Martin Schlue betreibt tiergerechte Landwirtschaft 4.0 in Fromhausen

Horn-Bad Meinberg/Fromhausen. Im Stall duftet es nach Silage, in kleinen Gruppen stehen oder liegen Bullen in geräumigen Abteilen auf Stroh. Es ist ruhig, ein leichter Luftzug weht durch die offenen Seiten eines hochmodernen Stalls. Martin Schlue ist Landwirt aus Überzeugung, er baut bei der Bewirtschaftung auf einen komplett eigenen Kreislauf.

Schlue hat fünf Jahre an dem Konzept gefeilt. Er ist kein Romantiker, sondern auch Geschäftsmann. Was er investiert, muss sich am Ende rechnen. Dabei aber soll es den Tieren gut gehen, so gut wie es eben möglich ist. Deshalb plant der Fromhauser, dessen Familie seit 1622 Landwirtschaft betreibt, einen zweiten Stall. Insgesamt würde er dann 480 Plätze haben, ein großer Teil der Tiere steht aber auch auf der Weide. Das gehört zur Mutterkuhhaltung. Schlue belässt die Kälber bei ihren Müttern, nach der Geburt stehen sie nur kurz im Stall und gehen dann auf die Weide. Die Bullen werden geschlachtet, wachsen aber langsam auf. &bdquo;Die kennen den Transport, und wir bringen sie zu einem Schlachter, der hier nah ist. Ich bleibe bis zum Schluss dabei, das ist mir wichtig", sagt Schlue.

Tierwohl bis zur Schlachtung im Blick Bei der Vermarktung des Fleisches macht er keine Kompromisse: Die Tiere werden erst geschlachtet, wenn sie komplett verkauft sind. Er beliefert die Restaurants von Markus Schuster, Im Weißen Ross in Detmold, Bilster Berg und Lippischer Hof. Auch die Fleischerei Kruel in Heiligenkirchen bezieht Ware von &bdquo;Martinsrind".

Derzeit baut der Landwirt gemeinsam mit seiner Frau Lisa einen Online-Shop auf. Aber auch da gilt das gleiche Prinzip – es gibt in den 5,6 und 11 Kilo-Paketen von allem etwas und einen Kilogrammpreis von 13,95 und 15,35 Euro. Die edleren Teile des Rindes müssen abhängen, Gehacktes muss frisch und schnell abgegeben werden. Das ist für die Logistik eine Herausforderung, denn es müssen mindestens zwei Tiere geschlachtet werden, um die Pakete zusammenstellen zu können.

Fleisch für Genießer &bdquo;Wer bestellt, muss unter Umständen auf sein Fleisch warten. Das ist nun einmal so", sagt Schlue. Sein Prinzip berücksichtigt das Tierwohl und die Nachhaltigkeit gleichermaßen. Fleisch sei kein Billigprodukt, sondern etwas, was man genießen sollte. So sei es im Übrigen früher auch gewesen. &bdquo;Wir haben selbst geschlachtet, aber haben nicht jeden Tag Fleisch gegessen. Es wurde alles verwertet und nichts weggeschmissen." Heute werde in Massen produziert und sehr viel mehr lande im Müll. &bdquo;Es gibt Menschen, die jeden Euro dreimal umdrehen müssen, und für ein Stück Fleisch nicht so viel bezahlen können. Aber es muss generell ein Umdenken geben, wenn wir Massentierhaltung nicht wollen", meint der Fromhauser.

Die Kosten für den Stall, das Stroh, das Futter – rechnet er alles zusammen, dann ist seine Produktionsweise doppelt so teuer wie die herkömmliche, wenn die Tiere auf Spaltenböden stehen und die Gülle zum nächsten Problem wird. Im Konzept von Familie Schlue sieht das anders aus. Im Bau ist eine Biogasanlage. Auf den 180 Hektar, die bewirtschaftet werden, sind 90 Hektar Acker und 90 Hektar Grünland dabei. Das Futter für seine Tiere baut der Landwirt selbst an, er produziert und lagert sein Stroh, 2800 Ballen pro Jahr braucht er für zwei Ställe, der Mist landet in der Biogasanlage, ein Teil anschließend als Dünger auf dem Acker.

Landwirt ist immer auch Betriebswirt So einen Kreislauf habe es früher auf den kleineren Höfen auch gegeben, ohne die Biogasanlage und in einem einfacheren Stil. Heute sind die Bedingungen ganz andere. Wer sich für die Landwirtschaft entscheidet, der muss auch Betriebswirt sein und sehr langfristig planen. &bdquo;Wir denken an die künftige Generation, obwohl wir heute nicht wissen, ob unsere Tochter sich dafür entscheidet." Die Familie muss dahinter stehen, Schlues haben zudem viele Freunde, die helfen, weil sie das Konzept gut finden.

Ganz bewusst haben sich Schlues gegen das Bio-Label ausgesprochen. Damit werde &bdquo;zuviel Schindluder getrieben". Die konventionelle Landwirtschaft stehe oft in der Kritik, zu unrecht, wie der Fromhauser findet. &bdquo;Wir können auch in unserem System so produzieren, dass es den Tieren bestmöglich geht. Aber der Verbraucher muss es auch bezahlen." Landwirtschaft und Naturschutz würden vielfach als Gegensätze dargestellt. &bdquo;Das stimmt nicht. Viele Landwirte haben immer schon Naturschutz betrieben, zum Beispiel Hecken gepflegt, Wildtiere auf Wiesen geschützt oder auch mit dem Nabu zusammen Projekte umgesetzt."

Lebensmittel aus der Region würden heute stark nachgefragt, was auch bedeute, dass sich die Verbraucher dafür interessieren, wo die Lebensmittel herkommen. Das Label &bdquo;Martinsrind" und was dazu gehört, stellt der Landwirt im Internet vor. Er postet auf Facebook, aber setzt auch auf den persönlichen Kontakt. &bdquo;Wer sich anmeldet, dem zeige ich gerne, wie wir produzieren", sagt Schlue.

Der Stall Dass der Stall hochmodern ist, sieht man auf den ersten Blick nicht. Es sieht aus wie eine Halle, die an beiden Seiten offene Fenster hat. Für das Tierwohl ist aber viel Technik verbaut. Sensoren messen die Temperatur innen und außen, wird es zu windig oder regnet es rein, fahren automatisch Rollos an den Seiten runter. &bdquo;Rinder haben eine Wohlfühltemperatur von 8 bis 10 Grad. Zug mögen sie nicht", erklärt Martin Schlue. Im Dach sitzt die Lüftung. Täglich wird gemistet und neues Stroh eingestreut, der Staub wird abgesaugt. Die Tiere leben in Kleingruppen zusammen.

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