Kreis Lippe. Fast 110 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Und nur die wenigstens wollen nach Europa. Damit überraschte Oberkirchenrat Rüdiger Schuch, Leiter des evangelischen Büros in Düsseldorf und designierter Präsident der Diakonie Deutschlands, jetzt die Mitglieder des Evangelischen Arbeitskreises der CDU Lippe.
Sie trafen sich zum Weltflüchtlingstag mit Interessierten aus Kirche und Flüchtlingshilfe in Detmold, um sich über kirchliche und politische Perspektiven auf Flucht und Migration zu informieren und auszutauschen. Nach Schätzungen der UN Behörde für Migration seien seit 2014 mehr als 24.000 Menschen auf dem Weg nach Europa im Mittelmeer ertrunken.
Anhand von biblischen Geboten und Bekenntnisschriften der evangelischen Kirchen legte Schuch das Gebot der Nächstenliebe aus. Die Kirche habe den Auftrag, gegen dieses Sterben im Mittelmeer vorzugehen. Deshalb beteilige man sich auch am Verein United for Rescue, der mit eigenen Schiffen im Mittelmeer versucht, Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren.
Kirche soll Stellung beziehen
In seinem Vortrag sprach sich Schuch für eine Kirche aus, die gesellschaftspolitisch Stellung bezieht. Der Glaube dürfe nicht in privater Frömmigkeit verharren, sondern müsse nach außen sichtbar werden. Doch nehme er auch Kritik ernst, dass nicht der Eindruck entstehen dürfe als seien politische Überzeugungen ein festeres Band als der gemeinsame Glaube“ (Wolfgang Schäuble).
In einem Koreferat berichtete Kerstin Bartsch von ihrem Einsatz im Rahmen einer EU Mission in Agadez, Niger, das von vielen Menschen auf der Flucht passiert wird. Sie berichtete von Strukturen der organisierten Kriminalität, die Menschen mit falschen Versprechen auf eine sicher Passage nach Europe in Schulden und Elend trieben. Bartsch lobte die Arbeit von kirchlichen und anderen Hilfsorganisationen, die Menschen Bleibeperspektiven in ihren Heimatländern böten oder in Flüchtlingslagern oder an Durchgangsorten wie Agadez Migranten davor bewahrten, Menschenhändlern anheim zu fallen.
Wie lässt sich das Sterben stoppen?
Ob Schiffe auf dem Mittelmeer oder eine Ausweitung der Hilfen in Herkunfts- und Transitländern die bessere Antwort auf das Sterben auf dem Mittelmeer seien, war ein Gegenstand der sich anschließenden Diskussion. Erschwert wird die Situation durch notwendige, aber nicht immer ganz trennscharfe Differenzierung zwischen politisch Verfolgten, Kriegsflüchtlingen, Menschen, die wirtschaftlicher Not in ihrer Heimat zu entkommen und solchen, die als Fachkräfte dringend gebraucht werden.
Einig waren sich die Teilnehmer in der Einschätzung, dass die Zahl der Menschen, die sich aus unterschiedlichsten Gründen auf den Weg machen, in den nächsten Jahren eher zunehmen wird.