Das sagen Abgeordnete in Lippe zur Reform des Wahlrechts

Kreis Lippe. Die vom Bundestag beschlossene Reform des Wahlrechts sorgt bundesweit für viel Diskussionen. Die Anzahl der Sitze wird auf 630 begrenzt. Union und Linke wollen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen - auch, weil drei errungene Direktmandate nicht mehr unabhängig vom Knacken der Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament reichen (Grundmandatsklausel). Das könnte für "Die Linke", aber auch für die CSU das Aus bedeuten. Die LZ fragte die heimischen Bundestagsabgeordneten nach ihrer Meinung.

Jürgen Berghahn (SPD) sagt, die Reform sei längst überfällig, "Wir kommen dem Willen der Menschen nach. Das halte ich für richtig." Seit zehn Jahren werde über eine Wahlrechtsreform diskutiert, diese sei stets an der Blockade von CDU/CSU gescheitert. "Die Alternative wäre eine Verringerung der Wahlkreise von 299 auf 280 gewesen. Die Wahlkreise würden größer und könnten nicht mehr angemessen betreut werden. " Negative Folgen der Reform für Lippe und seine politische Arbeit sieht der Blomberger nicht.

"Wir stärken die Arbeitsfähigkeit des Bundestages" - davon ist Robin Wagener (Grüne) überzeugt, Es werde nur sehr wenige Wahlkreise ohne Abgeordnete geben. Für Lippe macht er sich keine Sorgen. Drei der fünf Abgeordneten (Kerstin Vieregge, Christian Sauter und er selber) seien über die Landeslisten eingezogen. Alle Abgeordneten seien ohnehin dem ganzen Volk, nicht nur dem eigenen Wahlkreis verpflichtet. Dass nicht mehr jeder Wahlkreisgewinner automatisch ein Mandat erlange, stärke das vorrangige Prinzip der Verhältniswahl und sei etwa im bayerischen Landtagswahlrecht lange erprobt. Wenn die CSU die Union über Jahre dazu bringe, nur Reformen zu unterstützen, die gerade ihnen nützten und alles andere blockierten, müsse eine Mehrheitsentscheidung fallen: "Ich habe großen Respekt vor allen, die schon jetzt nur knapp über ihren Listenplatz eingezogen sind und für die Reform gestimmt haben, obwohl ihre Chancen bei der nächsten Wahl dadurch deutlich unsicherer werden."

Auch die FDP trägt die Reform mit. "Vorrangiges Ziel ist es, eine stabile, kleinere Größe des Bundestages zu garantieren", sagt Christian Sauter . CDU und CSU hätte dies bislang verhindert. "Die Abschaffung der Grundmandatsklausel ist folgerichtig. Das Parlament kommt dem wachsenden Unverständnis bezogen auf seine Größe nach." Für die Arbeit als Abgeordneter in Lippe sehe er keine Auswirkungen.

Ganz anderer Meinung sind die CDU-Abgeordneten Kerstin Vieregge und Christian Haase. Die Extertalerin zeigt zwar ein "gewisses Verständnis für die harte Position der Ampel-Parteien"; CDU und CSU hätten es nicht geschafft, eine wegweisende Reform auf den Weg zu bringen. Die mögliche Nicht-Zuteilung von Direktmandaten sei aber "undemokratisch". Ambitionierte Politiker würden künftig noch mehr darauf aus sein, den Oberen der Partei zu gefallen, möglichst nicht anzuecken, und dadurch einen guten Listenplatz zu erhalten. Und sie würden sich möglicherweise weniger vor Ort engagieren, befürchtet sie. Und welche Alternativen sieht sie? "Natürlich kann man Wahlkreise anders zuschneiden. Oder, ganz einfach und radikal: Man schafft die Landeslisten ab und pro Wahlkreis wird der Kandidat mit den meisten Stimmen gewählt." Im Gegenzug müsste die Zahl der Wahlkreise auf 598 verdoppelt werden.

Christian Haase , der seinen Wahlkreis stets gewonnen und nicht auf der Landesliste kandidiert hatte, sagt, die Abschaffung der Grundmandatsklausel ziele auf zwei Oppositionsparteien. Insbesondere bei CSU-Kandidaten könnte es zu der absurden Situation kommen, dass diese alle 45 Wahlkreise gewinnen würden, aber ihre Mandate nicht antreten dürften, wenn die Partei bundesweit unter fünf Prozent bleibe. "Die Ampel verändert unser ausgewogenes Zweistimmenwahlrecht klar zugunsten der Listenabgeordneten. Diese müssen aber nicht nur ihren Wahlkreis, sondern vor allem auch die Delegierten auf ihrem Landesparteitag überzeugen." Bei den von der Ampel ebenfalls beschlossenen Neuzuschnitten der Wahlkreise müsse neben der Bevölkerungszahl die geographische Größe eine Rolle spielen. Sein Wahlkreis 136, der zuletzt um Schloß Holte-Stukenbrock erweitert und um Detmold verkleinert worden sei, sei jetzt schon einer der größten Flächenwahlkreise in NRW. "Das Direktmandat, die persönliche Verantwortung gegenüber dem Wähler vor Ort, wird geschwächt."

Und in einem sind Vieregge und Haase sich zudem einig: Die Ampel breche mit der parlamentarischen Tradition, das Wahlrecht nur zusammen mit der Opposition zu reformieren.

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