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Detmold

Innenminister Reul stellt sich hinter lippische Polizei

Erol Kamisli, Lothar Schmalen

Detmold/Düsseldorf. Innenminister Herbert Reul (CDU) hat sich der Diskussion mit den Polizisten im Kreis Lippe gestellt. Mehr als zweieinhalb Stunden nahm er sich Zeit für die 200 Beamten. Die Polizisten und ihr oberster Dienstherr diskutierten hinter verschlossen Türen über Fehler, Beleidigungen und die laufende Diskussion im tausendfachen Missbrauchsfall von Lügde.

In Düsseldorf tagte gleichzeitig der Familienausschuss des Landtags über mögliche Verfehlungen der Jugendämter des Kreises Lippe und des Kreises Hameln-Pyrmont.

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Jugendämter nicht einig

Seit Herbst 2016 haben sich die Jugendämter Lippe und Hameln-Pyrmont häufig mit der „Pflegefamilie" befasst, weil es Hinweise auf Missbrauch oder unzureichende Wohnverhältnisse gab. Sie kamen zu sich widersprechenden Einschätzungen.

„Es war eine offene Aussprache. Ich bin froh, dass ich der Einladung gefolgt bin", sagte Reul kurz nach der Versammlung in Detmold. Er betonte, dass einzelne Beamte im Fall Lügde Fehler gemacht hätten, doch der Großteil der lippischen Polizisten „leistet hervorragende Arbeit". Zuletzt hatte Reul auch von „Polizeiversagen" und einem „Desaster" gesprochen und sogar eine Beteiligung von Beamten an Missbrauchsfällen in Lügde nicht ausgeschlossen. „Es war ein sehr wichtiger Termin für uns alle. Das Gespräch verlief in einer offenen Atmosphäre", sagte Axel Lehmann, Landrat des Kreises Lippe.

Das NRW-Familienministerium geht davon aus, dass der Hauptverdächtige Andreas V. im Fall des schweren sexuellen Kindesmissbrauchs in Lügde nicht Pflegevater eines der Opfer geworden wäre, wenn NRW-Behörden darüber entschieden hätten. Die Lebensumstände des 56-jährigen Arbeitslosen hätten es nach Landesrecht gar nicht zugelassen, ihn als Pflegevater einzusetzen, sagte Andreas Bothe (FDP), Staatssekretär im Familienministerium.

Minister Stamp und Bothe legten dem Ausschuss einen neunseitigen Bericht vor. Sie verwiesen im Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend auf das NRW-Ausführungsgesetz des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Dort heiße es eindeutig, dass eine Pflegegenehmigung versagt werden müsse, wenn kein ausreichender Wohnraum für das Kind und die in der Wohnung lebenden Personen vorhanden sei oder wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Pflegepersonen und ihre Haushaltsführung nicht geordnet seien. Beides habe auf den arbeitslosen Mann aus Lügde, der seit Jahrzehnten auf einem Campingplatz lebte, zugetroffen, so Staatssekretär Bothe.

Im Fall von Andreas V. aber war das Jugendamt des angrenzenden Landkreises Hameln-Pyrmont in Niedersachsen für die Pflegegenehmigung zuständig, da das kleine Mädchen aus diesem Landkreis kam.

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