Die Jüngsten brauchen immer mehr Hilfe

Kreis Lippe . Eine steigende Zahl an Kindern benötigt Förderangebote schon vor der Einschulung. Das hat Dr. Günther Golla festgestellt. Er ist leitender Arzt für Neuropädiatrie und Psychosomatik am Interdisziplinären Frühförderungszentrum Lippe, (IFF) in Detmold, das seit Oktober 2019 vom Klinikum Lippe und dem Deutschen Roten Kreuz betrieben wird.

&bdquo;Das interdisziplinäre Team bietet sowohl pädagogische als auch therapeutische Hilfen für Kinder mit Entwicklungsrisiken von der Geburt bis zum Schuleintritt an", schreibt das Zentrum in einer Pressemitteilung. &bdquo;Kinder mit einem besonderen Förderbedarf sind Mädchen und Jungen, bei denen eine Behinderung droht oder bereits vorliegt", erklärt Günther Golla. Der häufigste Grund für eine Frühförderung seien Auffälligkeiten in der sprachlichen Entwicklung. &bdquo;Hier muss man sich natürlich fragen, ob der erhöhte Medienkonsum seinen Teil zum Anstieg des Förderbedarfs beiträgt." Ein Grund der steigenden Zahlen sei sicherlich auch die Offenheit der Gesellschaft, &bdquo;in der Behinderungen als Realität akzeptiert sind und Betroffene oder ihre Eltern Hilfen einfordern". Außerdem nehme der Anteil der Frühgeborenen weltweit zu, in Deutschland seien es zehn Prozent aller Neugeborenen. &bdquo;Diese Kinder haben ein erhöhtes Risiko für Entwicklungsstörungen und benötigen daher eine besonders engmaschige, spezialisierte Betreuung."

Neben Pädagogen und Therapeuten sei im IFF auch ärztliche und psychologische Expertise vorhanden. &bdquo;Je nach Störungsbild werden weitere Therapeuten aus den Bereichen Logopädie, Physiotherapie und Ergotherapie oder ein Psychologe hinzugezogen." Fördermaßnahmen – in der Regel werden sie in den Räumlichkeiten des Interdisziplinären Frühförderzentrums angeboten – werden dann mit den Eltern abgesprochen.

&bdquo;Deshalb ist eine ärztliche und oft psychologische Abklärung absolut ratsam" Auffällige Sprachentwicklungen seien für die meisten Eltern offensichtlich. &bdquo;Viele Jungen und Mädchen werden auf Anregung einer Kindertagesstätte vorgestellt, weil sie im Vergleich zu Gleichaltrigen ein anderes Spiel- oder Sozialverhalten zeigen." Die Sensibilität der Erzieher habe deutlich zugenommen, &bdquo;so dass uns entwicklungsauffällige Kinder viel früher als vor Jahren zugewiesen werden". Wichtig bleibe weiterhin die konstante Beobachtung von den niedergelassenen Kinderärzten.

Auch Kinder mit auffälligem Sozialverhalten, Unruhe und unkontrolliertem Bewegungsdrang seien im IFF gut aufgehoben. Nicht immer stecke eine Aufmerksamkeitsdefizit- oder Hyperaktivitätsstörung dahinter. &bdquo;Deshalb ist eine ärztliche und oft psychologische Abklärung absolut ratsam." Bei einem Teil dieser Kinder sei kein Förderbedarf nötig. &bdquo;Die Eltern sind dann oftmals erleichtert, dass die Fachleute eine insgesamt gute und normale Entwicklung festgestellt haben." Für die Eingangsdiagnostik ist eine Verordnung durch den Kinderarzt oder einen anderen Arzt, der Früherkennungsuntersuchungen anbietet, notwendig. Diese werde auf einem Rezeptformular ausgestellt.

Kontaktbeschränkungen, umfangreiche Hygienemaßnahmen und Unterbindung von Gruppenarbeit hatten Auswirkungen auf die Arbeit, begonnene Fördermaßnahmen sind im Frühjahr 2020 am Telefon durch Anrufe fortgesetzt worden. Seit Sommer 2020 sind regelmäßige Therapiestunden mit Kindern und deren Eltern wieder möglich.

Hohe Nachfrage Nur wenige Monate nach Gründung des Interdisziplinären Frühförderungszentrum Lippe kam die Pandemie. Kindergarten- oder Schulschließungen haben viele Eltern besonders gefordert. &bdquo;Dafür, dass wir in dieser Zeit im Rahmen des Möglichen für die Mütter und Väter da waren, erhielten wir sehr viele positive Rückmeldung", sagt Golla. Pandemiebedingt sei es zu einem &bdquo;deutlich vermehrten Medienkonsum auch der Klein- und Kindergartenkinder mit entsprechenden ungünstigen Auswirkungen auf die Entwicklung" gekommen. &bdquo;Ob wir nun mit einer zeitlichen Verzögerung deutlich mehr Kinder in den nächsten Jahren in der Frühförderung begleiten müssen, lässt sich noch nicht einschätzen."

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