Auch Bernd Stute, der als parteiloser Kandidat der CDU im Kreis Herford um das Amt des Landrats kämpft, befürchtet eine sinkende Wahlbeteiligung. Trotzdem bedauert er die Zusammenlegung der Wahltermine für 2020: "Bürgermeister und Landräte haben eine besondere Stellung, weshalb eigenständige und personenbezogene Wahlen wichtig sind."
Personenbezogene Wahlen favorisiert auch der lippische Landratskandidat der SPD, Axel Lehmann: "Nur durch Präsenz in allen Kreiskommunen können wir als Kandidaten auf das Amt des Landrats aufmerksam machen und so Lust am Wählen wecken." Doch genau darin sieht Kersting ein Problem, das speziell Landratskandidaten haben.
"Die öffentliche Wahrnehmung von Räten ist sehr gering, obwohl sie sehr wichtige Funktionen haben", erklärt der Politologe. Landräte müssen die Probleme vieler Kommunen beachten, Bürgermeister nur die einer Stadt. "Dadurch können sie nicht überall gleichermaßen präsent sein und Wählern nur schwer den Einfluss von Landräten deutlich machen."
"Es gibt ein Vermittlungsproblem"
Das Problem kennt auch Jürgen Müller als gemeinsamer Landratskandidat der SPD und der Grünen im Kreis Herford: "Es gibt ein Vermittlungsproblem. Die Aufgaben des Landrats und des Kreistags sind nicht so im Bewusstsein verankert wie die Aufgaben eines Bürgermeisters und des Stadtrats." Für Kersting handelt es sich sogar um ein Imageproblem. "Landräte werden unterschätzt.
Wichtige Entscheidungen in den Bereichen Bildung, Wirtschaft, Umwelt, Jugendhilfe und im öffentlichen Nahverkehr liegen im Zuständigkeitsbereich des Kreises", sagt Kersting. Der lippische CDU-Landratskandidat Friedel Heuwinkel warnt hingegen davor, Wähler zu unterschätzen: "Wenn Kreis und Kommunen eng zusammenarbeiten, dann kennen die Bürger auch die Aufgaben des Kreises."
Auch Medien beeinflussen nach Angaben von Kersting die Wahlbeteiligung. "Insbesondere das Fernsehen berichtet kaum über Kommunalpolitik. Dadurch verlieren Wähler den Bezug zur Politik, vor allem zu Parteien." Das führe dazu, dass ein Großteil der Bevölkerung Personenwahlen bevorzugt. "Die Partei ist bei Bürgermeister- und Landratswahlen zweitrangig", sagt Kersting.
Deshalb werden auch immer mehr parteilose Kandidaten ins Rennen geschickt. "Die brauchen zwar die Partei als Motor, aber kein Parteibuch, um Erfolg zu haben." Das bestätigt auch Heuwinkel, der als CDU-Kandidat im sozialdemokratisch geprägten Lippe um seine vierte Amtszeit kämpft: "Bürger wählen nicht die Partei, sondern die Person."
Nur in einem einzigen NRW-Kreis steht eine Frau an der SpitzeIn NRW gibt es mit Eva Irrgang (CDU) in Soest nur eine Landrätin. In OWL gibt es derzeit nicht einmal Kandidatinnen für das Amt, und das wird sich in diesem Jahr wohl auch nicht mehr ändern, denn Meldeschluss ist am Montag. Bislang gab es in der Region lediglich zwei Frauen an der Spitze eines Landkreises. Im Kreis Gütersloh war die SPD-Politikerin Ursula Bolte von 1994 bis 1999 zunächst ehrenamtliche und später hauptamtliche Landrätin.