Klinikum Lippe will Patienten mit Licht-Simulation vor Verwirrtheit schützen

Kreis Lippe. Das Gehirn verliert mit zunehmendem Alter die Fähigkeit, außergewöhnliche Ereignisse zu verarbeiten. In der Medizin wird der Zustand als Delir bezeichnet, wenn Menschen verwirrt sind. Studien zufolge ist rund ein Fünftel aller Klinik-Patienten über 60 davon betroffen, mit zunehmendem Alter steigen die Zahlen. Das Klinikum Lippe setzt als drittes Krankenhaus weltweit ein besonderes Lichtsystem in der Delir-Prävention ein. &bdquo;VitalSky" simuliert im Zimmer auf der Intensivstation einen kompletten Tag – Sonnenauf- und untergang inklusive.

Bislang sind je zwei der Lichtsysteme von in Detmold und Lemgo installiert worden, 500.000 Euro nimmt das Klinikum Lippe in die Hand. Dabei soll es aber nicht bleiben. Geplant ist, je zehn Decken in Detmold und Lemgo einzubauen. Dr. Johannes Hütte, Geschäftsführer des Klinikums, ist stolz, diese Weltneuheit präsentieren zu können. &bdquo;Unserem Anspruch, medizinische Versorgung auf universitärem Niveau zu leisten, können wir nur gerecht werden, wenn wir in hoch qualifiziertes Personal und Hightech investieren."

Es geht um die Prävention, denn ein Delir, eine vorübergehende, mehr oder weniger langanhaltende Funktionsstörung des Gehirns, kann schwerwiegende Folgen haben. Ein Drittel der Betroffenen sei sehr unruhig, bei anderen sei die Motorik sehr eingeschränkt. &bdquo;Ein Krankenhausaufenthalt und insbesondere die intensivmedizinische Behandlung sind häufig Ursachen für das Auftreten eines Delirs", erklärt Prof. Dr. Christoph Redecker, Chefarzt für Neurologie am Klinikum Lippe. Schwere Verletzungen, Medikamente und Stress gehören zu den Auslösern. Und in einigen Fällen verschlimmere sich die Demenz.

&bdquo;Es gibt Menschen, die sich zu Hause sehr gut zurechtfinden und eine Demenz gut überspielen können. Kommen sie ins Krankenhaus, stehen sie unter Stress, was ein Delir auslösen kann. Dadurch wiederum kann sich die Demenz verstärken. Das Delir verursacht nicht die Demenz, aber kann sie beschleunigen. Deshalb ist es unser Ziel, hier vorzubeugen", erklärt Dr. Christoph Friedrich, Chefarzt der Klinik für Geriatrie.

Dass Licht einen positiven Einfluss auf die Psyche hat, sei bereits lange bekannt. &bdquo;VitalSky" hat aus Sicht der Mediziner weitere Vorteile. &bdquo;Wir können mit Hilfe des Systems die zirkadianen Lichtverhältnisse simulieren und damit die Patienten tagsüber stimulieren und nachts den erholsamen Schlaf fördern", so Redecker.

Die Chefärzte Christoph Friedrich und Christoph Redecker wollen den Bedürfnissen von Senioren gerecht werden, die oft mehrere Krankheiten haben. Gemeinsam mit anderen Fachabteilungen des Klinikums arbeiten sie am Aufbau eines Zentrums für Alterstraumatologie. &bdquo;Erholungsphasen unterstützen die Genesung. Das VitalSky-System bietet dafür beste Voraussetzungen", ist sich Friedrich sicher. Das Ganze werde wissenschaftlich begleitet, eine entsprechende Vereinbarung gebe es mit Philips.

Und, dort, wo die Lichtdecken hängen, sind die Zeiten vorbei, wo das Pflegepersonal nachts die Lichtschalter drücken muss. &bdquo;Es bleibt nachts eine winzige, den Patienten nicht störende Lichtquelle. Das reicht sogar, um zu schreiben. Und der Vorteil ist, dass die Patienten weiter schlafen können", schildert Jan Opel, Großstationsleiter am Klinikum Lippe. Und wie kommt das an? Willy Eickmeyer ist derzeit Patient in Lemgo. &bdquo;Das ist sehr wohltuend", sagt er. Über seinem Bett ist es gegen zehn Uhr hell, Opel hat ihm sein Lieblingsmotiv eingestellt: Der lippische Wald. Ihm gefällt der Wechsel, denn nicht nur das Licht wird der Natur angeglichen, über eine Programmsteuerung lässt sich zum Beispiel ein Blätterhimmel einspielen, nicht als Foto, sondern in sanften Grüntönen erscheinen schematische Bilder über dem Bett und an der Wand gegenüber. &bdquo;Das ist viel schöner, als gegen eine weiße Decke zu schauen. Und selbst wenn nur das Licht an ist, es blendet nicht. Man fühlt sich ein bisschen wie draußen."

Die Lichtdecke Philips &bdquo;VitalSky" ist eine LED Lichttheraphielösung, die speziell für die Bedürfnisse von Intensivpatienten entwickelt worden ist. Ziel ist, einem Verwirrtheitszustand, dem Delir, vorzubeugen. Mit der Lichtsteuerung soll der natürliche Schlaf-Wach-Rhythmus wieder hergestellt, das Zeitgefühl gestärkt und eine ruhige Umgebung für den Patienten geschaffen werden. Die Charité in Berlin, das Marien-Hospital in Wesel und das Klinikum Lippe nutzen das System laut Philips bislang.&bdquo; VitalSky" wird über ein Tablett gesteuert. Im Klinikum Lippe wird es nur durch das Pflegepersonal bedient. Die Erfahrungen aus Lippe sollen in die Weiterentwicklung einfließen.

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