Horn-Bad Meinberg/Leopoldstal. Margitta und Thomas Müller sind traurig, enttäuscht und sauer. Das Paar versteht nicht, dass sie den schwerstbehinderten Pflegesohn Julian, der bis zu seinem Tod am 8. Oktober knapp 22 Jahre in der Familie lebte, nicht beerdigen können. „Es ist wirklich schlimm. Nach seinem Tod haben wir als Pflegefamilie keinerlei Rechte mehr", sagt die 57-Jährige.
Julians Leichnam ist verbrannt worden. Die Urne steht immer noch beim Bestattungsunternehmen, weil niemand die Bestattungskosten übernehmen wolle, sagt Margitta Müller. „Die ganze Familie steht unter Schock, da wir uns nicht am Grab gemeinsam vom ihm verabschieden konnten."
Kamisli kümmert sich
Im Alter von acht Monaten sei Julian als Pflegekind aufgenommen worden, nachdem er von der leiblichen Mutter „geschüttelt und misshandelt" worden sei. „Durch die Übergriffe der Mutter war er mehrfach schwerstbehindert, blind und rundum auf Hilfe angewiesen", sagt Pflegevater Thomas Müller. Julian habe über die Jahre Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz erhalten. „Davon wurden wir als seine Pfleger und auch notwendige Anschaffungen bezahlt", erklärt die Pflegemutter. Sie wie auch ihr Mann sind gelernte Krankenpfleger, mit Erfahrungen in der Kinderpsychiatrie.
Um die Verwaltung des Geldes habe sich eine vom Gericht bestellte Betreuerin gekümmert. Es sei nicht alles Geld ausgegeben worden, da die Betreuerin es zugunsten von Julian gespart habe. „Sie hatte zum Beispiel eine Urlaubsreise mit zwei Betreuungspersonen nicht genehmigt", erinnert sich der 62-jährige Thomas Müller. Alles Ersparte – nach Meinung der Müllers eine fünfstellige Summe – sei nach einer Entscheidung des Detmolder Amtsgerichts, das die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt habe, an die leibliche Mutter von Julian gegangen. Diese ist laut Gesetz verpflichtet, die Bestattung zu bezahlen, ist der Pflicht aber noch nicht nachgekommen.
Bestatter hat noch keine Unterschrift
„Sie ist für seine Behinderungen verantwortlich, hat das gesamte Geld und weigert sich nun, die Beerdigungskosten von rund 4000 Euro zu übernehmen", klagen die Pflegeeltern. Sie seien völlig hilflos, da auch das zuständige Ordnungsamt der Stadt Horn-Bad Meinberg bisher eine Kostenübernahme ablehne. Die beiden bitten die LZ um Hilfe. Ihr Wunsch: „Es wäre schön, wenn wir Julian vor Weihnachten neben seinem Bruder Florian auf dem Leopoldstaler Friedhof bestatten könnten." Auf LZ-Anfrage antwortet Levin Schröder vom Ordnungsamt. Die leibliche Mutter habe als Erbin genug Geld geerbt und signalisiert, dass sie die Beerdigungskosten tragen wolle. „Wenn sie es sich anders überlegt, werden wir einspringen, um eine Beerdigung vor Weihnachten zu ermöglichen", verspricht Schröder. Die Kosten würden dann der Mutter in Rechnung gestellt. Die „ordnungsamtliche Bestattung" beinhalte keinen Grabstein. „Darum müsste sich die Pflegefamilie kümmern, wenn sie so etwas will."
„Endlich mal eine positive Nachricht. Wir freuen uns über das Versprechen des Ordnungsamtes" so Margitta Müller. Auf Nachfrage antwortete das Bestattungsunternehmen allerdings am Dienstag: „Wir haben immer noch kein grünes Licht, um die Urne, die wir seit Mitte Oktober aufbewahren, bestatten zu können." Ohne eine Unterschrift von einer Person oder Einrichtung, die die Kosten übernähme, sei eine Beerdigung nicht möglich.