Damengambit: Die angenehmste Serienüberraschung des Jahres

Das Netflix -Original &bdquo;Das Damengambit" schafft das, was viele Außenstehende für unmöglich halten könnten - die Serie lässt Schach wahnsinnig spannend aussehen. Die junge Elizabeth Harmon, gespielt von Anya Taylor-Joy – bekannt aus dem Psychothriller &bdquo;Split”, wächst in den 1950er Jahren im Waisenhaus auf. Der Hausmeister bringt ihr Schach bei, Elizabeth entdeckt ihr Talent zum Schachspielen und avanciert zu einer der erfolgreichsten Schachspielerinnen der westlichen Welt. Einzig ihre Sucht nach Alkohol und Beruhigungstabletten scheint alles in Gefahr zu bringen.

Von der Waise zur Landesmeisterin Nach einem Autounfall, bei dem ihre Mutter zu Tode kam, landet sie als Achtjährige (Isla Johnston) in einem trostlosen Waisenhaus in Kentucky. Dort verteilt man großzügig Tranquilizer, um die Kinder ruhig zu stellen. Doch auch mit dem Schach kommt sie hier erstmals in Berührung: Im Keller des Heims bringt ihr der gleichermaßen eigenbrötlerische wie freundliche Hausmeister Mr. Shaibel (Bill Camp) das Spiel bei.

Nachts, im Drogendelirium, erscheint ein übergroßes Brett an der Decke, gedanklich spielt sie unzählige Partien durch. Die Schatten der Figuren legen sich wie in einer bösen Vorankündigung über ihr Gesicht, drohen sie zu verschlingen. Schnell wird klar, dass sie außerordentlich talentiert ist, wofür sie von Anfang an sowohl bewundert, aufgrund ihres Geschlechts aber auch immer wieder kritisch beäugt wird.

Später wird sie adoptiert, ausgerechnet von einem Paar mit erdrückenden Eheproblemen. Der &bdquo;Vater" (Sergio di Zio) zeigt keinerlei Interesse am Familienleben und verlässt die Familie auch bald, die Mutter Alma (Marielle Heller) hingegen leidet unter der Freudlosigkeit ihres leeren Hausfrauendaseins.

Quasi gleichzeitig verfällt Beth weiter der Schachkarriere und ihren Süchten. Als Mutter Alma merkt, dass mit dem Talent ihrer Tochter durchaus Geld zu machen ist, lässt sie sie die Schule schwänzen, um mit ihr zu Turnieren im ganzen Land zu fahren. Unterwegs lässt sie sie an ihrem Gibson nippen, später gibt es für die junge Teenagerin Bier auf ex und Beruhigungspillen, die Beth ohnehin regelmäßig für ihre Ziehmutter aus der Apotheke holen darf.

Langeweile wird Schachmatt gesetzt Ummantelt von einem Setting aus Kaltem Krieg und bunter 60er Jahre Optik, schwingt sich Beth Harmon vom lokalen Star zur nationalen Berühmtheit auf und erregt schließlich auch international immer größere Aufmerksamkeit.

Die bis dahin ungeschlagene Beth Harmon findet auf der internationalen Bühne des Schachs schließlich in Vasily Borgov (Marcin Dorocinski), einen sowjetischen Großmeister, ihren Endgegner. Innerhalb kürzester Zeit verliert sie zwei Finals gegen Borgov und verfällt, von Selbstzweifel geplagt, in eine Depression. Ihr verbleibt noch eine Chance, um die Niederlagen wieder gut zu machen. Sie muss Borgov auf der Weltmeisterschaft in Moskau schlagen.

Hier beginnt die Serie an Fahrt aufzunehmen, denn die Schachweltmeisterschaft in Moskau ist mehr als nur ein Turnier, zur Zeit des Kalten Krieges ist sie ein richtiges Politikum. Es entwickeln sich drei simultan laufende Handlungsstränge, die jeder für sich, dazu beitragen, dass den Zuschauern keine Sekunde langweilig wird.

Als Amerikanerin in der Sowjetunion ist Beth durchgehend von Geheimdienstagenten beider Seiten umgeben. Darüber hinaus buhlen politische Interessengruppen um ihre Aufmerksamkeit und versuchen sie zu anti-sowjetischen Statements zu bewegen.

Gleichzeitig hat sich die ganze Schachcommunity der Vereinigten Staaten vor dem Telefon versammelt und fiebert bei jedem Spielzug der jungen Beth mit. Zusammen mit ihr entwickeln sie Strategien und Spielzüge, um die USA zum ersten Weltmeistertitel im Schach zu verhelfen.

Aber zwischen politischer Agenda und dem Rückhalt ihrer Freunde gibt es noch einen dritten, eher ungewöhnlichen, Aspekt. Während Beth in den Staaten, selbst als Ikone ihrer Szene, in eine nerdige kleine Nische geschoben wird, ist sie in der Sowjetunion ein Star. Gänzlich befreit von jedem politischen Vorurteil, wächst ihre sowjetische Anhängerschaft von Tag zu Tag an. Plötzlich zollen ihre Gegner ihr Respekt, anstatt sie zu unterschätzen, und sie muss zum ersten Mal in ihrer Karriere dutzende Autogramme geben.

Durch das intelligente Ineinanderweben dieser drei Handlungsstränge entwickelt sich die Serie zu einem sehr kurzweiligen Erlebnis. Macht sie beispielsweise einen spielentscheidenden Zug, wird gezeigt wie sie ihn am Telefon mit ihren Freunden ausgeklügelt hat und wie sie sich, durch ihr intelligentes Spiel, Zug um Zug in die Herzen der sowjetischen Fans spielt.

Am Ende dieser emotional aufgeladenen Szenen hat man das Gefühl, dass die junge Beth Harmon es schafft die Spannungen des Kalten Krieges, wenn auch nur für kurze Zeit, zu überwinden und durch ihre Liebe zum Spiel eine Brücke zwischen zwei verfeindeten Nationen baut, die es ohne sie niemals gegeben hätte.

Die Miniserie besteht aus insgesamt sechs Folgen à 45 Minuten.

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