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Prof. Vieregge über Umgang mit Demenzkranken

„Gebt den Menschen mehr Zeit“

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Prof. Dr. Vieregge - © Vera Gerstendorf-Welle
Prof. Dr. Vieregge (© Vera Gerstendorf-Welle)

Lemgo. Professor Dr. Peter Vieregge ist ein Mutmacher. „In der Behandlung von Demenzkranken hat sich viel getan“, sagt er. „Wir wissen viel mehr als früher.“ 15 Jahre war Professor Vieregge Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klinikum Lippe Lemgo. Im LZ-Interview zieht er Bilanz.

Herr Professor Vieregge, die Menschen werden älter, es gibt mehr Demenzkranke. Gewinnt Ihre Disziplin an Bedeutung?

Vieregge: Ja. Neurologie ist kein Fach im Verborgenen mehr. Wir kennen viele Gehirnkrankheiten im Alter, in deren Verlauf sich eine Demenz einstellen kann. Oft kann die Neurologie deutlich mehr an Therapie anbieten als vor 20 Jahren. In der Behandlung von Demenzkranken hat sich viel getan, noch mehr bei der Parkinson’schen Krankheit.

Was hat sich denn getan?

Vieregge: Heute gibt es 15 Medikamente und mehr, vor 30 Jahren gab es zwei/drei. Und wir wissen viel mehr als früher, dass Parkinson eine motorische und eine psychische Krankheit ist.

Die automatisch mit Demenz einhergeht?

Vieregge: Bis vor 30 Jahren wurde gesagt, eine Minderheit wird dement. Heute sagen wir: 100 Prozent - wenn alle Patienten lange genug leben. Demenz macht sich bei jedem in unterschiedlichem Tempo bemerkbar. Ebenso die Depression: Jeder Parkinson-Patient hat mindestens einmal eine depressive Episode, schon vor der Krankheit oder später. Die neurochemischen Veränderungen im Hirn sind sehr ähnlich denen bei „nur“ depressiven Menschen.

Gehen die Leute rechtzeitig zum Arzt?

Vieregge: Viele gehen erst zum Nervenarzt oder Neurologen, wenn die Motorik eingeschränkt ist. Dann muss der Arzt erkennen, dass eine organische Krankheit wie Parkinson hinter der Depression steckt.

Sollten Patienten ihre Diagnose der Umgebung mitteilen?

Vieregge: Es kann keine allgemeine Empfehlung geben. Eine Ministerpräsidentin wie Malu Dreyer, die offen mit ihrer MS umgeht, macht vielen MS-Patienten Mut. Beim Parkinson-Syndrom ist das schwieriger, gerade weil die Erkrankung kognitive Einschränkungen bietet. Vielen Patienten rate ich, zunächst etwa von Rheuma zu sprechen. Berufstätige müssen sich überlegen, was ein Outen im Betrieb oder anderswo an Nachteilen bringen kann.

Welche Rolle spielen Angehörige in der Betreuung von Demenzkranken?

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