Fünf Arztpraxen im Kreis Lippe geschlossen

Kreis Lippe . Fünf Arztpraxen im Kreis Lippe sind geschlossen worden. Wenn Kollegen oder Patienten das Virus in sich tragen, kommt die Mannschaft unter &bdquo;Hausarrest". Manch Doktor fährt aber auch von sich aus den Praxisbetrieb stark herunter, um die Zahl der Patientenkontakte zu senken.

Auch im Klinikum Lippe stellt sich die Frage, was passiert, wenn das Pflegepersonal außerhalb des Dienstes mit Infizierten in Kontakt kommt. Seit Montag wird der Corona-PCR-Test im Klinikum vorgenommen. Die Ergebnisse liegen so weitaus schneller vor.

Das Klinikum: Je schneller Patienten eine Diagnose haben, ob sie sich mit dem Coronavirus infiziert haben, um so sicherer ist es für alle, die mit ihnen umgehen. Das Klinikum Lippe übernimmt deshalb in Zukunft die Tests für Patienten und Mitarbeiter selbst.

Das erste Gerät für den Corona-PCR-Test ist seit Montag in Betrieb, ein weiteres, das Testergebnisse innerhalb einer Stunde liefert, ist bestellt. Dr. Jens Gieffers, Chefarzt des Instituts für Mikrobiologie, Hygiene und Laboratoriumsmedizin, sieht Schnelligkeit und Flexibilität als besondere Vorteile im Kampf gegen die Pandemie. &bdquo;Wir können sehr viel besser planen, wer wie versorgt werden muss, also auch Kapazitäten auf der Isolierstation besser nutzen. Außerdem ist es auch ein Plus für die Sicherheit unserer Mitarbeiter."

Das Klinikum habe sich bereits frühzeitig um die Beschaffung der Geräte gekümmert, sagt Dr. Giefers. Allerdings gebe es derzeit große Lieferengpässe. Außerdem reiche die Anschaffung allein nicht aus. &bdquo;Wir mussten räumliche Trennungen schaffen, das passende Equipment besorgen und man darf nicht vergessen, dass wir in unseren Labors auch andere Tests machen müssen. Es gibt zum Beispiel auch Erreger, die eine Lungenentzündung hervorrufen und nichts mit Coronaviren zu tun haben."

Die Quarantäne-Regel: Derzeit sei die Wartezeit auf die Testergebnisse mit bis zu drei Tagen sehr lang, sagt der Ärztliche Direktor und Chefarzt für Innere Medizin Dr. Johannes Tebbe. Wenn Kontaktpersonen von Infizierten in Quarantäne müssen, sei das für das Gesundheitssystem eine enorme Belastung. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte Montag angekündigt, dass es Änderungen für diejenigen geben soll, die im Gesundheitssystem arbeiten. Die Krankenhauseinsatzleitung hat gestern Mittag über das künftige Vorgehen entschieden.

Der Plan: Im Vordergrund stehe der Mitarbeiterschutz, aber auch der Erhalt der Arbeitsfähigkeit, sagt Dr. Tebbe. Klinikmitarbeiter, die ungeschützt direkten Kontakt mit einem Infizierten haben, werden in die häusliche Quarantäne geschickt und Proben werden getestet. Ist das Ergebnis negativ und gibt’s auch keine Symptome, können sie wieder im Team arbeiten, aber mit FFP-2-Schutzmasken. Tebbe: &bdquo;Wir testen zum Ende der Inkubationszeit noch einmal, um sicher zu gehen."

Auch im Falle eines indirekten Kontaktes könne man mit dem Labor im eigenen Haus sehr viel schneller zu einem Ergebnis kommen und so verhindern, dass sich die Mitarbeiter untereinander anstecken.

Es sei wichtig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Ärzteschaft, Pflege und den Dienstleistungsbereichen besonders zu schützen. Ihre Einsatzfähigkeit werde auch in den kommenden Wochen entscheidend sein im Hinblick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Die Arztpraxen: Momentan droht kein Engpass, meint Dr. Hans-Christian Körner von der Kassenärztlichen Vereinigung. Er sagt: &bdquo;Uns ist es gelungen, die meisten Patienten durch andere Praxen aufzufangen."

Ende vergangener Woche hatte die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KV) ein Fax an alle Praxen geschickt: Laut Bezirksstellen-Leiter Körner wurden darin alle Ärzte aufgefordert, den Regelbetrieb runterzufahren und sich nur noch um die Akutfälle und chronisch Kranken zu kümmern, die schnell Hilfe benötigten. Klartext: Der Drei-Jahres-Check-up soll ebenso verschoben werden wie professionelle Zahnreinigungen.

