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Auf die Nacht in der Bar folgte Mord (Teil II)

Freya Köhring

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- © Montage: Bernhard Preuss
Lippe kriminell (© Montage: Bernhard Preuss)

Kreis Lippe. Am 16. Oktober 1960 wurde die 21-jährige Ilse P. brutal ermordet in Hiddesen aufgefunden. Auf Grund von zahlreichen Zeugenaussagen wurde schon bald ein 28-jähriger Detmolder festgenommen werden.

Durch seine widersprüchlichen Aussagen wurde er immer verdächtiger. Er sagte sogar der Polizei, er wisse nicht mehr, ob er "die Hannelore umgebracht" habe. Der Haftrichter erließ daraufhin einen Haftbefehl.

Allerdings stellte sich nur wenige Stunden danach heraus, dass die Polizei den falschen Mann verhaftet hatte. Die LZ titelte: "Scheußliches Verbrechen endete gestern mit großer Überraschung - Ermordung im Leihwagen". Nicht der 28-jährige Detmolder war der Mörder, sondern der 20-jährige Richard Z. aus Hiddesen.

In allen Einzelheiten konnte er die Vorgänge der Nacht schildern und legte ein vollständiges Geständnis ab. Ein Jahr und zehn Tage später stand er dann vor der Jugendkammer des Landgerichts Detmold. Die Anklage lautete: "Notzucht mit Todesfolge, aber kein Mord".

Die Tatnacht

Am 26. Oktober 1961 war es schließlich soweit. Vor Gericht schilderte Richard Z. (die LZ beschrieb mehrfach, dass er vorehelich geboren wurde), der bis dahin ein 'ordentliches Leben' geführt hatte, noch einmal die Ereignisse der Tatnacht.

Nach dem Besuch mehrerer Bars und einem Liebesspiel am Donoperteich mit einer anderen jungen Frau hatte Z., der gerne mit teuren Leihwagen unterwegs war, noch eine Runde durch Detmold gedreht und wollte eigentlich nach Hause fahren. Daraufhin sagte der Vorsitzende damals: "Hätten Sie es man getan!"

Dabei traf er aber noch auf Ilse P.. Beide waren bereits miteinander bekannt und sie bat ihn, sie nach Lemgo zu fahren. Z. willigte ein und fuhr sie auch zunächst in Richtung Lemgo. In Laubke machte Z. Halt und versuchte vergeblich, sich Ilse P. anzunähern. Sie verpasste ihm eine Ohrfeige und erhielt daraufhin zwei Schläge gegen das Kinn und den Hals. Danach würgte Richard Z. die Frau, bis sie tot war.

"Dann folgte die Fahrt mit der Leiche nach Hiddesen und häßliche Vorgänge, die nicht geschildert werden sollen", heißt es im Gerichtsbericht vom 27. Oktober 1961. Richard Z. sagte damals: "Ich war so kopflos, dass ich nicht mehr wusste, was ich tat. Was ich getan habe, habe ich nicht gewollt. Ich bereue alles, was geschah, sehr!" - Daraufhin sei die Mutter des Opfers in Tränen ausgebrochen.

Während der weiteren Verhandlung erlitt auch die Mutter von Z. mehrere Schwächeanfälle. Doch ganz glauben wollte der Staatsanwalt die Reue nicht. Schließlich habe Z. nach dem Mord wieder schnell neue Beziehungen geknüpft und hätte wärend eines Kinobesuches herzhaft gelacht.

Am Ende kam der Richter zu folgendem Urteil nach dem Jugendstrafgesetz: "Der Angeklagte wird wegen Totschlags zu einer Strafe von sieben Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt." Der Staatsanwalt hatte eine höhere Strafe gefordert. Er verlangte für den Angeklagten zehn Jahre Gefängnis und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte.

Möglicherweise legte der Staatsanwalt deshalb auch Revision gegen das Urteil ein. In ihrer Ausgabe vom Donnerstag, den 28. Dezember 1961, verkündete die LZ schließlich, dass das Urteil nun rechtskräftig sei, da die Staatsanwaltschaft die Revision zurückgenommen habe.

Information
Notzucht ist ein veraltetes Wort für Vergewaltigung.
Zuchthaus war ein Gefängnis mit strafverschärfenden Haftbedingungen, z.B. mit Zwang zu körperlicher Arbeit.
Ehrenrechte sind die Rechte auf das aktive und passive Wahlrecht sowie das Recht, ein öffentliches Amt ausüben zu dürfen.

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