Flüchtling träumt von der eigenen Praxis

Horn-Bad Meinberg. Vor eineinhalb Jahren sind Afeez und Ellah L. (Namen geändert) aus Afghanistan nach Horn gekommen. Damals begleitete die LZ die beiden mit ihren drei Kindern bei den ersten Schritten in Lippe. Inzwischen fühlt sich die Familie wohl, doch die Frage nach der Berufsanerkennung bleibt aus ihrer Sicht ungeklärt.

Die Familie hat ihre provisorische Unterkunft vor fünf Monaten verlassen. Dafür ist der dreifache Familienvater unheimlich dankbar, erzählt er. Auch dafür, dass die beiden älteren Geschwister sofort zur Schule gehen konnten. Schön wäre es für den Kleinsten, einen Kindergarten zu besuchen und mit Gleichaltrigen zu spielen und zu lernen.

Doch einen Platz zu bekommen, sei schwer, und die Betreuung des Jüngsten mache die Organisation des Alltags schwierig. Die wichtigste Frage für den studierten Zahnarzt ist jedoch: Wann kann er wieder in seinen Beruf einsteigen? Zahllose Behördengänge hätten viel Ratlosigkeit bei ihm hinterlassen, berichtet sein Dolmetscher.

Der Familienvater spricht schon gut Deutsch, nur manchmal muss sein Übersetzer ihm noch helfen. Seit die Familie in Deutschland das Bleiberecht erwirkt habe, setzten sie alles daran, ihre Berufe anerkannt zu bekommen, um wieder arbeiten zu dürfen. Doch trotz erfolgreich absolviertem B1-Sprachkursus und der Ausbildung als Zahnarzt beziehungsweise als Bankerin, herrsche noch Unklarheit, bedauert Afeez.

&bdquo;Bei den Ämtern kann mir niemand sagen, wo ich mit meinen Unterlagen hin muss, um als Arzt anerkannt zu werden. Es gibt keinen Plan oder einen festen Ansprechpartner, der weiß, wie wir vorgehen müssen. Auch wenn ich jederzeit prüfungsbereit bin, hilft mir das nicht. Weil eben niemand kommt um mich zu prüfen."

Genau das aber wäre sein Wunsch, sagt er: seine Fähigkeiten in der Praxis unter Beweis stellen zu dürfen. Wenn er arbeiten dürfte, könnte er schließlich gleichzeitig schneller die Sprache erlernen – allein durch den Arbeitsalltag und den Umgang mit Kunden und Kollegen.

&bdquo;Das Schlimmste ist die Hilflosigkeit", findet er, &bdquo;und dass wir keine selbstständigen Entscheidungen treffen können. Wenn ich dürfte, würde ich morgen eine Praxis eröffnen. Wir sind so freundlich aufgenommen worden und haben von vielen Menschen Hilfe erhalten. Meine Kinder sind sehr glücklich. Das ist das Wichtigste. Aber was uns noch fehlt, um ein gutes Leben aufbauen zu können, ist die Möglichkeit, endlich in unseren Berufen arbeiten zu können."

Besonders dankbar ist die Familie dem ehrenamtlichen Netzwerk der Stadt Horn. Eine Partnerfamilie begleitet sie, seit sie in Deutschland sind. Sie haben Sprachbarrieren überbrückt und eine ganze Woche bei Renovierungsarbeiten geholfen, nachdem der Asylantrag bewilligt und die Familie in Folge ihre eigene Wohnung bekam.

&bdquo;Als wir herkamen hatten wir zwar die nötigsten Möbel von der Stadt bekommen, aber die Wohnung war in einem schlimmen Zustand. Es musste tapeziert, gestrichen und Boden verlegt werden, dabei war uns die Familie eine riesige Hilfe," erzählt der Familienvater dankbar.

Voraussetzungen für die Beschäftigung Ilka Wächter, Fachgebietsleiterin für Ausländer- und Staatsangehörigkeitsangelegenheiten beim Kreis Lippe, kann einige der aufgeworfenen Fragen der Familie L. aus Horn nicht nachvollziehen. Grundsätzlich dürfe ein Flüchtling aus einem Nicht-EU-Land in Deutschland eine Beschäftigung ausüben, wenn sein Aufenthaltstitel ihn dazu berechtige oder wenn ihm die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt worden sei.

Die Fachgebietsleiterin stellt klar: In dem geschilderten Fall habe der Familienvater nach Anerkennung des Flüchtlings-Status (im Sinne von § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes) eine Aufenthaltserlaubnis (nach § 25 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes) erhalten. Diese berechtige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. &bdquo;Insofern sind die Aussagen, er dürfe nicht arbeiten oder könne kein Geld verdienen, nicht richtig", so Ilka Wächter.

Auch die Einschätzung, es herrsche Verwirrung bei Behörden und Ämtern, könne sie nicht nachvollziehen. &bdquo;So hält zum Beispiel das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Hotline ,Arbeiten und Leben in Deutschland vor, die eine Erstberatung zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse bietet", erklärt Ilka Wächter.

Später folge eine Prüfung der Gleichwertigkeit des Abschlusses bei der dafür zuständigen Stelle. Das Netzwerk Lippe fördere zum Beispiel die Verbesserung der Arbeitsmarktintegration von Erwachsenen mit Migrationshintergrund. In der Anerkennungsberatung unterstützten Beraterinnen und Berater Menschen bei jedem Schritt im Anerkennungsverfahren.

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