In dieser Stadt lebt man in Lippe am gefährlichsten

Kreis Lippe. Lippe hat seine Spitzenstellung behauptet: Auch 2017 war der Kreis der sicherste in NRW. Damit das so bleibt, hat Landrat Dr. Axel Lehmann am Mittwoch erneut vom Land mehr Leute für die Polizei gefordert.

&bdquo;Die Personalsituation macht es schwierig, diesen Standard zu halten", sagte er. Der Schlüssel &bdquo;1,1 Polizisten auf 1000 Bürger" sei der niedrigste im Land. &bdquo;Düsseldorf soll umdenken. Das würde uns das Leben erleichtern", prognostizierte der Landrat. Er führte die &bdquo;guten Zahlen" auf die hohe Motivation der Beamten zurück. Kripochef Wolfgang Pader lobte die Zusammenarbeit mit Staatsanwaltschaft, Gerichten und Kommunen. Indes: Die Spitzenstellung im Land wurde zwar gehalten, die Deliktzahl ist aber gestiegen – von 14.344 auf 14.511. Die höchste Kriminalitätsgefährdung (Delikte je 100.000 Einwohner) gab es in Bad Salzuflen, gefolgt von Detmold. Am sichersten war das Leben in Schieder-Schwalenberg und Schlangen.

Wohnungseinbrüche: Hier gab es sogar eine Steigerung gegen den Landestrend, mit 467 Fällen waren es nämlich neun mehr als im Vorjahr. &bdquo;Damit können wir nicht zufrieden sein", sagte Pader. Ermittlungserfolge stimmten ihn allerdings optimistisch, und im Januar und Februar habe es weniger Einbruchdiebstähle gegeben. In Relation der Fall- zu den Einwohnerzahlen waren die Bad Salzufler die häufigsten Opfer von Einbrechern, die wenigsten Einbrüche gab es in Augustdorf und Blomberg. In jedem zweiten Fall scheiterten Langfinger an Sicherungseinrichtungen.

Gewaltkriminalität: Die Polizei zählte lippeweit 562 Fälle, zehn mehr als 2016. Meist ging es dabei um häusliche Gewalt oder einfache körperliche Auseinandersetzungen, einige davon zwischen den unterschiedlichen ethnischen Gruppen innerhalb der Oerlinghauser Flüchtlingsunterkunft. Drei Lipper sind Opfer von Mördern geworden. Zu den Fällen dieser Kategorie zählen weitere Straftaten gegen das Leben wie Messerattacken, Vergewaltigungen, Raubstraftaten oder gefährliche und schwere Körperverletzungen. &bdquo;Wir hatten auch mehr versuchte Tötungsdelikte", sagte Pader. In diese Kategorie gehören der Beschuss eines Busses in Horn-Bad Meinberg und die Brandstiftung in einer Lemgoer Flüchtlingsunterkunft – beide Delikte sind nicht aufgeklärt.

Aufklärungsquote: 58,2 Prozent aller Delikte sind jedoch geklärt – allein rund 100 Einbrüche gehen auf das Konto einer Gruppe aus Hameln, die im lippischen Südosten aktiv war. &bdquo;Ein schöner Fahndungserfolg", sagte Pader. Bei Sexualstraftaten und Rohheitsdelikten (Raub, Körperverletzung) lag die Quote bei mehr als 90 Prozent. Der Kripochef schränkt jedoch ein: &bdquo;Es wird fast nur gestanden, was nachzuweisen ist."

Oerlinghausen: Lehmann und Pader versicherten, die Sorgen vor allem der Bürger der Südstadt zu verstehen – in einigen Fälle stünden in der Tat Bewohner des Flüchtlingsheimes als Einbrecher fest, in anderen Fällen seien sie &bdquo;vermutlich" verantwortlich. Die Anfang des Jahres gegründete Ermittlungskommission habe einige Erfolge erzielt: Sieben Verdächtige sitzen nun in U-Haft. &bdquo;Dieser Erfolg gibt uns Recht. Wir verzeichnen seit einigen Wochen keine Einbrüche mehr", sagte der Kripochef. Streifen seien verstärkt worden, und er gehe davon aus, dass Ende des Monats die neue Wache bezogen werde&bdquo;Wir dürfen aber den Rest des Kreises nicht vernachlässigen. Die meisten Einbrüche haben wir in Bad Salzuflen," sagte er und verwies auf die nahe A2.

Täter: 6388 Verdächtige sind ermittelt worden, drei Viertel von ihnen waren Männer, ein Viertel jünger als 21 Jahre. Damit ist die Anzahl straffällig gewordener Jugendlicher zwar um etwa zehn Prozent gestiegen, bleibt aber weit unter dem Höchststand aus dem Jahr 2001 (2412 Verdächtige). 16,6 Prozent der Ermittelten waren keine Lipper.

&bdquo;Den guten Standard halten" Ein Kommentar von Martin Hostert

Murmeltiertag in Lippe: Wie seit vielen Jahren schon sind die Kriminalitätszahlen bei uns die niedrigsten im Lande. Nirgendwo sonst wird seltener eingebrochen, nirgendwo gibt es weniger Diebstähle. Aber: Diese Statistiken sind immer differenziert zu betrachten. Natürlich ist jeder Einzelfall schlimm, ist jede Erfahrung, Opfer eines Raubes, Diebstahls oder anderen Deliktes geworden zu sein, schwer zu verarbeiten. Natürlich machen die Bewohner der Oerlinghauser Südstadt ganz andere Erfahrungen als etwa die Schlänger oder Schieder-Schwalenberger, sind die Deliktzahlen in der Nähe der Flüchtlingsunterkunft doch mächtig angestiegen. Der Polizeiführung sind diese Tatsachen sehr bewusst, sie hat gehandelt. In Oerlinghausen etwa sinken die Zahlen wieder, die Maßnahmen greifen. Und unermüdlich trommelt die Polizei seit Jahren für Einbruchschutz und nachbarschaftliche Wachsamkeit.

Das die gute Statistik einschränkende &bdquo;Aber" war deshalb am Mittwoch bei der alljährlichen Pressekonferenz deutlich und oft vernehmbar. Am deutlichsten in dem &bdquo;Murmeltier"-Appell des Landrates an die Landesregierung, mehr Polizisten zu stellen – denn zur Belohnung, weil es ja hier so sicher ist, ist die Personalstärke so gering wie nirgendwo sonst im Land. Und wenn Lehmann sagt, er sorge sich darum, den Standard halten zu können, ist das eine deutliche Mahnung – sonst sind Murmeltiertage schneller Geschichte, als wir es ahnen.

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