Die Patienten: Auf der einen Seite stehen weniger Mediziner parat, räumt Körner ein. Manch einer soll bei leerem Wartezimmer seinen Osterurlaub, der nun zwangsweise auf &bdquo;Balkonien" stattfinden muss, vorgezogen haben. Auf der anderen Seite kommen nach Worten von KV-Funktionär Körner weitestgehend nur noch die Patienten, die nicht warten können oder bei denen Krankschreibung oder Arznei-Rezept per Telefon nicht funktionieren.

Auch die Notfall-Ambulanzen der Kliniken verzeichnen keinen zusätzlichen Andrang, weil niedergelassene Kollegen ausfallen. Christian Ritterbach vom Klinikum Lippe: &bdquo;Im Gegenteil – die Patientenzahl ist leicht rückläufig." Offensichtlich verzichteten die Menschen darauf, mit Kleinigkeiten in die Notaufnahme zu kommen. Das sei vor der Coronavirus-Krise anders gewesen.

Der Ausblick: Eine Notlage, wenn immer mehr Praxen schließen, sehe er als Bezirksstellen-Leiter nicht, sagt Körner. Denn: &bdquo;Jede Praxis ist verpflichtet, sich um eine ortsnahe Vertretung zu kümmern und diese mit einem Schild am Eingang bekannt zu machen." Im Regelfall erfahren die Patienten bereits per Anrufbeantworter, an wen sie sich wenden können. Dass es Domino-Effekte gebe, wenn eine Ersatz-Praxis ebenfalls zu mache, wolle und könne er jedoch nicht ausschließen.

Die Quarantäne : Dazu kommen die Zwangsschließungen: die Quarantäne. Körner und sein Team sind noch bis Donnerstag selbst betroffen. Hier hoffen die niedergelassenen Ärzte auf einen Vorschlag, der vom Robert-Koch-Institut (RKI) kommt: Bislang gilt, dass Haus- und Fachärzte bei intensivem Patientenkontakt zu Corona-Infizierten sofort zu machen müssen. Daher der neue Vorschlag des RKI: Solange ein Arzt keine Symptome zeigt, solle er trotz Corona-Kontakts weiterarbeiten.

Die Fachärzte : Vor allem bei den Fachärzten sorgen die Sperren derweil für Schwierigkeiten. Schließungen oder Terminabsagen seien ein zweischneidiges Schwert, weiß die Lemgoer Fachärztin für Nuklearmedizin, Dr. Adda Mau. Schöben doch manche Fachärzte schon jetzt Wartelisten von vier Monaten für einen Termin vor sich her – wer Patienten hier in der Breite auf später vertröste, werde den Rückstand kaum wieder einholen können, zumal bei durchaus wichtigen, sagt Adda Mau. Sie selbst macht momentan aus ganz anderen Gründen eine einwöchige Pause: Ihre Praxis zieht um. Noch längere Wartelisten bei den Fachärzten, sobald die Corona-Bestimmungen gelockert werden, erwartet denn auch KV-Bezirksvertreter Hans-Christian Körner.

Das Klinikum Lippe weist darauf hin, dass die Testung von Coronaverdachtsfällen für die Bevölkerung nach wie vor ausschließlich über das Gesundheitsamt des Kreises Lippe organisiert wird. Betroffene müssen sich unter Tel. 116 117 oder (05231) 621100 anmelden.

Drei Patienten auf Intensivstation Derzeit werden in Lemgo einer und in Detmold zwei Patienten mit einer Coronavirus-Infektion auf den Intensivstationen betreut. Dr. Johannes Tebbe, Chefarzt der Inneren Medizin, führt die im Vergleich zu anderen Regionen niedrige Zahl darauf zurück, dass der Kreis Lippe sehr frühzeitig mit den Abstrichen begonnen hat. Ein Test koste derzeit um die 60 Euro. &bdquo;Dadurch wurden die Menschen früher in Quarantäne geschickt, und wir hoffen, dass wir dadurch Zeit gewonnen haben." Für das Klinikum sei das größte Problem, dass ein infizierter Patient quasi am Test-System vorbei aufgenommen werden könnte. Im Klinikum sind die FFP-2-Masken gestern an alle Mitarbeiter, die Kontakt zu Patienten haben, verteilt worden.

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