Hobbygärtner und die Gaskosten: "Meine 800 Pflanzen dürfen nicht erfrieren"

Dörentrup-Humfeld . Ursula Wiegel (65), Rentnerin aus Humfeld, hat schlaflose Nächte. Sie macht sich Sorgen um ihre rund 800 selbst gezogenen exotischen Pflanzen – Raritäten, die zum Teil mehr als einhundert Euro wert sind. &bdquo;Ich werde die Heizkosten für den Wintergarten in diesem Jahr nicht bezahlen können. Wenn der erste Frost kommt, kann ich alle Pflanzen wegwerfen. Sie brauchen mindestens 18 Grad Raumtemperatur. Das kann ich bei dem auf das Dreifache gestiegenen Gaspreis nicht leisten“, erklärt Wiegel.

An die LZ wandte sie sich wohl wissend, dass man ihr &bdquo;Jammern auf hohem Niveau“ vorwerfen könnte, da es sich ja nur um Pflanzen handelt während so manche Gaskunden nicht wissen, wie sie angesichts der hohen Energiekosten überhaupt noch ihre Wohnung beheizen oder ihr Gewerbe aufrecht erhalten können. &bdquo;Aber gerade deshalb möchte ich das öffentlich machen. Viele Menschen sind in Sorge, haben große Einbußen. Das muss man offen ansprechen“, sagt Wiegel.

Ursula Wiegel züchtet Raritäten Seit dem Eintritt in das Rentenalter im August letzten Jahres beschäftigt sich die ehemalige Reinigungskraft mit Zimmerpflanzen-Raritäten, die sie selber züchtet und &bdquo;hobbymäßig“, wie sie betont, über das Internet verkauft. Sie habe sich schon immer für Pflanzen interessiert, sagt Wiegel. Früher, als sie noch in Bösingfeld in einem Einfamilienhaus wohnte, gärtnerte sie mit Leidenschaft. Dann habe eine Freundin von ihr Hilfe im täglichen Leben benötigt und sie sei in die frei gewordene Nachbarwohnung in Humfeld gezogen. &bdquo;Einen Garten hatte ich hier nicht“, sagt Wiegel. Dennoch hat sie sich wieder ein grünes Paradies geschaffen und zwar im angrenzenden Wintergarten.

Hier züchtet sie Zimmerpflanzen-Raritäten wie Alocasia, Begonia, Calathea, Philodendron und Syngonium, wie sie fachkundig erklärt. Beim Betreten des rund fünfzig Quadratmeter großen Glasanbaus wird deutlich, wie viel Herzblut und Arbeit die Rentnerin in ihre Pflanzenzucht steckt. Von jeder Sorte hat sie zahlreiche Varianten, fein säuberlich mit Sortenschildern versehen. Wer glaubt, dass beispielsweise ein Philodendron stets eine große Pflanze mit herzförmigen, an den Seiten gezackten Blättern ist, der kann bei Ursula Wiegel noch einiges lernen. &bdquo;Es gibt 25 Sorten Philodendron, von ganz klein bis groß. Und manche klettern sogar“, erklärt die Hobby-Gärtnerin und zeigt sofort ihre selbst gezogenen Varianten.

&bdquo;Nicht jeder hat eine breite Fensterbank“, weiß Wiegel und so hat sie nicht nur Mini-Philodendron sondern auch die kleinste Palme der Welt in ihrem Pflanzenreich. Gerade mal rund zehn Zentimeter groß, misst die kleine Pflanzen-Besonderheit, ist damit aber bereits ausgewachsen. Besonders angetan haben es der Humfelderin die Alocasia, zu Deutsch &bdquo;Pfeilblätter“ mit ihren auffälligen Blattzeichnungen. Für zwanzig dieser wertvollen Pflanzen fand Wiegel einen Platz im Wohnzimmer auf einem Blumenregal hinter dem Sofa. Aber was wird aus den anderen Pflanzen, der Nachzucht, die sie vom speziellen &bdquo;Brutkasten“ bis zum Umtopfen und Anwachsen täglich betreut hat und die in der Wohnung keinen Platz finden?

Angst vor dem Frost &bdquo;Wenn der Frost kommt, kann ich alle meine Pflanzen, die ich bis dahin nicht untergebracht habe, entsorgen“, sagt Wiegel. Der Wintergarten sei &bdquo;wie ein Zelt“. Er halte keine Wärme. Aber diese brauchen die aus subtropischen Landen stammenden Pflanzen. &bdquo;Die Raumtemperatur muss bei mindestens 18 Grad liegen. Dann stellen die Pflanzen zwar ihr Wachstum ein und warten quasi auf den Frühling mit steigenden Temperaturen aber sie überleben“, erklärt Wiegel. Auch die Heizplatten, die sie letztes Jahr noch einsetzte, kann sich Wiegel nicht mehr leisten. &bdquo;Die Stromkosten sind ja ebenfalls stark gestiegen“, sagt die Hobby-Gärtnerin, die ihre Pflanzen zwar über das Internet verkauft aber von einer Wirtschaftlichkeit noch weit entfernt sei und derzeit aus der Not heraus ihre Preise radikal reduziert hat und &bdquo;zum Selbstkostenpreis“, so Wiegel, verkauft – sogar bis nach Österreich.

Mit ihrem Gang an die Öffentlichkeit erhofft sich die Pflanzenliebhaberin irgendeine Lösung um zu vermeiden, dass ihre grünen Schätze auf dem Kompost landen. &bdquo;Ich bin dankbar für jede Pflanze, die ich gut unterbringen kann“, sagt sie.

Tipps für Hobbygärtner Ursula Wiegel hat sich ihr Wissen über Zimmerpflanzen über die Jahre selbst angeeignet. Natürlich hat sie auch jede Menge Tipps für Hobbygärtner. So schwört sie beispielsweise auf Pflanzen-Granulat statt Blumenerde. &bdquo;Das gibt es in jedem Baumarkt. Man vermeidet Schimmel, kann viel gezielter düngen und beugt Wurzelfäulnis vor“, so Wiegel. Ihre Orchideen hält sie auf Ton-Kugeln, gießt überhaupt nicht sondern versorgt die Pflanzen mit einem Spezial-Dünger, der ein Mal pro Woche auf die Blätter gesprüht wird.

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