Das sind die Hintergründe zum Botulismus-Fall in Lippe

Kreis Lippe. Jane und Metin Nergiz haben im Moment vor allem eine Sorge: &bdquo;Hoffentlich geht es unserem Kunden bald wieder besser." Der Mann liegt mit schweren Vergiftungserscheinungen im Krankenhaus. Er hatte Trockenfisch gegessen, und in einem Rest wurden Spuren des Bakteriums Clostridium botulinum gefunden.

Im Markt wurden am Mittwoch Warnschilder aufgehängt, Kunden, die in der Zeit vom 15. Juni bis 6. August Trockenfisch gekauft haben, sollten diesen nicht verzehren und ihn zurückbringen. Im Markt in Lage liegt der Trockenfisch in der Kühltheke, alles ist picobello. Ein Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung ist vor Ort und sagt: &bdquo;Die Ladeninhaber haben alles richtig gemacht. Sie können nichts dafür. Man sieht dem Fisch nicht an, dass er mit Botulinum-Bakterien kontaminiert ist." Vorsichtshalber nimmt er weitere Fische zur Untersuchung mit.

Vergiftungen sind selten Das Bakterium Clostridium botulinum lebt nur dort, wo es keinen Sauerstoff gibt, zum Beispiel im Inneren der Fische. Es produziert Botulinumtoxin, das Gift verursacht unter anderem Lähmungen, die zum Tod führen können. Mit diversen Symptomen war der Mann eingeliefert worden, allerdings sind solche Vergiftungen in Deutschland selten. 2018 gab es zwölf Fälle. &bdquo;Das ist schwierig zu erkennen, weil die Krankheit zum Glück sehr selten ist", sagt Annette Neuhaus von der Lebensmittelüberwachung des Kreises Lippe.

Der Lagenser Markt hatte als einziger in Lippe die Ware von dem niedersächsischen &bdquo;Ozean Fischgroßhandel" geliefert bekommen. Der Großhändler ruft aktuell mehrere Trockenfischsorten zurück. &bdquo;Die Chargen werden aus dem Verkehr gezogen, anhand der Kundenlisten kann man nachvollziehen, wohin der Fisch verkauft wurde. Die Kontrollbehörden prüfen, ob die Einzelhändler die Vorgaben umsetzen", sagt Neuhaus. Im übrigen sei bislang keineswegs sicher, dass noch mehr Fische das Gift in sich tragen. &bdquo;Es kann sein, dass es nur ein einziger war, aber da darf man kein Risiko eingehen."

Mehrere Fälle 2016 Der erkrankte Kunde hatte in Lage mehrere Sorten gekauft. Eine Art ist aber bereits mehrfach in die Schlagzeilen geraten. In Deutschland und Spanien wurden Ende 2016 mehrere Botulismus-Fälle gemeldet, die auf den Verzehr von gesalzenen und getrockneten Plötzen (eine Weißfischart) zurückzuführen waren. Auch da wurde nach dem Bekanntwerden der Botulismus-Fälle die verdächtige Ware zurückgerufen und in den betroffenen Staaten vor dem Verzehr gewarnt.

Die Gesamtgefahr für die Bevölkerung schätzt das Bundesamt für Risikobewertung angesichts der kleinen Fallzahlen allerdings als gering ein. Es rät, den Trockenfisch nicht mit Innereien zu essen und für mindestens zehn Minuten auf 85 Grad Celsius zu erhitzen. Die Kühlkette sollte beim Einkauf nicht unterbrochen werden. Letzteres gibt Metin Nergiz an seine Kunden auch weiter. &bdquo;Aber dass es überhaupt so ein Risiko bei einem Fisch wie der Plötze geben könnte, wusste ich nicht. Ich hätte den sonst nicht verkauft."

Eine ernst zu nehmende Krankheit Ein Lagenser ist nach dem Verzehr von Trockenfisch ins Koma gefallen . Schnell stand fest, dass es sich um Botulismus, eine Vergiftung handelt. Natürlich möchte man wissen, wie es dem Mann mittlerweile geht, aber dazu gibt das Klinikum Lippe keine Informationen raus. Allerdings ist die Sache ernst zu nehmen, und wer Symptome hat, sollte sich umgehend melden.

An einen Fall von Botulismus kann sich Professor Christoph Redecker, Chefarzt der Neurologie des Klinikums Lippe, erinnern, allerdings ist das bereits einige Jahre her und spielte auch nicht in Lippe. Die Symptome seien zunächst unspezifisch. &bdquo;Unwohlsein, Übelkeit, Krämpfe können auftreten, das nimmt man vielleicht nicht so ernst", sagt Redecker. Aber kennzeichnend für die Vergiftung sei, dass sich die Symptome innerhalb kurzer Zeit rapide verschlimmern. Innerhalb von 10 bis 36 Stunden können Herzprobleme, Schwindel und Lähmungen auftreten.

Es schädigt die Nerven Geweitete Pupillen und ein trockenes Gefühl im Mund seien Hinweise darauf, dass es sich um Botulismus handelt. &bdquo;Es ist nicht das Bakterium gefährlich, sondern das Gift, das es unter bestimmten Bedingungen produziert. Es schädigt die Nerven, die dann keine Impulse an die Muskeln übertragen können", erklärt der Chefarzt. Im schlimmsten Fall könne das Atemzentrum gelähmt werden, was zum Tod führen kann.

In der Behandlung werde ein Gegengift verabreicht, weil zumeist mehrere Organe betroffen sind, werde ein Patient intensivmedizinisch versorgt. &bdquo;Man kann mit einer Besserung rechnen, aber es kann einige Wochen dauern", sagt Redecker.

Das sind die Hintergründe zum Botulismus-Fall in Lippe

Botox in eingelegtem Gemüse: Wie vermeide ich das Gift?

Vorsicht bei Fischverzehr in Vietnam

Gefährliche Zecken: Darum rät der Chef der Neurologie in Lippe jetzt zur FSME-Impfung

Kliniken und Experten warnen vor giftigem Knollenblätterpilz in OWL

Was man bei Verdacht auf Pilzvergiftung (nicht) tun sollte

Nach dem Schlaganfall: Am Klinikum Lippe sind Lotsen als Ansprechpartner erste Wahl

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus