gin wird

Dörentrup-Humfeld. Das Feuer knistert im "Bullerjan"-Holzofen, der eine wohlige Wärme in der alten Fachwerkscheune verbreitet. Gegen 12 Uhr mittags trudeln die ersten Gäste ein. "Moin, Männer", begrüßt sie Hausherr Friedhelm Begemann (61), hörbarer und bekennender Sylt-Fan.

Der gebürtige Humfelder erwartet gemeinsam mit seinen Söhnen Falk (23) und Fabius (19), beide Brennmeister wie er, rund 40 Gäste. Der Grund dieses Treffs ist eine "hochgeistige" Angelegenheit, die derzeit mit 92 Prozent Alkoholgehalt in den Edelstahlauffang-Behälter an der hauseigenen Destille tröpfelt.

Bei Begemanns auf der "Gutshof-Brennerei Begatal" ist Brenntag. In Handarbeit in der "Manufaktur" hergestellt, wie Begemann betont, wird "BeGINMan", der hauseigene Gin, und zwar geschätzte 40 Liter. Nach getaner Arbeit wird das Getränk noch 46 Prozent Alkohol haben und in schlicht-eleganten Halbliter-Flaschen für 26,95 Euro pro Stück verkauft – "an ausgesuchte Gastronomen in Lippe" und jeden Samstag auch direkt in der Brennerei in Humfeld.

Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg, deren erste "Schritte" bereits am Vorabend des Brenntags erfolgen. "Gestern haben wir den Sud angesetzt, damit der Geschmack der Wacholderbeeren und der etwa 20 Kräuter durchziehen kann", verrät Falk Begemann und schweigt sich beharrlich über die Rezeptur aus.

Wacholder, Koriander, Anis – die Zutaten gibt er erst durch beharrliches Nachfragen preis, und sie klingen vielversprechend. Ebenso spannend hört sich das Experiment an, dem der Gin an diesem Tag noch unterzogen werden soll: "Statt nur die bekannten Gin Tonic oder Gin Fizz mit Lemon zu servieren, wollen wir heute unter Anleitung eines Cafébesitzers den Gin einmal mit Robusta- und Arabica-Kaffeebohnen versetzen", kündigt Friedhelm Begemann an.

Aber nicht nur die Verköstigungen sind an diesem Brenntag interessant, den es künftig einmal im Monat geben soll, sondern auch der Brennvorgang an sich. "Alkohol ist leichter als Wasser und steigt deshalb nach oben", erläutert Friedhelm Begemann den gespannt auf die kupferfarbene Brennanlage blickenden Gästen.

Im mit kleinen Fensterchen ausgestatteten sogenannten Dephlegmator ist eindrucksvoll zu sehen, wie der klare Gin sprudelnd von Etage zu Etage nach oben steigt, während sich Wasser nach unten in den Auffangbehälter absetzt. Nach dem ersten Anheizen am frühen Morgen hat der Alkohol-Kräuter-Sud nunmehr gute drei Stunden geköchelt, bis sich schließlich – hurra! – die ersten Tropfen Gin in Bewegung setzen. Bergauf durch die Etagen des Deplegmators geht es über die Kühlleitung, in der der Gin immerhin noch 80 Grad aufweist, hinüber zum Kühlturm.

Nach knapp vier Stunden verlässt endlich Tröpfchen für Tröpfchen der 92-prozentige Gin die Destille und tropft unter den gestrengen Augen von Brennmeister Falk in das Edelstahl-Auffanggefäß. Was den Gin jetzt noch erwartet, ist ein letzter Vorgang an diesem Brenntag. "Er wird gefinisht", erklärt Falk Begemann und umschreibt mit diesem fachlich korrekten Ausdruck einen simplen Vorgang: Dem Gin wird Wasser zugesetzt, um ihn auf verträgliche 46 Prozent Alkoholgehalt zu bringen.

Falk ist an diesem Tag für den rund zwölf Stunden dauernden Brennvorgang verantwortlich, denn immerhin soll der derzeit noch mit seinem Betriebswirtschafts-Studium beschäftigte junge Mann zusammen mit seinem Bruder einmal aus der Brennerei idealerweise eine Vollexistenz aufbauen...

Sechs Fakten rund um Gin 1) Die Bezeichnung "Gin" leitet sich von dem botanischen Wort für Wacholder, Juniperus, ab.

2) Ein London (Dry) Gin muss laut EU-Verordnung mindestens 37,5 Prozent Alkohol enthalten und darf nur aus natürlichen und naturidentischen Aromastoffen bestehen.

3) Gin wurde bereits im 15. Jahrhundert entdeckt. Ursprünglich stammt er aus den Niederlanden.

4) Queen Mum soll bis zu ihrem Tod im März 2002 täglich einen Gin Tonic getrunken haben.

5) Gin Tonic, Martini und Tom Collins sind nur drei von einer Vielzahl klassischer Cocktails, die als Bestandteil Gin enthalten.

6) Ein weiterer berühmter Gin-Genießer war der Schriftsteller Ernest Hemingway.

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