Prozess startet: Renter fühlt sich gestört und schießt auf Nachbarn

Detmold/Oerlinghausen. Es liest sich wie der Plot eines schlechten Films. Weil ein 76-jähriger Rentner aus Oerlinghausen sich am Abend des Maifeiertags von der Lautstärke seines Nachbarn gestört fühlt, klopft er gegen 22 Uhr an dessen Tür und bedroht den 44-Jährigen mit einer Schusswaffe. Mehrfach soll der Rentner nach Angaben des Landgerichts abgedrückt haben, dann löst sich ein Schuss. Der Nachbar wird ins Bein getroffen, der Angreifer geht wieder ins Bett. Am Montag, 19. Oktober, muss sich der Rentner jetzt wegen versuchten Totschlags vor dem Schwurgericht in Detmold verantworten.

Verteidiger Andreas Scharmer will vor Gericht zumindest den Tatvorwurf abschwächen. &bdquo;Dass es passiert ist, ist unstrittig. Aber er hat ihn ja nicht umbringen wollen", sagt der Rechtsanwalt aus Detmold. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. &bdquo;Er hat nicht bloß auf die Beine gezielt, daher gehen wir von einer Tötungsabsicht aus", sagt Oberstaatsanwalt Christopher Imig. Ob der Oerlinghauser sich vor Gericht einlässt, dazu will sein Verteidiger sich nicht äußern. Der Rentner sei zumindest stark alkoholisiert gewesen und hätte sich massiv in seiner Ruhe gestört gefühlt. Strafrechtlich sei der Angeklagte kein unbeschriebenes Blatt, er habe schon mehrere Jahre im Gefängnis gesessen. &bdquo;Da ging es unter anderem auch um den Verstoß gegen das Waffengesetz", sagt Landgerichtssprecher Dr. Wolfram Wormuth.

SEK-Kommando sprengt Wohnungstür Außerdem habe er über Jahrzehnte schwersten Alkoholmissbrauch betrieben. Weil sein Mandant im volltrunkenen Zustand vom Tatort direkt nach Hause gegangen und wieder eingeschlafen sei, habe er das Klopfen der vom Nachbarn alarmierten Polizei nicht gehört. &bdquo;Deshalb musste ein Sicherheitskommando die Tür sprengen", sagt Scharmer. Der damals noch 75-Jährige wurde festgenommen. Wenige Tage später habe sich in Untersuchungshaft herausgestellt, dass der Rentner einen Oberschenkelhalsbruch erlitten hatte. Er sei operiert worden und immer noch auf einer Pflegestation in der JVA untergebracht. &bdquo;Wie es dazu gekommen ist, weiß ich nicht. Vielleicht war auch die Polizei bei der Festnahme etwas ruppig", sagt der Verteidiger. Oberstaatsanwalt Christopher Imig sagt dazu: &bdquo;Unwahrscheinlich. Er hat ja geschlafen, als er festgenommen wurde. Den Beamten fiel bloß auf, dass er humpelte. Bei einem Schwerstalkoholiker ist das nichts Ungewöhnliches." Der Bruch könnte auch im Zusammenhang mit der vorgeworfenen Tat passiert sein. Als der Nachbar den bewaffneten Rentner vor sich sah, hätte er seinen Angreifer instinktiv zu Boden geschubst. &bdquo;Der Angeklagte hat während des Fallens abgedrückt und dann das Bein getroffen", sagt Imig.

Die Verletzung sei nicht schwerwiegend gewesen, daher habe der 44-Jährige das Krankenhaus nach kurzer Zeit wieder verlassen können und keine Folgeschäden erlitten. Vor Gericht wird sich auch klären müssen, ob der Rentner schuldfähig ist. Die Verhandlung beginnt am Montag, 19. Oktober, um 9 Uhr.

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