So geht der Kreis Lippe mit EU-Zuwanderern um

Kreis Lippe. &bdquo;Die wollen hier nur Sozialleistungen abgreifen" – die Probleme mit den südosteuropäischen Zuwanderern in Horn befeuern Stammtischparolen. Die Bulgaren haben wie die Rumänen ein Recht darauf hier zu sein, denn sie sind EU-Bürger. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht auch Pflichten haben.

&bdquo;Freizügigkeit wird oft falsch verstanden. Der Begriff bezieht sich auf den Wohnort, den Unionsbürger frei wählen dürfen. Wenn sie kommen, können wir ihnen nicht vorschreiben, wo sie hinziehen", erklärt Brigitte Nolting, Fachbereichsleiterin des Kreises Lippe. Wer die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats besitze, sei eben automatisch auch ein Unionsbürger. Die Ausländerbehörde sei deshalb außen vor. &bdquo;Die brauchen kein Visum, es hat auch nichts mit einem Asylverfahren zu tun." Die EU-Zuwanderer gehen zum Einwohnermeldeamt der Wohnsitzgemeinde und melden sich an. Dafür genügen ein gültiger Pass oder ein anderer personenbezogener Ausweis des Herkunftslandes.

Viele, die einreisen, hätten bereits einen Job. Wer nach drei Monaten keinen Job hat, wird beim Jobcenter vorstellig. &bdquo;Da gilt das, was auch für Deutsche gilt. Es wird geklärt, wie das mit der Arbeitsfähigkeit aussieht." In Fällen, wo es konkrete Hinweise auf einen Missbrauch gibt, ein Erschleichen von Leistungen, gebe es die Möglichkeit, die Freizügigkeit zu entziehen. &bdquo;So einen Fall haben wir in Lippe noch nicht gehabt", erklärt Nolting.

Auch Personen, die falsche Papiere vorlegen oder wegen einer schweren Straftat verurteilt werden, könne die Freizügigkeit entzogen werden. &bdquo;Grundsätzlich bewegen sich die Zuwanderer aus Europa auch nicht in einem rechtsfreien Raum. Wir fordern ein, dass zum Beispiel die Kinder auch zur Schule geschickt werden."

Auch was die Sozialleistungen angeht, gibt es Grenzen. EU-Bürger haben das Recht, sich sechs Monate oder noch länger in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, solange sie weiterhin Arbeit in der neuen Heimat suchen und Aussicht haben, eingestellt zu werden.

Beim Arbeitslosengeld zählt die Zeit der Beschäftigung – das gilt auch für Zuwanderer aus Europa. Wer innerhalb von zwei Jahren mindestens zwölf Monate in Deutschland gearbeitet hat, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG). Das sogenannte ALG 1 ist unabhängig von Ersparnissen. Um ALG II, umgangssprachlich als Hartz IV bezeichnet, zu beziehen, muss man nicht arbeitslos sein. Hartz IV für sechs Monate steht denjenigen zu, die zwischen einem halben und einem Jahr in Deutschland tätig waren.

Für volljährige Mitglieder einer Familie oder Bedarfsgemeinschaft gibt es 382 Euro. Kinder erhalten, abhängig von der Altersstufe zwischen 245 Euro und 322 Euro monatlich. Außerdem gibt es Kindergeld. &bdquo;Momentan haben wir eine Hochkonjunktur, das bedeutet, es gibt viele Jobs und es ist für Arbeitgeber interessant, auch Arbeitnehmer aus dem Ausland anzuwerben", sagt Nolting.

Bleibt die Frage, ob es besondere Angebote gibt, um die Zuwanderer besser zu integrieren. Angebote gibt es, aber es gibt laut Ausländeramt keine verpflichtenden Integrationsmaßnahmen, zum Beispiel Sprachkurse. &bdquo;Sie werden eben behandelt wie Deutsche. Die Integrationsangebote sind für EU-Zuwanderer freiwillig. Für Flüchtlinge sind sie verpflichtend."

Zahlen des Jobcenters Große Gruppen von Bulgaren leben in Bad Salzuflen (491), in Lage (302) und in Horn. Zum Stichtag 1.Juni 2019 lebten 1407 Personen mit bulgarischer Staatsangehörigkeit im Kreis Lippe, 281 waren in Horn-Bad Meinberg gemeldet, davon 147 Männer und 134 Frauen. 96 der Bulgaren sind jünger als 14 Jahre. Leistungen des Jobcenters bekamen 168 Personen, 93 von ihnen werden durch das Jobcenter als erwerbsfähig eingestuft. Fast die Hälfte der Leistungen werden für Jugendliche unter 15 Jahren ausgegeben. Hartz IV soll der Grundsicherung von Arbeitssuchenden und Geringverdienern dienen. Anspruch darauf haben alle Personen, die sich zwischen dem 15. Lebensjahr und dem Renteneintrittsalter befinden, erwerbsfähig und hilfsbedürftig sind und in Deutschland ansässig sind.

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